Das Imperium hat zurückgeschlagen. Drei Runden vor Rennende hat Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton Max Verstappen einen lange sicher geglaubten Sieg beim Ungarn GP 2019 entrissen. Nach einem ersten abgewehrten Manöver nach den Boxenstopps hatte Mercedes die zündende Idee und stoppte Hamilton ein zweites Mal. Mit frischen Mediums im Schlusssprint war Hamilton dann nicht zu halten.

Von der Pole Position gestartet kontrollierte Verstappen den Grand Prix auf dem Hungaroring zunächst souverän vor Hamilton. Nachlassende Reifen sorgten dafür, dass Verstappen zuerst an die Box kommen musste. So war immerhin der Mercedes-Undercut abgewehrt. Hamilton fuhr daraufhin jedoch gleich mehrere Runden länger, rauschte mit frischeren Reifen nach seinem eigenen Stopp dann ungestüm an Verstappen heran.

In Runde 39 ritt Hamilton so seine Großattacke auf Verstappen. In Kurve eins bremste er sich ein erstes Mal neben den Red Bull, blieb daraufhin dran und versuchte außen in der blinden Kurven vier einen Sensations-Move! Den parierte Verstappen jedoch, Hamilton ging in die Auslaufzone. Davon sollte sich der Weltmeister nicht mehr erholen.

Mercedes versuchte daraufhin einen zweiten Boxenstopp für weichere Reifen. Ein goldener Griff. In der Schlussoffensive gingen Hamilton am Ende knapp nicht Runden aus, Verstappen dagegen die Reifen. 20 Sekunden Polster für 20 Runden waren drei Runden vor Schluss verbraucht, in Kurve eins fuhr Hamilton einfach vorbei und feierte seinen 81. Karrieresieg vor Verstappen.

Späte Änderung auch auf Platz drei. In der vorletzten Runde vedrängte Sebastian Vettel noch Charles Leclerc vom Podest. Die Ferrari waren auf unterschiedlichen Strategien unterwegs gewesen, insgesamt aber extrem langsam unterwegs. Valtteri Bottas musste nach einer Berührung im Startgetümmel eine Aufholjagd liefern und schaffte es nur bis auf P8 zurück.

Die Top-Facts des Rennens

  • Lewis Hamilton gewinnt in Ungarn
  • Mercedes mit strategischem Geniestreich
  • Verstappen wehrte ersten Angriff auf der Strecke ab
  • Vettel holt Podium für extrem schwache Ferrari, Leclerc P4
  • Verstappen holt Bonuspunkt für schnellste Rennrunde
  • Berührung: Hartes Mercedes-Duell am Start
  • Auch Leclerc touchiert Bottas im Getümmel
  • Bottas-Aufholjagd nach Flügelwechsel endet auf P8

Die Punkteränge: Carlos Sainz beendete den Ungarn GP als Sieger des Mittelfelds auf Platz fünf, hielt somit selbst einen Red Bull hinter sich. Pierre Gasly (P6) konnte allerdings froh sein, es über die Strategie an Kimi Räikkönen und Lando Norris vorbeigeschafft zu haben. Norris verlor kurz vor Schluss P8 an Bottas. Alex Albon sicherte sich den letzten WM-Punkt.

Der WM-Stand: Lewis Hamilton (250) baute durch 25 Punkte für den Sieg und nur Platz acht für Bottas (188) seine WM-Führung deutlich auf nun 62 Punkte Vorsprung aus. Verstappen (181) rückt dem Finnen bis auf sieben Punkte auf die Pelle. Vettel (156) setzt sich zum zweiten Mal in Folge weiter von Leclerc (132) ab. Bei den Konstrukeuren bleibt Mercedes mit 438 Punkte klar in Führung vor Ferrari mit 288 und Red Bull (244).

Das Wetter: Anders als beim sehr wechselhaften Wetter des bisherigen Ungarn GP 2019 präsentierte sich die Puszta pünktlich zum Rennen von ihrer besten Seite. Strahlender Sonnenschein, lediglich vereinzelte Wölkchen über dem Hungaroring. Zum Start betrug die Luft-temperatur 25 Grad Celsius, auf dem Asphalt waren es 47.

Mercedes-Berührung am Start, Bottas-Frontflügel beschädigt

Die Startreifen: Außerhalb der Top-Ten wählten alle Fahrer bis auf den wegen Motorwechsel ans Ende versetzten Daniel Ricciardo (Hard) den Medium wie die Top-6. Somit starteten nur Norris, Sainz, Grosjean und Räikkönen auf Soft.

Der Start: Keine Probleme dieses Mal bei Max Verstappen. Der Niederländer beschleunigte sauber aus der Box und hielt knapp die Führung durch Kurve eins. Zwischen den Mercedes wurde es auf der Bremse samt Bottas-Verbremser ganz eng. In Kurve zwei war Hamilton dann außen neben Bottas, bei dem es wieder qualmte. Rad an Rad ging es samt leichter Berührung durch Turn drei, wo sich der Weltmeister durchbiss.

Die Mercedes gaben sich am Start Saures, Foto: LAT Images
Die Mercedes gaben sich am Start Saures, Foto: LAT Images

Bottas fiel sofort hinter Leclerc zurück, wobei es ebenfalls zu einer Berührung kam. Die kostete den Mercedes weitere Flaps. Wieder auf Start-Ziel angekommen ging auch Vettel am Finnen vorbei. Mercedes funkte: Leichte Beschädigung am Frontflügel, macht sich schon in der Box bereit. Großer Verlierer des Starts war Pierre Gasly, der bis auf P9 durchgereicht wurde. Vor ihm die McLaren und Räikkönen.

Verstappen managt vor Hamilton, Ferrari kommt nicht mit

Der frühe Rennverlauf: Verstappen setzte sich sofort leicht von Hamilton ab, sodass der Weltmeister auf DRS verzichten musste. Der Vorsprung pendelte sich schnell und nachhaltig bei 2,5 Sekunden ein. Ferrari wusste nicht mitzuhalten, fast eine Sekunde pro Runde fehlte an Rennpace. In Runde fünf kam Bottas schließlich zum Frontflügelwechsel an die Box. Der Finne bekam einen Satz Hard montiert und fiel auf den letzten Platz zurück.

In Runde 15 hatte sich Bottas bis auf P16 zurückgekämpft, vorne blieb Hamilton weiter bis auf zwei Sekunden drei an Verstappen. Den Ferrari fehlten bereits 15 Sekunden auf die Spitze, Vettel folgte Leclerc dabei permanent mit ähnlicher Gap wie vorne Hamilton Verstappen. Hülkenberg (P10) meldete einen Leistungsverlust, weiter hinten gaben sich die Toro Rosso teamintern Saures um P12. Schönes Rad-an-Rad-Duell über den gesamten ersten Sektor. Besseres Ende für den Russen

Verstappen-Reifen geben nach, Red Bull verhindert Mercedes-Undercut

In Runde 19 meldete Verstappen nachlassenden Grip auf seinen Medium-Startreifen, Hamilton rückte bis auf 1,3 Sekunden heran. Mercedes machte sich kurz an der Box bereit. Undercut? Nein. Besserung stellte sich nicht ein, Verstappen meldete sich binnen vier Runden noch zweimal.

Die (ersten) Boxenstopps: In Runde 25 erlöste Red Bull Verstappen und entging so dem Undercut durch Mercedes. Verstappen bekam einen Satz Hard und kehrte knapp vor den Ferrari wieder auf die Strecke zurück. Mercedes funkte Hamilton sofort: Hammertime! Doch direkt im Anschluss kam der Brite nicht. Mercedes funkte nochmal: schneller bitte. Mehr Hammertime ging jedoch nicht: "Kann ich nicht!", kam es von Hamilton zurück. Verstappen holte mit den frischen Hard derweil rapide auf.

Verstappen verfünffacht Vorsprung durch Stopps

In Runde 27 dann auch der erste Ferrari an der Box. Auch Leclerc bekam Hard montiert. Auch im Mittelfeld folgte nun der Boxenstoppreigen. Allesamt wechselten von Hard auf Medium oder von Soft/Medium auf Hard. Das Risiko eines langen Schlussstints auf Soft wollte sich niemand zumuten. Norris verlor durch ein zwickendes Rad hinten links samt Verkehr in der Fast Lane eine Position an Räikkönen, der Finne wiederum fiel hinter Gasly.

Runde 32 bescherte dann auch den Hamilton-Stopp. Noch länger auszudehnen, um dann auf Soft zu wechseln, war der erste Stint nicht. Hamilton kam mit Hard zurück, sechs Sekunden hinter Verstappen. Fünf Sekunden kostete die Boxenstopp-Phase also gegen den Red Bull.

Aus der Spitzengruppe war nun einzig noch Vettel ohne Stopp unterwegs. Das änderte sich erst in Runde 41 - allerdings mit einem extrem langsamen Stopp, sodass Vettel fast 20 Sekunden hinter Leclerc zurückkam. Anders als alle anderen bekam Vettel aber Soft. Weiter hinten machten es dann noch Hülkenberg und Magnussen genauso.

Hamilton jagt Verstappen: 6 Sekunden Vorsprung in 2 Runden weg

Der weitere Rennverlauf: Unfassbare Pace dann von Lewis Hamilton! Mit Siebenmeilenstiefeln auf den jetzt sieben Runden frischen Reifen fuhr der Brite in nur zwei Runden ins DRS von Verstappen! Hatte der Niederländer einen Fehler gemacht? Im TV-Bild war nichts zu sehen gewesen.

In Runde 39 der erste Überholversuch. Hamilton in Kurve eins neben Verstappen! Ende? Nein! Hamilton blieb dran und versuchte es tatsächlich außen (!) in der blinden Kurve vier. Zu wenig Platz, Hamilton musste in die Auslaufzone und fiel zwei Sekunden zurück. "Druck weiter hochhalten", funkte Renningenieur Bonnington. "Kann ich nicht", funkte Hamilton zurück. Sollte es das schon gewesen sein?

Hamilton reitet Überraschungsattacke: Verstappen pariert

Die zweiten (Mercedes)-Boxenstopps: Nicht ganz. In Runde 44 war Auto 33 wieder bis auf eine Sekunden dran an Auto 33. Verstappen fragte am Funk gleich einmal nach mehr Leistung. Eine Attacke gab es zunächst nicht - auch nicht von Ferrari, die zu diesem Zeitpunkt weit abgeschlagene 40 respektive 60 Sekunden hinter der Spitze herfuhren. Bottas war sogar schon überrundet, kam in Runde 47 daraufhin doch noch einmal. Schlussspurt auf Medium.

Überraschung eine Runde später: Auch Hamilton nochmal drin! Ebenfalls Medium für den Weltmeister. Red Bull entschied sich gegen eine Reaktion. Gut 20 Runden blieben nun, um 19 Sekunden mit frischeren und weicheren Reifen zuzufahren. Hamiltons Pace zu Beginn war allerdings nur eine Sekunde je Runde schneller. Weiter hinten sorgte unterdessen Grosjean für den ersten Ausfall des Rennens - Problem mit dem Wasserdruck.

Hamilton jagt Verstappen erneut: Krimi um den Sieg

Die Schlussphase: Mit zunehmender Renndauer gingen Verstappens Reifen nun aber regelrecht exponentiell die Körner aus. Fünf Runden vor Schluss war Hamilton bis auf drei Sekunden dran, auf dem Weg dahin hatte der Brite den 15 Jahre alten Rundenrekord von Michael Schumacher gebrochen und sich so bereits den Bonuspunkt für die schnellste Rennrunde gesichert.

Dahinter wurde es auch eng. Vettel ebenfalls bis auf drei Sekunden dran an Teamkollege Leclerc. Doch dann das Duell um den Sieg: In Runde 67 ging Hamilton auf Start/Ziel vorbei an Verstappen! Mit DRS aus dem Windschatten recht leicht außen herum vorbei. Da konnte selbst Verstappen nichts machen. Die Entscheidung. Hamilton flog sofort auf und davon. Verstappen kam daraufhin dank einer Minuten Vorsprung nach hinten noch einmal an die Box und sicherte sich so mit frischen Softs noch den Bonuspunkt für die FL. Neuer Rundenrekord von Hamilton also gleich wieder unterboten: 1:17.103.

In Runde 69 dann auch noch eine Änderung auf dem Podium. Vettel drückte sich in Kurve eins innen an Leclerc vorbei. Sensationelles Ende eines am Ende erneut wieder epischen Formel-1-Rennens.