Das Formel-1-Rennen auf dem Hockenheimring war die Chance für Valtteri Bottas. Lewis Hamilton hatte gepatzt und der Finne war kurz vor Schluss drauf und dran, den Rückstand von 39 Punkten mit einem Top-Resultat bei gleichzeitiger Nullrunde des WM-Leaders entscheidend zu reduzieren. Doch acht Runden vor der Zielflagge fuhr Bottas seine Chance auf den Big Point in der Nordkurve selbst vor die Wand.

"Ich denke, er hätte für seinen WM-Kampf heute ordentlich Punkte holen können, um auf Lewis zu verkürzen", so Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Bottas lag kurz vor Ende des Rennens auf der vierten Position, hinter Verstappen, Kvyat und Stroll. Letztere hätte er in der Schlussphase durchaus noch erwischen können.

"Ob jetzt 12, 15 oder 18 Punkte. Ich denke, es hätten 18 sein sollen und damit hätte er einen großen Sprung gemacht. Doch der ist nicht passiert", lässt Wolff durchaus etwas Kritik an seinem Fahrer durchklingen. "Wir sind zwar erst bei Saisonhalbzeit und es sind noch viele Punkte zu holen. Aber er hatte heute natürlich eine gute Chance, Boden gutzumachen."

Bottas sucht nicht nach Ausreden: Es war mein Fehler

Bottas verschwand nach dem Unfall mehr oder weniger sofort von der Bildfläche. "Ich habe selbst den Fehler gemacht", nahm er die Schuld ohne Umschweife auf sich. "Natürlich hat mir das Team auch gesagt, dass ich härter pushen soll, und ich habe so stark Druck gemacht wie ich konnte, um auf das Podest zu kommen."

Kurioserweise war unmittelbar zuvor Hamilton in der Nordkurve abgeflogen, hatte sein Auto jedoch vor einem Einschlag retten können. Da liegt die Vermutung nahe, dass Bottas durch seinen Renningenieur doch eigentlich hätte vorgewarnt werden müssen. "Ich muss mir den Funkverkehr nochmal anhören, ob sie gewarnt wurden oder nicht", sagt Wolff gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Doch selbst wenn hätte das wohl nichts daran geändert, dass Bottas zu diesem Zeitpunkt im Rennen All-In ging. Denn viel Zeit blieb nicht, um Stroll und Kvyat zu überholen. "Ich habe in der Kurve offenbar etwas zu hart gepusht und das Heck verloren. Es war mein Fehler. Vielleicht hätte ich versuchen sollen, ruhig zu bleiben und mir Zeit zu nehmen. Aber vielleicht wäre ich auch nicht aufs Podium gekommen, wenn ich es nicht so vehement versucht hätte."

Da Hamilton zunächst als Elfter gewertet wurde, blieb der WM-Stand zunächst beim Alten. Durch die Bestrafung von Alfa Romeo rückte der Brite allerdings auf die neunte Position auf und nahm zwei Zähler mit. "Ich hätte zumindest ein paar Punkte holen können, was wichtig gewesen wäre", hadert Bottas.

Wolff fürchtet keinen Bottas-Absturz: Er kann das

Die Enttäuschung sitzt tief, doch der 29-Jährige verfällt nicht in Panik. Kein Grund an sich zu zweifeln, denn letztendlich ist es einfach nur Racing: "In diesen Bedingungen ist es einfach, einen Fehler dieser Art zu machen. Natürlich hätte ich das Rennen ohne Fehler fahren sollen, das ist immer das Ziel. Aber es geschah zur falschen Zeit in der falschen Kurve, und das war's".

Wolff glaubt nicht, dass Bottas wie 2018 durch diesen Rückschlag einen moralischen Knick bekommen könnte. "Ich denke, wenn du in der Formel 1 fährst, darfst du den Schmerz an einem solchen Tag schon spüren und dich selbst ein bisschen geißeln", so der Österreicher. "Aber du musst dich davon erholen, wenn du ein Sieger und Weltmeister sein willst. Du musst nach solchen Tiefen noch stärker zurückkommen - und Valtteri hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er das kann."