1. - S wie Startaufstellung

Eigentlich liest sich die Startaufstellung für den Großbritannien GP (Start heute um 15:10 Uhr, live auf RTL, Sky, ORF, SRF und im F1-TV-Live-Stream) wie so oft in der Formel 1 2019. Auch in Silverstone starten mal wieder zwei Mercedes aus der ersten Reihe.

Doch dieses Mal reichte es für Valtteri Bottas (P1) und Lewis Hamilton (P2) nur haarscharf vor Charles Leclerc. Dessen Ferrari-Kollege Sebastian Vettel teilt sich allerdings nicht die zweite Reihe mit dem Monegassen, sondern folgt erst nach den Red Bull von Max Verstappen und Pierre Gasly auf P6.

Daniel Ricciardo, Lando Norris, Alex Albon und Nico Hülkenberg komplettieren die Top-10.

2. - S wie Start

225,96 Meter kurz ist auf dem Silverstone Circuit die Distanz bis zur ersten Kurve. Bis zum ersten Bremspunkt dauert es nach der Vollgas-Rechts-Links gleich zu Beginn der Runde allerdings deutlich länger. Positionsgewinne sind also am besten dort auf der Bremse zu realisieren - oder durch sofortiges Ausbeschleunigen aus der Startbox.

Die besten Karten dafür haben die Ferrari-Piloten. Anders als Mercedes und Red Bull (ja, diesmal inklusive Gasly) starten Vettel und Leclerc nicht auf Medium, sondern Soft. Damit haben sie eine bessere Traktion. Gut möglich also, dass Leclerc gleich einmal Mercedes und Vettel Red Bull aufmischt.

3. - S wie Strategie

Der Vorteil am Start droht sich für Ferrari jedoch rasch in einen Nachteil zu verkehren. Der weiche Reifen zu Beginn verringert den strategischen Spielraum. Ein früher Boxenstopp könnte Ferrari im schlimmsten Fall zu einer Zweistopp-Strategie zwingen - während die Konkurrenz es mit einem schaffen könnte - oder einer mutmaßlich besseren Zweier-Variante.

Interessant: Genau dieselbe Ausgangslage lieferte uns Ferrari zuletzt schon in Spielberg - und verlor das Rennen. "Es war aber keine schlechte Wahl, wir haben das Rennen nicht deshalb verloren", verteidigt Leclerc jedoch jene wie die aktuelle Strategie. Tatsächlich hatte Ferrari in Spielberg ohne Not früher gestoppt als möglich gewesen wäre - um auf Mercedes zu reagieren.

Doch ist nicht gegeben, dass der weichste Reifen in Silverstone genauso gut funktionieren wird (vgl. 4. - S wie Schongang). Mut machen dürfte allen Ferrari-Fans jedoch die Empfehlung von Pirelli. Die Italiener kalkulieren, dass eine Zweistopp-Strategie mit Soft-Soft-Hard die schnellste Variante ist, die 52 Rennrunden zu meistern. Genau diesen Weg kann in den Top-6 nur noch Ferrari einschlagen.

Pirelli-Strategieempfehlung für Silverstone

  • 1. Wahl: 2 Stopps - Soft (13R), Soft (13R), Hard (26R)
  • 2. Wahl: 2 Stopps - Medium (15R), Soft (13R), Hard (24R)
  • 3. Wahl*: 3 Stopps - Soft (8R), Soft (11R), Soft (11R), Hard (22R)

*Sofern Soft-Verschleiß noch höher als ohnehin erwartet

Für die Medium-Starter sieht Pirelli einen Zwischenspurt auf Soft vor, dann Wechsel auf Hard bis ins Ziel. Hamilton hält diese Strategie für besser. "Ich hoffe, dass ich in der Lage sein werde, diesen Reifenvorteil umzusetzen", sagt der Brite.

Ein Stopp gilt seitens Pirelli indes als ausgeschlossen, eher sehe man drei. Damit rechnen auch die Fahrer. "Es ist schwer einzuschätzen, aber mit einem Stopp wird es hier mit Sicherheit nicht easy", sagt Nico Hülkenberg.

4. - S wie Schongang

Die selbst für Pirelli extreme Strategie-Prognose mit bis zu drei Stopps hat einen guten Grund. Der neue Asphalt des Silverstone Circuit, gepaart mit dem von Highspeed-Kurven gespickten Layout und den daher enormen lateralen Kräften, sorgte am bisherigen Wochenende für einen enormen Verschleiß. Nach dem Freitag erhöhte Pirelli deshalb schon den Reifendruck.

Der Abbau ist dieses Mal also nur sekundär der limitierende Faktor, vielmehr geht es darum, den Reifen überhaupt am Leben zu halten. Nicht zuletzt Ferrari kann ein Lied davon singen. Erst vor zwei Jahren flogen Vettel und Kimi Räikkönen kurz vor Rennende noch die Reifen um die Ohren. Hülkenberg bringt es besonders drastisch auf den Punkt: "Der kriegt hier so viel auf die Fresse - irgendwann ist der eben tot."

5. - S wie Sommerregen

Entgegen der Prognose einer fast 50 prozentigen Regenwahrscheinlichkeit blieb das Qualifying in Silverstone komplett trocken. Allerdings hatte es noch zuvor im dritten Training geregnet. Weiterer Regen ist aktuell bis in die frühen Morgenstunden des Sonntags vorhergesagt.

Für das Rennen nach aktuellen Stand so gut wie garantiert nicht. Doch weiß im Formel-1-Paddock jeder, wie schnell sich das in England noch ändern kann. Ganz besonders die Briten. "Ich hab' Bock auf ein bisschen gutes altes englisches Wetter, morgen", hofft Hamilton sogar darauf. "Diese Rennstrecke ist im Nassen wirklich toll."

6. - S wie Safety Car

Öffnet der Himmel seine Schleusen, kann das im Highspeed-Tempel von Silverstone sehr schnell zu Chaos führen. Zumal die Safety-Car-Wahrscheinlichkeit auf der Insel generell eine erstaunlich hohe ist Alleine in den vergangenen fünf Jahren kam Bernd Mayländer bei jedem Grand Prix mindestens einmal zum Einsatz.

Gerade mit den 2019 so extrem leidenden Reifen (s.o.) kann das strategisch delikat werden. Wer einen seiner zwei - oder gar drei?! - Stopps unter SC-Bedingungen hinbekommt, könnte zum strahlenden Sieger werden.

7. - S wie Sieger

Das derart enge Duell von Mercedes mit Ferrari - oder besser gesagt Charles Leclerc - im Qualifying in Silverstone hatte fast niemand wirklich erwartet. Gar nicht nach dem Freitag, vielleicht etwas mehr nach der roten Doppelspitze in der Generalprobe FP3 oder einzig Mr. Understatement, Toto Wolff. Der Mercedes-Teamchef zeigte sich völlig überrascht von der rein silbernen Reihe eins.

Für das Rennen deutet jedoch wieder alles auf klarere Verhältnisse. Die Mercedes-Longruns am Freitag waren bombastisch, Ferrari meilenweit zurück. "Wenn wir auf die Runs vom Freitag schauen, wird es schwer mit ihnen [Mercedes] zu kämpfen", gesteht Leclerc. "Wenn wir sie aber am Start überholen, dann haben wir eine Chance - denn Überholen hier ist schwer", meint der Monegasse.

Volle Hoffnung also auf die Softs am Start. Etwas anders bei Sebastian Vettel. Der Deutsche glaubt auch an den Renntrimm seines SF90. "Morgen ist auf jeden Fall besser - auf mehrere Runden. So war es zuletzt auch. Die letzten Wochen wollte es einfach auf eine Runde nie so richtig", so Vettel nach dem Qualifying.

Doch ist das nichts als eine leere Durchhalteparole? Noch am Freitag hatte Vettel immerhin fast das genaue Gegenteil gesagt: "Die letzten Samstage waren für uns auch nicht allzu schlecht ..." Und Mercedes selbst? Ähnliches Understatement auch für das Rennen?

Zumindest nicht bei Lewis Hamilton. "Das Auto ist für das Rennen abgestimmt. Gestern habe ich damit auf einer Runde schon Probleme gehabt. Aber der Renntrimm ist gut und ich wollte von meinem Setup nicht zu sehr abweichen", erklärt Hamilton seine Qualifying-Probleme gegen Bottas. "Im Rennen sollte es gut sein." Und dann ist da noch Red Bull. Max Verstappen wittert eine Chance. Nicht nur wegen Österreich-Rückenwind.