Bei Valtteri Bottas ist aktuell einfach der Wurm drin. Nach seinem Ausfall per Crash in Hockenheim greift der Finne auch beim Formel-1-Rennen in Ungarn eine Woche später alles andere als ins Glück. Nach einem starken Qualifying - vor Lewis Hamilton auf P2 - ist das Rennen des Mercedes-Piloten noch vor der vierten Kurve praktisch gelaufen. Am Ende reicht es nach einem Unfall mit dem Ferrari von Charles Leclerc nur zum achten Rang.

Aber der Reihe nach. Der Start selbst glückte zunächst tadellos. Verstappen kam zwar auch gut weg, dennoch setzten sich die beiden Mercedes dank des fast 400 Meter langen Wegs zur ersten Kurve außen neben den Red Bull, Bottas direkt neben Verstappen, Lewis Hamilton ganz außen. Schon am Bremspunkt sollte das Unglück des Valtteri B. seinen Lauf nehmen.

Bottas gesteht Fehler: Bremsplatten nach Start

"In Kurve eins war ich außen von Verstappen und habe versucht so spät und hart wie möglich zu bremsen, um es über die Außenbahn zu probieren", schildert Bottas die Startszene. Doch dabei übertrieb der Finne - gut sichtbar für alle durch heftig qualmende Reifen. "Er hat auch spät gebremst, ich habe mich dann verbremst und mir damit einen leichten Bremsplatten eingehandelt. Das war mein Fehler", gesteht Bottas.

Bottas verbremste sich am Start - Bremsplatten, Foto: LAT Images
Bottas verbremste sich am Start - Bremsplatten, Foto: LAT Images

Ein Fehler mit Folgen. Nicht nur, dass Verstappen sich so behauptete, auch Hamilton kam auf. "In Kurve zwei hatte ich deshalb etwas Untersteuern" berichtet Bottas. "Es war aber noch okay. Lewis war außen, aber da war noch Platz für uns beide. Vielleicht habe ich ihm sogar zu viel Platz gelassen, weil er ja einen guten Speed für Kurve drei mitnehmen konnte", kritisiert Bottas mangelnde Härter seinerseits.

Bottas kritisiert Hamilton: Berührung in Kurve drei

Vor allem im Rückblick und angesichts dessen, was dann in der nächsten Kurve geschah. "Wir waren dann Seite an Seite, er hat mir natürlich keinen Platz gelassen, was dann meinen Kurvenausgang beeinträchtigt hat. Ich musste lupfen", klagt Bottas über Kurve drei, inklusive leichter teaminterner Berührung.

Leichte Kritik in Richtung des Teamkollegen: "Kurve drei war etwas am Limit, er hat nicht viel Raum gelassen. Nächstes Mal würde es dann auch in Kurve zwei von meiner Seite anders aussehen", sagt Bottas, versichert jedoch gleich wieder: "Aber wir haben Respekt voreinander, sind ein Team." Bloß keinen Ärger machen, so kurz vor der Entscheidung über seine Mercedes-Zukunft.

Leclerc-Kollision kostet Bottas Flügel und Rennen

Den Ärger hebt sich der Finne lieber für einen anderen Fahrer auf als den Teamkollegen: Charles Leclerc. Denn: Auch in Kurve vier sollte für Bottas nicht alles gutgehen. Worum es geht, blieb während des Rennens zunächst unklar. Erst die Replay zeigte dann: Leclerc hatte Bottas getroffen und ein Stück des Frontflügels weggerissen.

"Auf dem Weg zu Kurve vier kam dann Leclerc von rechts und zog plötzlich rüber und hat dabei ein großes Teil meines Frontflügels mitgenommen", schildert Bottas. "Das war es dann. Das hat dann mein ganzes Rennen beeinflusst, ich habe jede Menge Zeit verloren da am Anfang, musste dann auch früh stoppen und mich durch den Verkehr kämpfen. Das ganze Rennen über. Und das war dann im Grunde die ganze Geschichte", klagt der Finne.

Bottas an Leclerc: Unnötig, wäre eh vorbei

Besonders ärgert Bottas, dass Leclerc in seinen Augen völlig ohne Not agierte. "Als es passiert ist, war ich vielleicht auf etwas anderes fokussiert und habe ihn auch nicht gesehen. Es ging sehr schnell", so Bottas, zunächst noch milde gestimmt. "Aber als ich eben dann die Onboards gesehen habe - aus Vettels Perspektive - war ziemlich klar, dass ich einfach geradeaus gefahren bin, er [Leclerc] rechts war und sowieso vor mir durch Kurve vier gekommen wäre", schildert Bottas.

"Aber er kam einfach quer und dann war es für mich zu spät, um noch reagieren zu können. Ich mag hartes Racing, ganz klar. Aber das war einfach komplett unnötig und hat mein ganzes Rennen beeinträchtigt. Er hatte Glück, keinen Plattfuß zu bekommen. So sollte das nicht laufen", wettert der Finne.

Leclerc selbst hatte die Szene kaum wahrgenommen. "Keine Ahnung. Ich habe nur eine leichte Berührung gespürt. Ich weiß nicht, was passiert ist", sagt Leclerc auf Nachfrage zum Vorfall mit Bottas. Während Leclerc also ohne großen Schrecken, aber mit Positionsgewinn, davon kam, war für Bottas das Rennen nämlich praktisch gelaufen.

Bottas zähe Aufholjagd in Ungarn

Zum Frontflügelwechsel kam Bottas jedoch erst in Runde fünf. "Wir haben erst beobachtet, wie schlimm es wirklich ist. Die Pace mit dem Frontflügel war dann richtig schlecht. Und sobald die Hauptkonkurrenz dann vorbei war und ich Track Position verloren hatte, war es dann auch egal", erklärt Bottas das leichte Zögern seitens Mercedes.

Der Reparaturstopp samt Wechsel auf harte Reifen warf Bottas zurück auf den letzten Platz. In Runde 22 hatte sich Bottas zurück bis auf P13 gekämpft, dann geriet die Aufholjagd bis Runde 28 hinter Daniel Ricciardo ins Stocken. Zäh ging es daraufhin weiter nach vorne. Ab Runde 34 blieb Bottas erneut stecken, dieses Mal auf P9 hinter dem McLaren von Lando Norris.

Erst ein zweiter Boxenstopp in Runde 46 löste die Situation auf. Auf P12 zurückgefallen musste sich Bottas nun jedoch abermals zurückkämpfen. In Runde 51 war der Finne wieder hinter Norris angekommen. Erneut Endstation. Erst in Umlauf 63 fand Bottas seinen Weg vorbei am McLaren, lag jetzt auf P8. Seinen Landsmann Kimi Räikkönen vermochte der Finne bis ins Ziel nicht mehr zu attackieren.

Damit beendete Bottas das Rennen zwei Positionen hinter der Mercedes-Prognose nach dem ersten frühen Stopp. Da hatte man dem Finnen noch gefunkt, P6 sei noch möglich. Warum gelang das nicht? Bottas hat zwei Erklärungen. "Ich hatte während des Rennens dasselbe Problem wie er [Hamilton] mit der Überhitzung der Bremsen. Das Pedal war lang und weich und ich habe das ganze Rennen im Verkehr verbracht. So hatten wir noch mehr Überhitzung als erwartet", sagt Bottas zum einen.

Bottas erklärt: Aus zwei Gründen nicht durchs Feld gepflügt

Zum anderen geht es mal wieder um Kollege Dirty Air. "Ich wusste, dass es hier schwierig werden würde, sie [das Mittelfeld] zu überholen. Das hängt auch mit ihren Reifen zusammen und wo die jeweiligen Autos ihre Stärken haben. Generell ist es hier im letzten Sektor sehr schwer, hinterherzufahren. Vor allem wenn der Fahrer vor dir eine sehr enge Linie fährt", schildert Bottas.

"Dann bekommst du gar keine saubere Luft mehr. Gerade in Kurve 12 und 13 ist es schwierig, dann fehlt die Traktion auf die Hauptgerade. Es war also nicht überraschend, dass es dann teils schwierig wurde", verteidigt sich der Finne, am Ende auch noch von Hamilton überrundet.

Kein gutes Bild so kurz vor der großen Entscheidung für 2020. Doch Toto Wolff leidet erst einmal nur mit seinem Pilot. Der Rennverlauf tue ihm leid für Bottas. "Gerade weil er es heute besonders gut machen wollte, dann aber alles daneben ging. Die Berührungen mit Lewis und Leclerc - und von da an kannst du dann von niemandem mehr etwas erwarten", sagt der Mercedes-Teamchef.

In der WM-Wertung hatte das Ergebnis für Bottas jedenfalls deutliche Folgen. Hamilton ist dem Finnen nun um 62 Punkte enteilt, hinter Bottas lauert Verstappen mit nur noch sieben Punkten Rückstand.