Die Formel 1 begibt sich in Österreich in den Spurt vor der Sommerpause. Die Mercedes-Dominanz ist auch vor dem neunten Rennen im Kalender auf dem Red Bull Ring ungebrochen - und die große Frage lautet: Wird jemand der silbernen Siegesserie noch vor Saisonhalbzeit ein Ende setzen?

Bisher hatten Lewis Hamilton und Valtteri Bottas die Konkurrenz fest im Griff. Ferraris jüngste Updates zündeten nicht. Die Italiener hoffen in Österreich auf Besserung, Red Bull beim Heimspiel auf das nötige Glück um Max Verstappens Sieg aus dem Vorjahr zu wiederholen.

Ferrari muss in Österreich nacharbeiten

Die Ernüchterung war Sebastian Vettel in Frankreich ins Gesicht geschrieben - und das schon nach dem Trainingsfreitag. Ferrari hatte für Le Castellet Updates von Frontflügel, Heckflügel und Bremsbelüftungen gebracht, der gewünschte Effekt blieb jedoch aus. Der Grand Prix auf dem Circuit Paul Ricard wurde wie von Teamchef Mattia Binotto angekündigt nicht zur Siegesfahrt in Rot.

Eine Woche später steht die Scuderia in Spielberg vor der Herausforderung, die Updates am SF90 auf den richtigen Weg zu bringen. "Wir sind froh, dass es so schnell weitergeht, denn das ist der beste Weg uns zu pushen und die Teile zu testen und zu verstehen, welche in Frankreich nicht nach Plan funktioniert haben", sagt Binotto.

Der Freitag wird damit zur Nacharbeit des vergangenen Wochenendes: "Wir haben einige Testobjekte, die wir evaluieren müssen. Hauptsächlich, um ein klareres Bild davon zu bekommen, weshalb einige der Updates in Le Castellet nicht wie erwartet funktioniert haben." Vettel versucht trotz des neuerlichen Rückschlags die Moral hoch zu halten.

"Ich sehe keine andere Herausforderung als letztes Jahr oder im Jahr davor. Wir stehen außerdem besser da als 2015 und 2016", sagt der viermalige Weltmeister. Die 2019 gesunkene Konkurrenzfähigkeit will er nicht an sich heranlassen: "Es macht keinen Sinn, darüber nachzudenken wo wir im letzten Rennen oder vor zehn Rennen waren, was Resultate und Abstände angeht. Wichtig ist, dass wir auf diese Rennen schauen und verstehen, was wir besser machen müssen."

Formel 1 2019: 5 Brennpunkte vor dem Österreich GP (09:39 Min.)

Red Bull hofft auf Hilfe durchs Wetter

Mindestens genauso ausgehungert wie die Scuderia ist mittlerweile Red Bull. Max Verstappen holte in dieser Saison bisher stets das Maximum für sein Team heraus, doch Siege waren ihm bisher nicht vergönnt. 2018 jedoch war er es, der in Spielberg zur Stelle war, als Mercedes strauchelte.

"Auf dem Red Bull Ring in einem Red Bull zu gewinnen war ein ganz besonderer Moment, und es war unglaublich mit so vielen österreichischen und niederländischen Fans", sagt der 21-Jährige. Was eine Wiederholung des Erfolges angeht, macht er sich allerdings keine Illusionen. "Wir brauchen vielleicht ein bisschen Glück", sagt er im Rahmen des Showruns in Graz.

Nachdem er in diesem Jahr bereits mehrfach die dritte Kraft hinter den Silberpfeilen war, glaubt er dennoch an seine Außenseiterchance: "Ich habe viel Vertrauen in das Auto und das Team. An einem perfekten Tag ist alles möglich." Red-Bull-Berater Dr. Helmut Marko hofft auf den Faktor Wetter.

"So hohe Temperaturen haben wir noch nirgendwo gehabt, das hat massive Auswirkungen", so der Österreicher. "Die Bremsbelüftung ist gleichzeitig ein aerodynamisches Hilfsmittel. Klebt man dort zu viel ab, werden die Bremsen zu heiß. Ist es zu wenig, stimmt die Aerodynamik nicht. Und auch bei der Motorkühlung weiß man nicht, ob es hält. Eventuell muss man Karosserieteile verändern oder aufschneiden."

2018 war neben dem Defekt-Teufel bei Mercedes aber vor allem der Reifen der große Trumpf in Red Bulls Ärmel. Verstappens Reifenmanagement war vor einem Jahr einer der entscheidenden Faktoren auf dem Weg zu einem dominanten Sieg. "Das ist unsere Hoffnung, dass dadurch [Verhalten der Reifen] ein paar Unwägbarkeiten ins Rennen kommen, dass es nicht wieder den üblichen Mercedes-Doppelsieg gibt".

Mercedes fürchtet die Hitze von Spielberg

Red Bulls größte Hoffnung ist gleichzeitig die größte Angst der Weltmeister. "Unser Abschneiden beim Großen Preis von Österreich war der Tiefpunkt der vergangenen Saison. Ein Doppelausfall nach zwei vielversprechenden Startplätzen in der ersten Reihe führte dazu, dass wir viele Punkte liegen ließen. Das Rennen war eine grausame Erinnerung daran, wie schnell die Dinge in unserem Sport falsch laufen können", so Teamchef Toto Wolff.

Für den neunten Sieg im neunten Rennen mahnt er zur Sorgfalt angesichts der am Wochenende besonders fordernden Bedingungen für Mensch und Material: "Gemeinsam mit der geringeren Luftdichte durch die Höhenlage der Strecke bedeutet dies, dass die Kühlung in Spielberg eine echte Herausforderung darstellen könnte."

Bisher hatte Mercedes die Zuverlässigkeit im Griff. Die spannendste Frage im Lager der Silberpfeile ist auch in Österreich der Kampf zwischen Lewis Hamilton und Valtteri Bottas. Der Finne muss mit 36 Punkten Rückstand in der Weltmeisterschaft langsam wieder den Anschluss finden. In Spielberg war er in den vergangenen beiden Jahren stark aufgelegt.

Formel 1 Österreich-Vorschau: Zweikampf des Best of the Rest

Der Kampf um den Titel des Best of the Rest entwickelte sich in den vergangenen Rennen immer mehr zu einem Duell zwischen Renault und McLaren. Acht Punkte liegt der britische Traditionsrennstall momentan vor seinem Motorenlieferanten aus Frankreich. "Das sind für uns gute Nachrichten, denn wir sind in dieser Lücke zwischen den Top-Teams und dem Mittelfeld", freut sich Carlos Sainz über das aktuelle Standing McLarens.

Der Spanier ist zuversichtlich, dass der MCL34 auf allen Rennstrecken konkurrenzfähig sein kann: "Wir müssen weiter Upgrades bringen und einfach so weitermachen wie bisher, denn das Team ist sehr gut in Form, sowohl an der Rennstrecke als auch in der Fabrik." Eine Garantie gibt es für ihn aber nicht.

"Wir dürfen nicht erwarten, dass wir immer das viertschnellste Team sein werden. Renault hat auch eine sehr gute Pace", warnt er vor seinem Ex-Arbeitgeber. Der musste nach Daniel Ricciardos Zeitstrafen in Frankreich Federn lassen. Seine sechs Punkte für den siebten Platz lösten sich nach zwei wilden Manövern in der letzten Runde in Luft auf.

"Ich weiß nicht was sie gefunden haben, aber sie sind stark. Sie sind für uns jetzt die Benchmark", sagt der Australier über den neuen Rivalen in Orange. In Canada, nur ein Rennen zuvor, hatte sein Team allerdings noch die Oberhand. In Frankreich lief es einfach nicht ganz perfekt.

"Unser Setup hätte besser sein können, und wie sich das Auto verhalten hat", sagt der siebenmalige Grand-Prix-Sieger. "Wir werden in Österreich sehen. Ich bin optimistisch, dass wir gut aussehen werden. McLaren hat es auch ohne Updates [Motor] hinbekommen, also haben wir Arbeit vor uns."

Formel 1 Österreich- Strecke: Red Bull Ring

Der Red Bull Ring steht im krassen Kontrast zu dem, was Fahrer und Fans am vergangenen Wochenende in Le Castellet erlebt haben. Der in die Steiermark eingelassene 4,326 Kilometer lange Kurs zählt zu den Lieblingen im Rennkalender. 2010 wurde er von Red Bull wiederbelebt, nachdem er zuvor fast ein Jahrzehnt dem Verfall überlassen war. Spielberg ist die kürzeste Runde im Jahr, doch sie ist deutlich anspruchsvoller als es auf den ersten Blick scheint.

Formel 1: Wetterbericht für Spielberg

"Der Formel 1 würde eine Abkühlung sicherlich genau so gut tun wie dem Rest Mitteleuropas, doch der Wettergott tut uns diesen Gefallen wie es aussieht am Wochenende nicht. An allen drei Veranstaltungstagen ist bestes Sommerwetter vorhergesagt, eine Gewitterfront erst für den kommenden Montag.

Formel 1 Österreich: Reifenwahl der Teams

Auf dem Red Bull Ring stehen den Teams die Reifenmischungen C2-C4 zur Verfügung. Vergangene Saison klagte der Großteil der Piloten bei sommerlichen Temperaturen über massives Blistering. Bei der Reifenwahl für das kommende Wochenende haben die meisten Teams trotz allem hauptsächlich auf den weichsten Reifen gesetzt. Lediglich Ferrari und Racing Point sind etwas breiter aufgestellt.

Formel 1 Österreich im TV und Live-Stream

In Österreich verfolgt die Formel 1 wie gewohnt den klassischen Europa-Zeitplan. Das Rahmenprogramm fällt in der Steiermark aber besonders üppig aus. Neben Formel 2, Formel 3 und Porsche Supercup dürfen sich die Fans vor Ort auf jede Menge Show-Einlagen wie Drifting, Kunstflug, Konzerte oder die Legends Parade mit Größen wie Dr. Helmut Marko oder Gerhard Berger freuen.