Es ist auch zu Beginn des Formel-1-Wochenendes in Silverstone noch das am heißesten diskutierte Thema: Max Verstappens Manöver gegen Charles Leclerc beim Rennen in Österreich. Die Kritik vom Ferrari-Piloten fiel in Spielberg sehr deutlich aus, nachdem er von der Rennstrecke gedrängt wurde. Dass die Stewards gegen Verstappen keine Strafe aussprachen, hat für ihn zwei Wochen später aber auch etwas Gutes: Freifahrtschein durch den geschaffenen Präzedenzfall.

"In dem Moment war es sehr frustrierend. Aber rückblickend bin ich glücklich, dass wir jetzt so Rennen fahren können", sagt der 21-Jährige. Vor zwei Wochen störte er sich vor allem daran, dass das Vergehen des Abdrängens zu seinem Nachteil plötzlich nicht mehr bestraft wurde, nachdem dies in der Vergangenheit stets so gehandhabt wurde.

"Es gab andere Zwischenfälle in der Vergangenheit, die weniger heftig waren, aber bestraft wurden. So wie das Manöver war, hatte ich das Gefühl, dass es mit Blick auf Strafen in der Vergangenheit hätte bestraft werden müssen", erklärt er, weshalb er am Red Bull Ring kein Verständnis für die Entscheidung aufbrachte.

Leclerc sieht freie Bahn für mehr Aggressivität

Nachdem das Manöver Verstappens straffrei blieb, will er in Zukunft auch nicht mehr davor zurückschrecken, im Zweikampf härter ranzugehen. "Als Fahrer willst du immer so nah wie möglich am Limit sein, das dir von den Regeln vorgegeben wird. Ich werde definitiv etwas ändern und meine Aggressivität anpassen", kündigt er an.

Dass das Vergehen des 'Forcing another driver off the track' weiterhin im Regelbuch verankert ist, spielt nach der Entscheidung von Österreich für ihn keine Rolle mehr. "Natürlich ist es besser, wenn es offiziell ist und jeder es weiß. Aber jetzt werde ich daraus einfach schlussfolgern, dass wir etwas weiter gehen können, was unsere Aggressivität auf der Rennstrecke angeht."

Leclerc fordert beständige Entscheidungen der Stewards

Dass Leclerc selbst kein Kind von Traurigkeit ist, zeigte er sowohl in den Nachwuchsserien als auch in seiner kurzen Zeit in der Formel 1. "Ich will nur, dass die Entscheidungen beständig sind. Dann fahre ich gerne so Rennen", fordert er, dass die Stewards ab jetzt konsequent mehr Härte zulassen. "Ich denke, das ist gut für die Formel 1. Das ist, was wir Fahrer wollen. Wir möchten nur wissen, was wir von den anderen erwarten können."

Was er von Verstappen erwarten kann, weiß er bereits seit Kindertagen: "Max und ich kennen uns aus dem Kartsport sehr gut. Ich weiß, dass er ein aggressiver Fahrer ist, und du passt dich auch immer deinem Gegner an."

Sebastian Vettel: Formel 1 ist Racing und kein Kindergarten

Teamkollege Sebastian Vettel, in Kanada zuletzt selbst Empfänger einer mehr als umstrittenen Strafe, ist einfach froh, dass die Stewards diesmal die Füße stillgehalten haben. "Ich bin ja kein Fan von Strafen. Ich glaube, meine Meinungen dazu habe ich dieses Jahr alle schon abgegeben", sagt er.

Auch er wünscht sich, dass in Zukunft eher gar nicht statt zu eifrig durchgegriffen wird: "Ich glaube, wir sollten in Zukunft einfach Entscheidungen für den Sport und nicht für den grünen Tisch treffen. Ich denke, es war Racing. Das ist kein Kindergarten. Ich denke, es ist in Ordnung. Wir wollen nur, dass Entscheidungen für den Sport getroffen werden."

Was die eigene Herangehensweise nach dem Präzedenzfall angeht, lehnte der Routinier sich im Gegensatz zu Leclerc allerdings nicht zu sehr aus dem Fenster. "Kein Kommentar", so der viermalige Weltmeister, bevor ihm jemand im Falle eines Falles daraus noch einen Vorsatz andichten kann.