Formel 1 2019: 5 Brennpunkte vor dem Großbritannien GP: (07:37 Min.)

Die Formel 1 wurde in Spielberg nach neun Rennen aus dem Würgegriff der Mercedes-Dominanz befreit. Doch was der Red-Bull-Sieg von Max Verstappen wirklich wert war, zeigt sich in Silverstone. Beim Grand Prix von Großbritannien werden die Karten wieder neu gemischt - sowohl an der Spitze als auch im Mittelfeld.

Mercedes fürchtet nach der ersten Niederlage des Jahres weitere Schwierigkeiten, Ferrari läuft wie üblich dem ersten Sieg hinterher und Red Bull will die Form aus Österreich bestätigen. Außerdem erwartet Teams und Fahrer ein neuer Asphalt. Die Brennpunkte für das Rennen im 'Home of British Motor Racing'.

Brennpunkt #1: Hat Mercedes wieder Probleme?

Spielberg war für die Weltmeister eine unwillkommene Abwechslung. Die silberne Siegesserie fand am neunten Wochenende des Jahres ihr Ende - und zwar nicht, weil Lewis Hamilton und Valtteri Bottas wie 2018 von der Technik gestoppt wurden. Die Konkurrenz von Red Bull und Ferrari gewann in der Steiermark tatsächlich die Oberhand, nachdem die Sommerhitze Mercedes' Achillesferse offenlegte.

"Ich hoffe wirklich auf typisch englisches Wetter in Silverstone, damit wir etwas Zeit gewinnen um unsere Probleme auszusortieren", so Mercedes-Teamchef Toto Wolff, dem es vor einer neuerlichen Hitzeschlacht graut: "Ich denke, wir hatten so 34 oder 35 Grad Celsius. In Paul Ricard waren es 28, das war das Limit." Der Wetterbericht dürfte den Österreicher freuen, denn mehr als 21 Grad Celsius soll der britische Sommer am Wochenende nicht zu bieten haben.

Doch auch die Rennstrecke in Silverstone soll dem Team beim ersten Heimrennen der Saison mehr in die Karten spielen als der Red Bull Ring. "Ich denke, dass die Leistungsabgabe in den schnellen Kurven keinen so großen Unterschied macht", schätzt Wolff den Power-Vorteil von Ferrari für Silverstone als unerheblich ein: "Ich glaube, dass uns Silverstone besser liegen sollte. Vielleicht nicht so gut wie Paul Ricard, aber viel besser als Österreich."

Brennpunkt #2: Gelingt Ferrari der Befreiungsschlag?

Zweieinhalb Runden und damit weniger als drei Minuten trennten Charles Leclerc in Österreich von seinem allerersten Formel-1-Sieg, als Max Verstappen dem Monegassen und seinem Team einen Strich durch die Rechnung machte. Ferrari wartet damit weiter auf den erlösenden ersten Sieg in der aktuellen Saison - und die verpasste Chance schmerzt.

"Ich erwarte Mercedes in den nächsten Rennen noch immer sehr, sehr stark. Wir sind noch nicht auf dem Level von Mercedes", so die Einschätzung Leclercs, der offenbar nicht damit rechnet, so schnell noch einmal die Chance auf einen Sieg über die Silberpfeile zu bekommen. 2018 jedoch lief es für die Scuderia in Silverstone mit einem Sieg durch Sebastian Vettel ausgezeichnet.

Höchstwahrscheinlich ist Mercedes zwar stärker als in Österreich, doch Ferrari darf sich auf der Power-Strecke berechtigte Hoffnungen machen, dass es zumindest keine Luftnummer wie in Le Castellet wird. Außerdem halten Updates am SF90 die Hoffnung auf Besserung am Leben, wie Vettel sagt: "Wir haben jetzt noch Einiges vor, neue Teile für den nächsten Grand Prix. Damit geht's hoffentlich nochmal besser. Ich bin optimistisch, dass wir bald ein Siegauto haben werden."

Brennpunkt #3: Kann Verstappen den Sieg wiederholen?

Wochenende um Wochenende lautete die zentrale Frage, ob Ferrari endlich an Bahrain anknüpfen und Mercedes besiegen kann. In Spielberg kam den Italienern tatsächlich Red Bull zuvor. Der Sieg von Max Verstappen kam etwas überraschend und war dennoch keine Überraschung. Schließlich hieß der letzte Nicht-Mercedes-Sieger vor dem jüngsten Erfolg ebenfalls Red Bull, als Verstappen 2018 in Mexiko gewann.

"Ich freue mich wirklich auf Silverstone, besonders nach dem Sieg in Österreich. Es war ein wirklich spezieller Moment für alle im Team und für Honda. All die harte Arbeit beginnt sich auszuzahlen", so Verstappen in Hinblick auf den nächsten Grand Prix. Statistisch kein schlechtes Pflaster für die Bullen, war man hier doch bereits drei Mal siegreich. Jedoch datiert der letzte Triumph auf das Jahr 2012 zurück.

In der Hybrid-Ära war der von Verstappen 2016 im Regen herausgefahrene zweite Platz bisher das höchste der Gefühle. In den vergangenen Jahren wälzte Red Bull die fehlende Pace stets auf Motorenlieferant Renault ab. Diese Ausrede gibt es 2019 nicht mehr. Silverstone wird noch vor Spa-Francorchamps und Monza eine Rennstrecke, welche die Kombination Red Bull und Honda einer Feuerprobe unterzieht.

Brennpunkt #4: Welchen Einfluss hat der neue Asphalt?

Der Silverstone Circuit erhielt 2019 auf Wunsch der MotoGP das zweite Jahr in Folge eine Neuasphaltierung. Vergangenes Jahr wurde die Asphaltdecke von 1996 abgetragen, bei der die Motorrad-Piloten über massive Bodenwellen geklagt hatten. Der neue Asphalt brachte nicht die gewünschte Besserung, weshalb für diese Saison abermals ein neuer Belag aufgebracht wurde.

Pirelli bringt wie üblich die drei härtesten Reifenmischungen mit. Die Italiener erwarten noch einmal schnellere Rundenzeiten als auf der neuen Streckenoberfläche von 2018. "Der neue Asphalt wurde erst vor kurzem gelegt, also wird es interessant sein, welchen Einfluss er auf den Wettbewerb hat", sagt Pirelli-Manager Mario Isola.

Brennpunkt #5: Wer wird bestes britisches Team?

Das 'Home of British Motor Racing' ist gleichzeitig auch die Heimat der meisten Formel-1-Teams. Bis auf Ferrari, Alfa Romeo und Toro Rosso operieren alle Rennställe der Königsklasse von Großbritannien aus, die meisten Fabriken befinden sich in unmittelbarer Nähe zu Silverstone. Mit Mercedes, Red Bull, Renault und Racing Point treten drei der in UK ansässigen Teams allerdings unter einer anderen Landesflaggen an.

Die letzten verbliebenen 'Garagistas' sind McLaren und Williams. Das Duell der einst stolzen britischen Top-Teams dürfte relativ deutlich zugunsten McLarens ausgehen. Bezieht man Mercedes & Co. mit ein, sollten die Silbernen in der Wertung der britischen Teams die besten Karten haben. Etwas, das auch in Bezug auf die Lokalmatadoren unter den Fahrern zutrifft.

Anders als im vergangenen Jahr muss Lewis Hamilton den Union Jack aber nicht mehr alleine hochhalten. Mit Lando Norris, George Russell und Alex Albon bekommt der gleich dreifache Unterstützung. Durch die drei Rookies ist das Vereinigten Königreich in der Formel 1 wieder angemessen vertreten, wie es sich für eine Racer-Nation mit Leib und Seele gehört.