Renault gab sich beim Formel-1-Rennen in Silverstone richtig Mühe, doch am Ende hatte im Mittelfeld wieder einmal McLaren die Hosen an. Carlos Sainz legte nach Spielberg gleich die nächste Aufholjagd hin und hielt sich in der Schlussphase Daniel Riccardo vom Leib. Mit selbigem hatte es Lando Norris zu Beginn des Rennens zu tun, bis der Rookie vom Safety Car gekniffen wurde und am Ende leer ausging.

"Ich hatte so viel Pace, ich dachte ich fliege", so Sainz, der nach einem verpatzten Qualifying vom 13. Startplatz ins Rennen gegangen war. Wie in Österreich, als er durch eine Motorenstrafe ganz hinten starten musste, bahnte er sich den Weg in die Punkte. Mit Platz sechs stach er das gesamte Mittelfeld aus.

"Ich war ziemlich entspannt, denn ich wusste, dass wir am Vortag nicht alles richtig hinbekommen hatten, so wie wir es sollten. Ich war zuversichtlich, dass ich viel schneller sein würde, nachdem wir etwas am Setup geändert hatten. Als ich das erste Mal aus der Box fuhr, wusste ich, dass ich heute Spaß haben würde", erklärt Sainz gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Mit dem trotz des schlechten Zeittrainings gute Bauchgefühl war die Arbeit für ihn aber noch lange nicht getan. Den Grundstein legte Sainz wie schon vor zwei Wochen mit der richtigen Strategie: "Wir ließen die Piloten auf Soft ihre Reifen abfahren. Als sie an die Box abbogen, begann ich grüne Sektorzeiten zu fahren."

Sainz taktiert richtig und profitiert vom Safety Car

Sainz war auf Medium gestartet und legte es auf einen langen ersten Stint und eine Einstopp-Strategie an. Die durch Antonio Giovinazzi ausgelöste Safety-Car-Phase kam für ihn sogar ein bisschen zu früh. Trotzdem profitierte er davon, seinen Wechsel auf den Hard-Compound unter Gelb vollziehen zu können.

"Ich hatte mit dem Safety Car einen Bonus, aber wir waren trotzdem gut unterwegs mit unserer Einstopp-Strategie", sagt er. "Carlos hatte einen großartigen Start und überholte beide Alfa Romeo, und dann hat er natürlich vom Timing des Safety Cars profitiert. Das kam für Carlos genau zur richtigen Zeit, um Track Position gegenüber den anderen Autos gutzumachen", so McLaren-Teamchef Andreas Seidl.

Fliegender Ricciardo jagt Sainz

Den Großteil des Mittelfelds hatte Sainz damit übersprungen, nur einen hartnäckigen Störenfried wurde er nicht los. Daniel Ricciardo jagte den McLaren-Piloten in der Schlussphase unermüdlich. "Gegen Ende wurde es eng. Plötzlich sah ich ein gelbes Auto in meinen Spiegeln, das auch flog - vor allem auf den Geraden", so Sainz.

Im Ziel lag er nicht einmal eine Sekunde vor dem Australier. "Der Kampf um Platz sechs war hart, aber er hat auch Spaß gemacht", sagt der Madrilene. "Ricciardo war gegen Rennende sehr stark und Carlos hat einen sensationellen Job gemacht, sich durchzubeißen und ihn bis zur Ziellinie hinter sich zu halten", lobt Seidl.

Norris im Pech: Von der Strategie verarscht

Seinen anderen Piloten musste der Teamchef dafür trösten. Lando Norris war als Achter ins Rennen gegangen und hatte sich schon in der ersten Runde Ricciardo geschnappt, mit dem er sich daraufhin eine lange Verfolgungsjagd lieferte. Der Rookie war bei seinem ersten Heimrennen in der Formel 1 klar auf Punktekurs. Doch was dem Teamkollegen den Nachmittag versüßte, hatte für ihn einen ganz bitteren Beigeschmack.

"Ich würde von der Strategie verarscht", hielt Norris im Boxenfunk fest, nachdem er zum Zeitpunkt der Neutralisierung bereits seinen ersten Reifenwechsel von Soft auf Medium absolviert hatte. "Ricciardo machte den Undercut, was etwas frustrierend war, aber dann kam auch noch das Safety Car raus", so der 19-Jährige.

McLaren nahm die Chance nicht wahr, Norris wie Sainz unter Gelb auf den Hard-Compound zu setzen. Der Youngster sollte nach seinem ersten Boxenstopp nicht noch mehr Positionen verlieren. "Wir entschieden, die Strategien zu splitten und versuchten, Lando Track Position zu verschaffen", erklärt Seidl.

McLaren baut trotz Norris-Nuller Vorsprung auf Renault aus

"Rückblickend haben wir vielleicht nicht die beste Entscheidung getroffen, indem wir nicht an die Box gekommen sind", so Norris. Obwohl die Pace auch nach dem zweiten Stopp für den Hard-Compound gut war, reichte es am Ende nur zu Platz elf. Die Enttäuschung saß tief: "Ich habe das Gefühl, das maximal Mögliche herausgeholt zu haben. Das ist nicht das, was ich mir unter meinem Heimrennen vorgestellt hatte.

"Leider ist Lando nach einem tollen Rennen nicht in den Punkten gelandet. Die Reifen seiner Konkurrenten hielten länger, als wir antizipiert hatten", so Seidl über den Rennausgang des Briten. Die starke Form des MCL34 und seines Fahrerduos lässt ihn trotzdem ein positives Fazit des zehnten Rennwochenendes ziehen.

Denn der sechste Platz von Sainz war immer noch mehr Wert, als die Positionen sieben und zehn für Daniel Ricciardo und Nico Hülkenberg des großen Rivalen Renault. "Wir waren dieses Wochenende wieder das viertschnellste Team und haben den Vorsprung auf unsere Gegner um einen Punkt ausgebaut."