Die Stimmung bei Williams könnte nach dem Formel-1-Qualifying von Ungarn kaum besser sein. Ja, George Russell wurde am Ende nur 16., und mit einem Q2-Auftritt wurde es nichts. Aber schließlich geht es hier um ein Team, dass in den vorangegangenen Rennen mit Regelmäßigkeit sich chancenlos für die letzte Reihe qualifizierte.

Aber in Ungarn war zumindest George Russell im Qualifying dran am Mittelfeld, und scheiterte am Ende nur um wenige Hundertstel an einem Q2-Aufstieg. Dass ist dann doch schon fast unglaublich. Nicht zuletzt, weil Russell seinem Teamkollegen Robert Kubica weit mehr als eine Sekunde aufbrummte.

Russell feiert beste Williams-Qualifyingrunde: Reifen perfekt

"Ich hab es erwartet, eigentlich", grinst Russell, als er nach dem Qualifying gefragt wird, ob er tatsächlich mit einer Q2-Chance gerechnet hat. Schon im 3. Training hatte Russell den Racing Point von Lance Stroll geschlagen und den Anschluss an das Mittelfeld gefunden. Im Qualifying war er dann vom Start weg dabei.

Er konnte mit den Racing Point kämpfen, und am Ende sprang Platz 16 heraus. Zwar mit ein bisschen Glück - Ricciardo und Perez standen sich auf ihren letzten schnellen Runden gegenseitig im Weg - aber Stroll konnte er um über eine halbe Sekunde schlagen. "Einen legitimen Platz 16 zu holen, vor beiden Racing Points und Ricciardo, das fühlte sich wie eine Pole-Runde an", so Russell.

"Es war definitiv die beste Runde in einem Williams F1-Auto", stellt Russell klar. "Das Auto fühlte sich heute richtig lebendig an. Vor diesem Wochenende hatten wir die Reifen nie im perfekten Fenster, und haben heute daher einen neuen Ansatz versucht. Gestern schon, das war ein sehr produktiver Tag."

Williams lässt Russell endlich Reifen-Grenzen ausloten

Dass die Pirellis der Formel-1-Saison 2019 gerne mal ein Enigma sein können, das ist nichts Neues. "Wir dachten, wir hätten das meiste herausgeholt, aber dieses Wochenende hat bewiesen, dass das nicht stimmt", erklärt Russell.

Auf der Suche nach schnelleren Rundenzeiten hatte Williams Russell schon am Freitag auf ein ganz anderes Test-Programm umgestellt. "Gestern haben wir drastische Dinge mit dem Aufwärm-Vorgang versucht", erklärt Russell, "um ein gutes Mittel zu finden, den besten Kompromiss." Der Ansatz war für Williams neu, und machte sich bezahlt: Zumindest Russell fand das Pirelli-Fenster für das Qualifying tatsächlich.

"Ich hoffe, dass wir das in die nächsten Rennen mitnehmen können", meint Russell. "Überzeugt bin ich nicht, aber wir müssen diese Situationen dynamischer angehen. Weniger voreingenommen. Wir haben noch nicht wirklich genügend verschiedene Dinge mit den Reifen versucht, die wir hätten versuchen sollen. Das bereuen wir ein bisschen."

Russell am Limit: Mehr ging im Qualifying nicht

Russell kann sich in Ungarn nach seiner letzten Runde nicht mehr viel vorstellen, was er noch hätte besser machen können: "Sogar Max denkt danach sicher, dass er noch eine halbe Zehntel finden kann, aber wenn wir uns die Umstände ansehen, dann glaube ich, dass wir das Maximum aus dem Auto geholt haben."

Williams-Chefingenieur Dave Robson ist von seinem Fahrer genauso begeistert: "In Kurve 13, auf jeden Fall im zweiten Sektor, da müssen wir George zugestehen, dass er dort einfach unglaublich viel Tempo in die Kurven hinein mitnimmt."

Russell hofft auf Williams-Durchbruch ab Ungarn

Für zumindest einen Teil von Williams bringt das Ungarn-Wochenende bis jetzt also Durchbrüche und neue Höhen mit sich. Auch die Upgrades, die das Team über die letzten Rennen verteilt ans Auto baute, tragen ihren Teil zum starken Qualifying von Russell bei. Endlich passen bei Williams langsam auch die Werte auf der Strecke wieder mit dem zusammen, was man sich davor ausgerechnet hat.

"Es fühlte sich im Auto großartig an, zeigt aber auch die Arbeit, die die Aerodynamiker in der Fabrik abgeliefert haben, um das Auto wieder aufzubauen", freut sich Russell. "Wir haben einen großen Schritt gesehen, und später im Jahr kommt noch mehr. Da können alle in der Fabrik endlich durchatmen."

Für das Rennen weiß Russell nicht, was er zu erwarten hat. Nur, dass er es nicht anders angehen wird als alle bisherigen Rennen, nur weil er (dank Strafe für Antonio Giovinazzi) von Platz 15 aus losfährt: "Aber es wird auf jeden Fall toll sein, legitim mit anderen zu kämpfen."

Die Stimmung wird das Rennen Williams wohl so schnell nicht mehr vermiesen, unabhängig vom Ergebnis. Denn das Qualifying hat bewiesen: Es geht aufwärts. "Es ist ekstatisch momentan", so Russell. "Gerade vor der Sommerpause ist es das, was wir für das Team gebraucht haben."