Fahrerwechsel in der Formel 1 bedeuten für das neue Team nicht nur einen neuen und hoffentlich vielversprechenden Piloten, sondern liefern stets eine weitere Chance frei Haus: die Mitnahme wertvoller Informationen dessen vorherigen Rennstalls.

Bei Teamwechseln von Ingenieuren gibt es deshalb die sogenannte 'Gardening Leave', also bezahlten Urlaub. So stehen die neusten Einblicke in die Entwicklung nicht mehr zur Verfügung. Bei Fahrern sieht das etwas anders aus.

Dank Ocon: Mercedes-Geheimnisse für Renault?

Zwar erfolgt der offizielle Teamwechsel meist nicht mit Saisonende, sondern zum Jahresende. Das hat jedoch meist einen ganz anderen, nämlich einen vertraglichen Hintergrund. Etwa mit Sponsoren, die den betreffenden Fahrer bis Ablauf des Kalenderjahres noch mit dem eigenen Logo sehen wollen.

Doch wie verhindert ein Team dann, dass ein - im schlimmsten Fall - großer Erfahrungsvorsprung mitgenommen wird? Genau diese Frage muss sich in der Formel 1 aktuell Mercedes stellen. Das seit Jahren dominierende Team der Königsklasse gibt zum Ende des Jahres immerhin Esteban Ocon ab. An Renault, das genauso lange damit kämpft, überhaupt den Anschluss an alle anderen Werksteam herzustellen.

Toto Wolff in der Zwickmühle: Ocon essentiell für starkes 2019

Bei dem Franzosen handelt es sich zudem um den aktuellen Ersatz- und Simulatorfahrer des Teams. In dieser Funktion ist der 21-Jährige extrem involviert - gerade in die Zukunft. Entwicklung für Morgen ist da praktisch ein gewichtiger Teil der Jobbeschreibung.

Genau deshalb wird Mercedes den Franzosen nun sukzessive von seinen Aufgaben entbinden. "Esteban und ich haben besprochen wie lang er in seinen diversen Rollen verbleiben sollte. Und ich habe gesagt: 'Je länger du bleibst, desto mehr Informationen nimmst du mit.' Er hat geantwortet: 'Natürlich werde ich alle diese Informationen mitnehmen!'", schildert Teamchef Toto Wolff auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

Ocon bei sensiblen Themen für 2020 raus

Deshalb beginne nun eine Übergangsphase. Auch wenn das schmerze. "Er sitzt bei uns im Simulator, das ist eine wichtige Rolle, um das Auto zu entwickeln", hadert Wolff. "Aber Schritt für Schritt wird er aus den Meetings zur Zukunft verschwinden, bei denen es um Dinge geht, die das Auto für nächstes Jahr beeinflussen oder die wir als aus technischer oder innovativer Sicht als sensibel erachten."

Dennoch bleibe Ocon für die laufende Saison eine wichtige Stütze. "Er ist diese Saison noch bei uns und wird einige sehr wertvolle Arbeit verrichten, die wir brauchen, um diese Meisterschaft zu gewinnen", sagt Wolff über seinen langjährigen Schützling.

Esteban Ocon: Keine Klausel für Mercedes-Comeback

Damit ist es 2020 jedoch auch komplett vorbei. Ocon legt einen lupenreinen Teamwechsel hin, es gibt kein Leihgeschäft oder ähnliches. "Es gibt keine Klausel. Er ist für die nächsten beiden Jahre ein vollwertiger Renault-Werksfahrer - mit danach gewissen Optionen auf beiden Seiten. Aber es gibt keine Klausel, 2021 zurückzukehren", bestätigt Wolff.