Nico Hülkenberg muss sich in der Formel 1 nach einem neuen Arbeitgeber umsehen. Bei Renault ist für den Deutschen nach drei Jahren Endstation. Die Franzosen ersetzen ihn 2020 durch Mercedes-Junior Esteban Ocon. Hülkenberg trägt die Entscheidung des Teams mit Fassung. Alles fair und sauber - aber für ihn deshalb längst noch nicht richtig.

"Bis zu einem gewissen Punkt sah alles ziemlich gut aus und es war mehr oder weniger grünes Licht", sagt Hülkenberg zu Motorsport-Magazin.com. Vor der Sommerpause war der 32-Jährige noch zuversichtlich, mit Renault eine Vertragsverlängerung erzielen zu können. Ein paar Wochen später ist alles anders.

Ganz aus heiterem Himmel kam die Bekanntgabe Ocons am Donnerstag des Belgien-Wochenendes für ihn aber nicht. "Die Dynamik hat sich ein bisschen verändert und natürlich weiß man dann, dass da irgendetwas im Argen ist", so Hülkenberg, der am Montagabend vom Team über die Verpflichtung Ocons informiert wurde.

Hülkenberg sieht Nationalitäten-Faktor bei Ocon

Dass ihm der Pilot von der Mercedes-Ersatzbank vorgezogen wurde, hat für ihn keineswegs sportliche Gründe. "Es sind unterschiedliche Fahrer an unterschiedlichen Punkten in ihrer Karriere. Da spielen auch kommerzielle Beweggründe mit rein, und offenbar auch ein Nationalitäten-Faktor. Das war eine Reihe von Dingen, und vielleicht war es am Ende auch die schwierige Saison, die war haben, die es gekippt hat", so Hülkenberg.

Ocon war bereits 2018 auf der Wunschliste von Renault-Teamchef Cyril Abiteboul, doch dann schlugen die Franzosen bei Daniel Ricciardo zu und ließen den Landsmann links liegen. Der australische Neuzugang ist in drei Jahren Renault auch der erste Pilot, der Hülkenberg in seiner Position als Teamleader herausforderte. Im Qualifying steht es nach zwölf Rennen 8:4 für Ricciardo, in der Weltmeisterschaft hat er fünf Zähler mehr auf dem Konto.

"Ich denke, wenn du im Detail schaust, siehst du, dass ich auf seinem Level bin. Ich denke nicht, dass mir das geschadet hat", wiegelt Hülkenberg ab, dass dies der Grund für sein Aus bei Renault sein könnte. Zumal es auch etwas sei, was sich noch ändern lässt: "Die Saison ist noch nicht vorbei. Wir haben noch neun Rennen und es wäre gut, wenn ich an ihm dran bin oder ihn nach Punkten schlage. Aber das wird nicht einfach, denn er ist sehr gut und hochangesehen."

Formel 1 2019: 5 Brennpunkte vor dem Belgien GP (10:11 Min.)

Hülkenbergs Resultate haben eine Rolle gespielt

Allerdings vergisst er auch nicht, dass die Saison 2019 auch von seiner Seite nicht perfekt lief. "Im Qualifying kann ich mit meinen Leistungen nicht zu 100 Prozent zufrieden sein. Die Rennpace ist sehr gut, aber wir hatten in den Rennen viele Probleme und haben dadurch eine Menge Punkte verloren. Das hatte natürlich auch Einfluss auf die Vertragsverhandlungen. Tatsächlich einen sehr großen", so Hülkenberg.

Dass es dieses Jahr mit den Resultaten nicht nach Wunsch verlief, sei aber auch der schwachen Performance des R.S.19 geschuldet. "Die Ausgangsposition ist immer schwierig. Speziell im Mittelfeld dieses Jahr, wenn du gegen zehn Autos fährst und wir nicht wirklich da sind, wo wir sein sollten. Das macht die Situation schwieriger, da ist permanent Druck auf dem Kessel. Wenn die kleinste Kleinigkeit schiefgeht, sieht man ziemlich alt aus", sagt er.

Der Rückschritt in Renaults Performance in diesem Jahr ist für ihn letztendlich auch einer der Hauptgründe, weshalb er seinen Hut nehmen muss: "Dieses Jahr ist der Fortschritt komplett ausgeblieben und da fängt auch schon die Problematik an, dass im Vorstand und Management des Teams eine gewisse Unzufriedenheit ist. Dass dann häufig nach Veränderungen geschrieen wird, ist auch keine Überraschung."

Hülkenberg und Renault scheiden ohne Schlammschlacht

Trotz des Frusts der Chefetage über ausgebliebene Resultate und die Entscheidung gegen ihn, hegt Hülkenberg keinen Gräuel gegen seinen noch-Arbeitgeber. "So ist das im Sport und im Leben. Ich nehme das nicht schwer und bin dem Team auch nicht böse", stellt er klar. "Natürlich war ich über die Nachricht enttäuscht, aber ich hatte auch Zeit um es zu verarbeiten. Es verlief alles fair und ich akzeptiere die Entscheidung des Teams. Ob ich damit übereinstimme, ist eine andere Geschichte."

Nach der mehr oder weniger einvernehmlichen Trennung erwartet Hülkenberg keine Probleme in der weiteren Zusammenarbeit mit dem Team. "Für mich ändert das alles nichts. Ich will weiterhin das Maximum für das Team herausholen, in jedem Rennen. Wir sind immer noch in dieser Weltmeisterschaft und wollen so gut wie möglich abschneiden", sagt er und fügt mit einem Schmunzeln an: "Außerdem müssen wir Fahrer Ergebnisse holen, denn wir werden auch in Boni bezahlt. Ich bin also sehr motiviert."

Hülkenberg für 2020 gelassen: Interesse von mehreren Teams

Bei allem Fokus auf das Sportliche stellt sich natürlich nun die Frage, wie es für Hülkenberg weitergeht. Haas wird bereits seit einigen Wochen mit dem Emmericher in Verbindung gebracht. Doch nicht nur die US-Amerikaner sind für Hülkenberg eine Option: "Ich fühle mich frei und entspannt und auch gar nicht gefährdet, dass ich zwischen die Stühle fallen könnte. Ich bin da sehr gelassen, denn ich weiß, dass es Interesse gibt."

Gespräche mit anderen Teams haben laut ihm bereits vor dem Aus bei Renault begonnen. Neben Haas sind auch bei Racing Point, Williams, Alfa Romeo und Red Bull noch Cockpits offen. Im Moment fühlt Hülkenberg sich aber nicht unter Druck, einen Vertrag unterschreiben zu müssen. "Es muss auch für mich passen. Ich weiß, es liegt noch in meiner Hand. Deshalb kann ich mit der Situation relativ gut umgehen."

Bis zu einer Entscheidung kann es allerdings noch einige Wochen dauern. Sorge, dass er beim Spekulieren auf eines der besseren Cockpits am Ende mit leeren Händen dastehen könnte, hat er nicht: "Das hängt immer von der Situation ab. Ich habe beides schon gemacht oder erlebt. Aber wichtig ist, dass ich das Richtige für mich tue."