George Russell musste beim Formel-1-Rennen in Singapur den ersten Ausfall seiner noch jungen Karriere in der Königsklasse hinnehmen. Der Williams-Rookie landete in der 34. Runde nach einer Kollision mit Romain Grosjean unsanft in der Wand. Russell schäumte vor Wut. Er sah die Schuld für den Zwischenfall eindeutig beim Franzosen in Haas-Diensten.

"Ich weiß nicht, was er sich dabei gedacht hat. Aber das ist nicht das erste Mal, dass Romain so etwas macht", teilt Russell gegen Grosjean aus. Der hatte in Kurve acht auf der Außenbahn eine Attacke gegen den Williams-Piloten gestartet, kam aber nicht auf gleiche Höhe. Am Kurvenausgang berührte Grosjeans rechtes Vorderrad das linke Hinterrad von Russell, der daraufhin ausgehebelt wurde und in die Mauer einschlug.

"Wir waren nebeneinander, und dann ging George früh aufs Gas. Ich war links und hatte keinen Platz, um noch weiter nach links zu fahren, schließlich ist dort eine Wand", beschreibt Grosjean seine Sicht der Dinge. "Ich denke, er hatte in der Kurvenmitte einen Rutscher und berührte meine Front, und das hat ihn ausgehebelt."

Russell und Grosjean widersprechen sich bei Schuldfrage

Die Schuld sieht er aber nicht nur deshalb eher bei Russell. "Es ist auf diesem Kurs sehr schwierig, zu überholen. Und wenn du weißt, dass ein Auto am Kurveneingang neben dir ist, weißt du, dass es außen die Kurve fahren wird. Ich hatte diese Situation auch mit ein paar anderen Fahrern, und da ging es gut", so Grosjean.

Russell sieht das entschieden anders. "Er sagte, dass ich ihm keinen Platz gelassen und er schon in der Wand gewesen wäre, bevor er mich getroffen hat. Da habe ich nur gesagt: das ist absolut nicht der Fall, denn ich hatte die letzte Stunde Zeit, mir das Video anzuschauen", kontert der 21-Jährige.

Er ist der Ansicht, dass Grosjean zum Zeitpunkt der Kollision längst nichts mehr neben ihm zu suchen hatte: "So wie ich das sehe, ist die Situation nicht wie auf einer normalen Rennstrecke, wo ich ihn abdränge und er einfach weit geht und weiterfährt. Die Kurve gehörte ab dem Scheitelpunkt komplett mir, ich war eine halbe Autolänge vor ihm. Und an dem Punkt musst du die Kurve aufgeben."

Außerdem habe Grosjean nicht entschlossen genug agiert. "Es sah nicht einmal danach aus, als ob er versucht hat dagegenzuhalten. Er gibt die Kurve irgendwie auf, aber er gibt sie nicht richtig auf. Ich habe keine Ahnung, was er da überhaupt versucht hat. Denn selbst wenn er noch entschlossener gewesen wäre, hätte er mich immer noch nicht überholt", sagt der Brite.

Russell trotzig: Unfall hat leider nicht Grosjeans Rennen zerstört

"Das ist ein bisschen eine Grauzone in den Regeln, wer da Vorfahrt hat", widerspricht Grosjean. Ich bin für Kiesbetten am Kurvenausgang. Vielleicht würde das die Mentalität ändern, und wir würden uns etwas mehr Platz lassen. Das sage ich schon seit langer Zeit. Wenn da eine Wand ist, kannst du dich nicht in Luft auflösen und natürlich gibt es eine Berührung."

"Letztendlich würde ich, wenn exakt dieselbe Situation noch einmal eintreten würde, nichts anders machen", gibt sich Russell uneinsichtig. Er musste durch den Unfall bei seinem 15. Rennen erstmals vorzeitig einen Grand Prix beenden. Grosjean kam ohne Schaden davon und wurde Elfter. "Es ist schade, dass es nur mein Rennen ruiniert hat und nicht auch seins. Wahrscheinlich hat er deshalb das Gefühl, dass er nichts falsch gemacht hat", stichelt Russell.

Nach dem Rennen mussten beide Piloten bei den Stewards vorsprechen. Die Rennleitung entschied sich schlussendlich, gegen keinen der beiden eine Strafe auszusprechen. Sie wertete die Szene als Rennunfall.