Novum in der Formel 1: Daniel Ricciardo wurde vom Qualifying disqualifiziert, weil sein Motor zu viel Leistung abgab. Konkret geht es um die Leistungsabgabe des Elektromotors MGU-K. Im Q1 des Singapur-Qualifyings wurde die Leistungsspitze von 120 Kilowatt überschritten.

Jo Bauer, der Technische Delegierte der FIA in der Formel 1, meldete den Verstoß um 00:27 Uhr Ortszeit an die Kommissare. Renault musste sich um 01:10 Uhr vor den Stewards erklären, warum die MGU-K zeitweise mehr als die erlaubten 120 Kilowatt abgab.

Um 02:58 Uhr dann das Urteil: Daniel Ricciardo wird vom Qualifying disqualifiziert. Der Australier darf beim Singapur GP zwar starten, muss das Rennen aber vom letzten Platz aus in Angriff nehmen. Ricciardo hatte sich eigentlich auf Rang acht qualifiziert.

Die MGU-K ist ein Teil des Energierückgewinnungssystems einer modernen Power Unit. Sie ist der Nachfolger des seit 2009 bekannten KERS. Eine Motor-Generator-Einheit sitzt an der Kurbelwelle des Verbrennungsmotors und kann dort entweder Energie rekuperieren, indem die Kurbelwelle abgebremst wird, oder Energie abgeben, indem die Kurbelwelle über den Elektromotor angetrieben wird.

Die MGU-K sitzt unten direkt am Kurbelwellengehäuse, Foto: Renault Sport F1
Die MGU-K sitzt unten direkt am Kurbelwellengehäuse, Foto: Renault Sport F1

Im Technischen Reglement der Formel 1 werden in Artikel 5.2.2 Leistungsgrenzen für die MGU-K definiert. Sie darf mit maximal 120 Kilowatt rekuperieren und mit der gleichen Leistung antreiben. 120 Kilowatt entsprechen rund 163 Pferdestärken.

Gleichzeitig sind auch die Energieflüsse zwischen den einzelnen Power-Unit-Komponenten geregelt. Während das thermische Energierückgewinnungssystem MGU-H unlimitiert Energie Richtung MGU-K schicken darf, darf sich das kinematische Energierückgewinnungssystem maximal vier Megajoule pro Runde aus der Batterie ziehen.

Selbst wenn die Gesamtmenge an Energie nicht überschritten wird, kann eine Leistungsspitze einen Vorteil bringen. So bringt mehr Leistung zu Beginn einer Geraden mehr Rundenzeit als eine kontinuierliche Leistungsabgabe.

Renault verteidigt sich: Geringer Verstoß und kein Vorteil

Das Team zweifelte die Messwerte nicht an, verteidigte sich aber in zwei Punkten. Einerseits sei der Wert nur minimal überstiegen worden und somit habe es keinen messbaren Vorteil gegeben. Der Vorfall ereignete sich nicht auf Ricciardos schnellster Runde im Q1, sondern während seiner zweitschnellsten Runde.

Außerdem legten die Renault-Ingenieure den Stewards einen Erklärungsversuch vor, wie es wohl zu der Leistungsspitze gekommen war. Die Erklärung erachteten die Richter aber als vertraulich und veröffentlichten sie nicht in ihrem Urteil. Renault selbst sprach in einem Statement von einem Zeitraum von einer Mikrosekunde, in der zu viel Leistung anlag. Ursache sei das Überfahren eines Kerbs gewesen. Durch den Schlag habe die MGU-K zu schnell gedreht.

Trotz der Argumente des Teams entschieden sich die Stewards um ihren Vorsitzenden Tim Mayer dazu, Ricciardo zu disqualifizieren. Sie berufen sich auf Artikel 1.2.2 des Internationalen Sporting Codes. Darin heißt es, dass es irrelevant sei, ob ein Performance-Vorteil erzielt wurde oder nicht, wenn sich ein Auto nicht im Einklang mit dem Technischen Reglement befindet.

Die Stewards weisen in ihrem Urteil dabei auf Präzedenzfälle hin. Allerdings gibt es genau aus diesem Grund Ärger: In Hockenheim wurden die Alfa-Boliden nach Unregelmäßigkeiten am Kupplungs-Mapping nicht disqualifiziert, sondern erhielten lediglich Zeitstrafen aufgebrummt. Alfa fechtet das Urteil - wohl aus genau diesem Grund - derzeit noch an.