Alexander Albon erlebte bei seinem Einstand für Red Bull eine Achterbahnfahrt. Aufgrund der Motorenstrafe von fast ganz hinten ins Rennen gegangen, legte er mit reichlich Verspätung eine fulminante Aufholjagd hin. Ein waghalsiges Manöver gegen Sergio Perez in der allerletzten Runde bescherte ihm Platz fünf und jede Menge Jubel an der Boxenmauer.

"Da waren Überholmanöver dabei - gegen Ricciardo. Er hat am Schluss aufgeholt, das war richtig toll", so ein hochzufriedener Dr. Helmut Marko am ORF-Mikrofon. Albon war von Startplatz 17 ins Rennen gegangen und hatte bis zu seinem ersten Boxenstopp kaum Fortschritte gemacht, hing hinter den Mittelfeld-Teams fest.

"Ich hatte im ersten Stint Probleme mit den Reifen. Die Pace war nicht da, vor allem in den Kurven, wo ich hätte schnell sein müssen, um zu überholen", erklärt der Thailänder, der vergeblich versuchte, sein Team auf die Balance-Probleme aufmerksam zu machen. "Er war im Mittelsektor für unser Auto zu langsam und hat am Funk versucht, uns das mitzuteilen", so Marko.

Boxenstopp bringt 180-Grad-Wende

Erst mit seinem Boxenstopp von Medium auf Soft in Runde 23 nahm Albons Rennen richtig Fahrt auf. "Wir haben ihn nicht verstanden und auch nicht die Änderungen durchgeben können, die er brauchte. Das konnten wir dann beim Stopp machen und auf dem roten Reifen war er toll unterwegs", lobt der Österreicher.

Albon kam nach dem Service als 14. zurück auf die Strecke und fuhr wie ausgewechselt, schnappte sich einen Gegner nach dem anderen. "Es war ein hartes Rennen, aber nach dem Boxenstopp fühlte sich das Auto auf dem weichen Reifen viel besser an", sagt er. Kein Konkurrent war vor ihm sicher.

In Turn 11 setzte er das Manöver gegen Ricciardo, welches Marko zum Staunen brachte. Albon ging eiskalt außen am Renault-Piloten vorbei. "Ich habe die Moves gemacht und bin durchs Feld gekommen. Das Rennen hat dann echt Spaß gemacht", so Albon, der gerade noch rechtzeitig Perez einholte.

Albon mit Risiko-Move gegen Perez

Nachdem der das gesamte Rennen über auf Platz fünf gelegene Lando Norris in der vorletzten Runde mit einem Defekt ausgefallen war, kam es zum Showdown zwischen Perez und Albon um die geerbte Position. "Ich wusste, dass ich einen Pace-Vorteil hatte. Aber ich war mir unschlüssig, ob ich es in der Bus-Stop versuchen und dann hoffen sollte, dass er mich auf den Geraden nicht mehr erwischt - denn der Racing Point war dort sehr schnell", so Albon.

Letztendlich fehlte ihm die Geduld für Spielchen: "Ich entschied mich für die Bus-Stop, und wir fuhren nebeneinander rein. Er musste dann abkürzen, weil ihm der Platz ausging. Danach haben wir beide auf die DRS-Linie gewartet. Wir wollten beide als Zweiter drüberfahren um das DRS zu bekommen." Albon erwies sich als der kompromisslosere Bummler und holte sich das DRS.

Mit der Überholhilfe bewaffnet zog Albon auf der Kemmel-Geraden aus dem Windschatten. Perez fuhr Kampflinie, Albon kurzerhand auf die Wiese. "Ich war ziemlich lange auf dem Gras", so Albon, der in bester Max-Verstappen-Manier trotzdem auf dem Gas blieb und das Manöver sehr zu seiner Freude erfolgreich abschloss: "Das hat Spaß gemacht."

Red-Bull-Einstand für Albon ganz normales Wochenende

Für die Red-Bull-Bosse erfüllte Albon mit diesem Finale seinen Soll. "Rang fünf war natürlich auch ein bisschen Glück", so Marko mit Blick auf Pechvogel Norris. "Aber am Schluss, das waren alles Manöver auf der Strecke. Wir haben auch den neuen Motor dann nicht genutzt, weil wir nicht dachten, dass von da hinten noch so viel geht."

Albon war nach der bestandenen Feuerprobe im Top-Team weitestgehend zufrieden. Während der Platztausch zwischen ihm und Pierre Gasly im Paddock hohe Wellen schlug, war es für ihn am Ende aber doch eher 'business as usual'. "Ehrlich gesagt war das für mich gar nicht so eine große Sache", sagt er.

"Was im Hintergrund abging, hat das Wochenende viel mehr gehypet, als ich selbst. Ich habe mich nur auf mich konzentriert, wie an einem ganz normalen Wochenende. Ich habe nur meinen Job gemacht. Aber natürlich wollte ich auch ein gutes erstes Rennen haben, und ich bin ziemlich glücklich damit, wie es gelaufen ist."

Albon sieht noch viel Arbeit vor sich

Dass er beim Rennen in Monza bereits in einer Woche die Möglichkeit hat, an seine Lernkurve anzuknüpfen, sieht er als große Hilfe. "Es ist ein gutes Gefühl, denn dann sind die ganzen Eindrücke in meinem Kopf noch frisch und ich kann einfach weitermachen, wo ich in Spa aufgehört habe", sagt er.

Gerade nach der ersten Rennhälfte in Spa sieht er bei sich noch einige Baustellen: "Ich weiß nicht wie meine Pace im ersten Stint war. Ich denke, sie war nicht sehr gut. Das ist etwas, woran ich arbeiten muss. Ich wurde ins kalte Wasser geschmissen und habe das Gefühl, dass ich noch besser werden kann."