Charles Leclerc trug seine Niederlage im Formel-1-Rennen mit Fassung. Max Verstappen entriss dem Ferrari-Piloten seinen ersten Sieg in der Königsklasse kurz vor der Zielflagge. Beim umstrittenen entscheidenden Manöver schickte der Niederländer den Monegassen neben die Strecke. Leclerc kritisiert den Stil des Rennsiegers. Faires Racing sieht für ihn anders aus.

"Ich glaube, am Ende wäre es sowieso so ausgegangen. Aber das ist einfach keine Art zu überholen", sagt der 21-Jährige, der in der 69. von 71. Runden in Kurve drei von Verstappen niedergerungen wurde, nachdem er das Rennen vom Start weg souverän angeführt hatte. Das Duell der beiden Piloten zog sich über mehrere Runden, in denen Leclerc die Führung zunächst behaupten konnte.

Eine Runde zuvor hatte es Verstappen das erste Mal geschafft, sich beim Anbremsen auf Kurve drei innen neben den Ferrari zu setzen. Am Kurvenausgang holte sich Leclerc die Führung jedoch zurück. "Ich hatte das Gefühl, eine ziemlich gute Traktion zu haben. Bei seinem ersten Versuch hatte ich eine bessere Traktion und habe die Position gehalten. Beim zweiten Mal konnte ich das nicht, da ich neben der Strecke war", sagt Leclerc zu Motorsport-Magazin.com.

"Ich habe beim zweiten Mal etwas tiefer in die Kurve hineingebremst", schildert Verstappen die Szene aus seiner Sicht. "Wir hatten gegen Kurvenmitte, zum Ausgang hin, einen kleinen Kontakt. Aber ich denke, das ist Racing. Wir wissen, dass in der Kurve eine Kuppe ist. Erwischst du die falsch, so wie wir, fährst du geradeaus und dir geht der Platz aus."

Leclerc findet Verstappens Manöver unfair

Leclerc ist mit dieser Erklärung nicht einverstanden. Schließlich hatte es in der Runde zuvor auch ohne Kollision geklappt. "Ich habe genau dasselbe wie in der Runde zuvor gemacht. Deshalb habe ich nicht mit einem Kontakt gerechnet", sagt er. Der ausschlaggebende Umstand ist für ihn, dass Verstappen beim entscheidenden Move später einlenkte.

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"Wie Max gesagt hat, hat er etwas tiefer in die Kurve hineingebremst. Ich weiß nicht, ob er die Kontrolle verloren hat oder nicht. Aber es gab den Kontakt", so der Ferrari-Youngster, der am RTL-Mikrofon die Fairness des Manövers in Frage stellte: "Über das Manöver müssen die Stewards entscheiden. Für mich war es im Auto klar. Ich fand es nicht fair."

Ferrari-Teamchef hofft auf Entscheidung zugunsten Leclercs

Um 18:00 Uhr Ortszeit mussten beide Piloten bei den Stewards vorsprechen. Ferrari-Teamchef Mattia Binotto sieht das ähnlich. "In den Regeln sind das Auslösen einer Kollision und das Abdrängen eines anderen Autos festgelegt. Ich denke, beides ist in der Situation der Fall gewesen", so der Italiener gegenüber Sky UK.

Er hofft, dass der Fall zugunsten Leclercs entschieden wird: "Wir sind zuversichtlich, was das Ergebnis der Untersuchung angeht. Es ist dann natürlich schade um die Podiumszeremonie, aber wir haben Vertrauen in die Arbeit der Stewards."

Leclerc äußerte sich dazu nicht, gab sich wie schon bei seiner Niederlage in Bahrain gesammelt und souverän. Beim Wüstenrennen hatte er seinen sicheren ersten Sieg durch einen Defekt verloren und Haltung gezeigt. Auch das Manöver von Verstappen nahm er ohne Theater zu machen hin.

Doch wäre es in dieser Situation nicht angebracht, das Feuer eines Verstappens an den Tag zu legen? "Ich wurde zwar überholt, aber ich bin immer so. Außerhalb des Autos bin ich eine andere Person als im Cockpit", wiegelt er ab. Die Niederlage akzeptiert er außerdem aus einem anderen Grund.

Red Bull einfach schneller als Ferrari

"Ich denke, insgesamt war Red Bull heute sehr schnell und mit den Reifen einfach besser als wir", räumt er ein. Außerdem erwischte der Gegner ihn mit der Strategie auf dem falschen Fuß: "Wir hatten nicht damit gerechnet, dass Max so einen langen ersten Stint fahren würde. Dadurch war mein zweiter Stint schwieriger, weil wir so früh für den Hard-Compound gestoppt hatten."

Der Soft als Startreifen war für seinen frühen Boxenstopp in Runde 22 allerdings nicht verantwortlich. "Auf dem Medium zu starten hätte nichts geändert. Wir haben nicht gestoppt, weil der Soft tot war. Wir haben gestoppt, um uns vor Bottas zu schützen", sagt er. "Ich hätte auf dem Medium genauso gestoppt, um meine Track Position zu halten."