Für Qualifying und Rennen der Formel 1 auf dem Hockenheimring sind Regen vorhergesagt. Trotz der düsteren Wettervorhersage stürzten sich die Teams am Freitag in den Trainings wie immer in ihre Programme. Ferrari bestätigte auf den Longruns die durch die Bestzeiten von Sebastian Vettel und Charles Leclerc gezeigte Top-Form - doch Mercedes und auch Red Bull halten locker mit.

Leclerc und Vettel trennten im 2. Freien Training gerade einmal 0,124 Sekunden. Letzterer ist jedoch zuversichtlich, dass er den Teamkollegen im weiteren Verlauf des Wochenendes noch ausstechen kann. "Ich war ganz zufrieden mit den Runden, aber vielleicht hat hier und da der Rhythmus gefehlt. Wichtig ist, dass ich weiß, wo die Zeit ist", so der viermalige Champion.

Der Ferrari mit der Startnummer 17 wird aller Voraussicht nach aber nicht sein einziger Gegner im Kampf um die Pole Position - vorausgesetzt natürlich, es bleibt trocken. Lewis Hamilton lag im FP2 auf dem Soft-Reifen gerade einmal zwei Hundertstel hinter Vettel. Und wie Dr. Helmut Marko gegenüber Motorsport-Magazin.com erklärte, sollen auch bei Max Verstappen noch mindestens zwei Zehntel drin gewesen sein.

Ferrari und Mercedes auf Soft-Longrun Kopf an Kopf

Bei den Longruns auf dem Soft-Reifen zeigt sich an der Spitze ein ähnliches Bild. Die Ferrari und Hamilton liegen auf der weichsten Reifenmischung eng beisammen. Vettel fuhr im FP2 im Durchschnitt eine Rundenzeit von 1:19.389 Minuten. Leclerc war zwar nur knappe acht Hundertstel langsamer, dennoch drängelte sich Hamilton noch zwischen das Ferrari-Duo.

Sein Teamkollege haderte den gesamten Tag über mit der Balance und hielt den Anschluss auf dem Soft-Longrun nicht. Valtteri Bottas büßte im Durchschnitt fast vier Zehntel auf den Bestwert von Vettel ein. Red Bull ist beim Soft-Compound aus dem Spiel. Max Verstappen hatte gerade eine Runde gefahren, als die rote Flagge nach dem Unfall von Teamkollege Pierre Gasly an die Box zwang.

Formel 1, Deutschland-Training: Longruns auf Soft-Reifen

FahrerRundenzeitRückstandReifenalterSession
Sebastian Vettel1:19.38914 RundenFP2
Lewis Hamilton1:19.400+ 0.01115 RundenFP2
Charles Leclerc1:19.467+ 0.07813 RundenFP2
Valtteri Bottas1:19.778+ 0.38914 RundenFP2

Dass die Teams trotz der Hitze den weichsten Reifen ausprobierten, hatte einen guten Grund. Wurden laut Pirelli bei Außentemperaturen von 38 Grad Celsius noch Asphalttemperaturen von bis zu 58 Grad Celsius gemessen, soll es am Rennsonntag deutlich kälter werden. Neben dem vorhergesagten Regen soll die Lufttemperatur bei nur knapp über 20 Grad Celsius liegen.

Die schwer vorhersehbare Wetterlage wird bereits das Qualifying zur Lotterie machen. "Deshalb könnten einige Teams im Qualifying zu Medium tendieren. Wenn es aber kühler wird, könnte auch der Soft besser sein", sagt Pirelli-Manager Mario Isola. "Morgen werden aber 20 Grad weniger auf der Strecke erwartet. Das ändert natürlich alles."

Ferrari will Hitze, Mercedes fürchtet sie nicht mehr

Ferrari wäre es am liebsten, wenn es so bliebe wie am Freitag. "Es wäre nett, ein richtig heißes Rennen zu haben", so Vettel. Mit einer weiteren Hitzeschlacht wäre Ferrari die Silberpfeile aber noch lange nicht los. Die Weltmeister haben nach der Spielberg-Pleite nachgebessert, und die Hitze-Konfiguration des F1 W10 funktionierte wie erwartet.

""Mit dem Österreich-Paket hätten wir heute wohl massive Probleme gehabt. Aber jetzt konnten wir ein paar gute Longruns fahren", erklärte Bottas. Damit steht Mercedes nurmehr vor denselben Herausforderungen wie die Konkurrenz. ""Es geht nur darum, die Reifen im Arbeitsfenster zu halten. Die sind hier einfach immer darüber, überhitzen also. Das ist das Problem. Aber da sitzt jeder im selben Boot", sagt Hamilton.

Red Bull auf Medium schneller als Ferrari und Mercedes

Auf dem Medium-Reifen meisterte Red Bull die Longrun-Pace etwas überraschend am besten. Verstappen fuhr wie ein Uhrwerk und brannte im Durchschnitt eine Rundenzeit von 1:19.507 Minuten in den Asphalt. Laut Pirelli soll der Compound sechs Zehntel langsamer als Soft sein. Die Longrun-Pace war zwar langsamer als die auf der weichsten Mischung, unter Berücksichtigung der Delta-Zeit war Verstappen aber immer noch schneller als Vettel auf Soft.

Der Lokalmatador landete auch auf dem Medium-Reifen hinter Verstappen. Vettel verlor im Mittelwert etwas mehr als dreieinhalb Zehntel. Er fuhr als einziger Ferrari-Pilot einen Longrun auf diesem Compound, während Hamilton den Part bei Mercedes übernahm. Der Weltmeister büßte rund eine Zehntel auf Vettel ein.

Formel 1, Deutschland-Training: Longruns auf Medium-Reifen

FahrerRundenzeitRückstandReifenalterSession
Max Verstappen1:19.50717 RundenFP2
Sebastian Vettel1:19.876+ 0.36915 RundenFP2
Lewis Hamilton1:19.976+ 0.46915 RundenFP2

Vettel war auf seinem Medium-Run allerdings nicht ganz fehlerfrei unterwegs. "Ich habe etwas Zeit verloren, da ich am Nachmittag auf dem Medium-Reifen einen Bremsplatten hatte", gestand der Ferrari-Pilot. "Aber das Auto hat sich gut angefühlt. Da ist noch ziemlich viel Luft nach oben, um schneller zu fahren."

Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass es am Rennsonntag so heiß wie im Training wird, sieht sich Mercedes als Jäger. "Was die Pace angeht, so waren einige Runs besser als andere, aber unser Gefühl ist, dass wir bei diesen Temperaturen wohl etwas hinter Ferrari liegen", so Silberpfeil-Ingenieur Andrew Shovlin.

Mercedes auf Hard-Reifen an Ferrari dran

Auf der härtesten Reifenmischung war Mercedes aber immerhin am nächsten an Ferrari dran. Bottas verlor die Winzigkeit von zwei Hundertsteln auf Leclerc. Der Monegasse fuhr im Durchschnitt 1:19.168 Minuten. Bei einem Zeitdelta von 0,4 Sekunden gegenüber dem Medium-Compound ein ziemlich eindeutiger Wert.

Die härteste Reifenmischung war bei den heißen Temperaturen klar die schnellste und stabilste. "Ich freue mich sehr, dass viele Longruns auf Hard gefahren sind", sagt Isola. "Es war das erste Mal, dass das wirklich versucht wurde."

Dass gerade der von Balance-Problemen geplagte Bottas hier den Anschluss hielt, sollte Mercedes eigentlich positiv stimmen. Doch Shovlin wollte sich bei den schwierigen Bedingungen nicht festlegen: "Es scheint in die richtige Richtung zu gehen, aber die Reifen überhitzen so stark, dass es schwer einzuschätzen ist, wo wir stehen."

Formel 1, Deutschland-Training: Longruns auf Hard-Reifen

FahrerRundenzeitRückstandReifenalterSession
Charles Leclerc1:19.16820 RundenFP2
Valtteri Bottas1:19.188+ 0.02016 RundenFP2

Letztendlich können alle diese Werte schon am Samstag ihre Bedeutung verlieren, sollte der mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu 70 Prozent vorhergesagte Regen eintreffen. Deshalb konnte sich auch Vettel nicht so richtig über die wiedergefundene Performance freuen. "Ob das morgen wichtig ist, wird sich zeigen", ordnet er die Ferrari-Pace mit Vorsicht ein.

Für Teams und Fahrer wird der Regen mit den 2019er Intermediate- und Wet-Compounds völliges Neuland sein, denn bisher gab es in der laufenden Saison keine einzige nasse Session. "Niemand ist bis jetzt wirklich mit Intermediates oder Regenreifen gefahren. Nur beim Reifentest, und der war im September mit anderen Autos", erinnert Isola.