Ist Ferrari zurück im Kampf um Siege in der Formel 1? Ein starker Auftritt beim Deutschland GP - nicht die Aufholjagd Sebastian Vettels am Sonntag, sondern vielmehr das extrem starke Freie Training - ließen in der vergangenen Woche wieder ein zartes Pflänzchen Hoffnung keimen. Auch vier Tage nach dem epischen Rennsonntag in Hockenheim sprießt es noch als Vettel sich am Donnerstag vor dem Ungarn GP der Presse stellt.

Zunächst muss es jedoch zwangsläufig noch einmal um die irre Aufholjagd des vierfachen F1-Weltmeisters vom letzten Startplatz bis auf P2 gehen. Diese krönte Vettel im Grunde vor allem durch nur sechs Runden. Die erste überhaupt und die letzten fünf. Zwischendurch jedoch sah der Ferrari bei Mischbedingungen gar nicht einmal so formidabel aus.

Sebastian Vettel erklärt erst zähe Aufholjagd in Hockenheim

"Da kamen ein paar Dinge zusammen", erklärt Vettel als Motorsport-Magazin.com ihn auf dem Hungaroring darauf anspricht. "Klar, ich hatte da am Anfang zu kämpfen, um Kimi nahezukommen und mit ihm zu kämpfen", gesteht der Ferrari mit Blick auf die wenig glanzvollen Runden hinter seinem alten Ferrari-Kollegen Räikkönen, 2019 im Alfa Romeo. "Aber dieses Phänomen hast du bei diesen Bedingungen überall im Feld beobachten können."

Formel 1 2019: 5 Brennpunkte vor dem Ungarn GP (09:19 Min.)

Danach sei es dann schlicht eine Frage von Glück und Timing im wechselhaften Wetter gewesen. Der Intermediate habe bei Ferrari allerdings auch nicht so lang gehalten wie bei Mercedes. "Vielleicht hätten wir beim ersten Safety Car wegen des höheren Verschleiß' deshalb reinkommen sollen. Aber solchen Rennen passiert sowieso so viel. Am Ende kannst du sagen, dass du mit der Stroll-Strategie gewonnen hättest. Du brauchst bei solchen Rennen einfach einen Lucky-Moment", beschreibt Vettel.

Hockenheim für Vettel kein Top-Ergebnis: Nicht mit nur einem Ferrari im Ziel

Den habe er zwar weniger gehabt, dafür einen entscheidenden Faktor in die Waagschale geworden: selbst keinen groben Fehler gemacht. "In solchen Rennen musst du drinbleiben. Und wir sind dringeblieben, haben nie aufgegeben und dann die Chance genutzt als sie sich uns am Ende des Rennens bot", sagt Vettel.

Richtig klasse sei das Ergebnis allerdings nicht gewesen. Weniger wegen des verpassten Siegs, mehr wegen des ausgefallenen Teamkollegen. Charles Leclerc hatte da Ziel nach einem Unfall in der jetzt berühmten Hockenheimkurve 16 nicht gesehen. Daher könne das Ferrari nicht reichen, so Vettel.

Ferrari-Revanche in Ungarn? Nachteil Layout

Die Chance, genau das besser zu machen, dieses Mal mit gleich beiden Autos zu liefern, bietet sich der Scuderia dank des Back-to-back-Events mit Ungarn nun gleich eine Woche später. Oder doch nicht? Immerhin ist der Hungaroring nur so gespickt von langsamen Kurven. Die mag der Ferrari SF90 mit seinem Mangel an Abtrieb nicht, der Mercedes umso mehr.

Dennoch: Mit dem Schwung von Hockenheim blickt Vettel trotzdem optimistisch auf die kommenden Tag. Doch ist der Schwung, der mentale Aspekt, gar nicht der Grund. Stattdessen nennt Vettel zwei andere Argumente, warum es für Ferrari in Ungarn besser laufen soll als alle Beobachter glauben: Updates und die Tendenz der vergangenen Wochen.

Vettel: Ungarn-Update und genereller Trend stimmt positiv

"Die Voraussetzungen sind wie bei den letzten paar Rennen. Wir werden auf jeden Fall angreifen und versuchen, das Beste aus unserem Paket zu holen", verspricht Vettel. "Und wir haben ein paar neue Teile an Bord." Besonders auffällig ist ein Bumerang-förmiger Flügel an den Bargeboards des SF90. Vettel weiter: "Also sind wir in gewisser Weise voller Zuversicht und hoffen, dass alles gut funktioniert." Genau das war bei Neuerungen 2019 bis dato jedoch längst nicht immer der Fall.

Was halten die Fans von der Formel 1 2019? (11:41 Min.)

Vielleicht ist das der Grund, warum Vettel eine Einschätzung, wo Ferrari am Wochenende denn nun konkret landen könne, nicht abgeben will. Nur: "Die Favoritenrolle liegt nicht bei uns, denke ich. Aber angreifen wollen wir auf jeden Fall!" Denn - Argument Nummer zwei - spreche ja noch mehr für Ferrari. "Ich glaube, dass es schon eine Tendenz gibt, dass die letzten Wochen für uns ganz gut liefen, dass die Pace teilweise sehr gut war", sagt Vettel. "Teilweise aber noch nicht gut genug", gesteht er.

Vettel: Ferrari in Kurven jetzt besser, aber nicht Nummer eins

Hier kommt es wieder ins Spiel, dass böse K-Wort von Ferrari anno 2019: Kurven. Oder das A-Wort: Abtrieb. Einen klaren Durchbruch sieht Vettel bei Ferrari hier noch nicht - nicht wirklich. "Aber wir arbeiten an den Schwächen unseres Autos. Wir waren schwach in den Kurven und stark auf den Geraden. Hockenheim hat unserem Auto da gut gepasst. Die Hitze am Freitag hat uns nur noch mehr geholfen. Schade, dass wir die dann am Samstag verloren haben", schildert Vettel.

Ist die neu gewonnen Stärke also nur Layout-bedingt gewesen und somit in Ungarn gleich wieder verloren. Auch wieder nicht, meint Vettel. Besser geworden sei Ferrari in den Kurven nämlich durchaus. Nur noch nicht ganz gut genug. "Wir haben da Fortschritt erzielt, verlieren aber noch Zeit", resümiert Vettel. "Aber nicht mehr so viel wie noch vor ein paar Wochen oder Monaten. Die Schnellsten sind wir in den Kurven aber noch nicht."

Vettel: Ferrari in Ungarn nicht Favorit

Damit wäre das Zurückweisen der Favoritenrolle erklärt. Doch ganz abgeschlossen hat Vettel auch damit nicht. "Vielleicht kommt uns diese Strecke auf dem Papier nicht so entgegen, weil es nicht so auf die Leistung, sondern den Abtrieb ankommt. Es gibt ja nur eine Gerade! Effizienz spielt hier also keine Rolle, du brauchst einfach nur Abtrieb. Deshalb liegt die Favoritenrolle nicht bei uns", bestätigt Vettel nochmals.

"Aber die letzten Wochen haben Mut gemacht, dass - wenn alles läuft und wir das Auto ins richtige Fenster bekommen - wir auch mitmischen können. So gehen wir auch in dieses Wochenende", sagt Vettel. "Denn wir hatten auch schon an anderen Orten diesen Gedanken - und dann ging es doch noch ganz gut aus. Es wird spannend sein, zu sehen, wo wir jetzt hier stehen."