Daniel Ricciardo ist der große Verlierer des Frankreich GP 2019 der Formel 1. Ausgerechnet Ricciardo, könnte man ergänzen. Immerhin zählte der Australier zu jenen Fahrern, die dem Rennen in Le Castellet überhaupt so etwas wie Spannung verliehen. Gemeint ist natürlich der prickelnde Vierkampf am Rennende zwischen Ricciardo, Lando Norris, Kimi Räikkönen und Nico Hülkenberg.

Gleich zweifach bestraften die Stewards Ricciardo noch Stunden nach dem Rennen für zwei Aktionen innerhalb weniger Meter auf der letzten Rennrunde. Einmal, weil er Norris abgedrängt, sich so einen Vorteil verschafft habe. Das andere Mal, weil er Räikkönen überholte, indem er sich dabei komplett neben die Rennstrecke setzte. Insgesamt zehn Strafsekunden spülten Ricciardo zurück von P7 auf P11. Keine Punkte.

Ricciardo: Zurücklehnen nicht mein Stil

Ein bitterer Schlag für Renault - ausgerechnet beim Heimrennen. "Ich hoffe für das Team wirklich sehr, dass wir die Punkte nicht verlieren", sagte Ricciardo unmittelbar nach dem Rennen noch zu Motorsport-Magazin.com. Noch dazu wisse er nicht einmal, um was es überhaupt gehe, Lando oder Kimi.

Für ihn sei beides okay gewesen: "Von meiner Seite bin ich froh, dass ich es versucht habe. Ich bereue nichts! Egal was passiert. Denn es war die letzte Runde und ging um eine Position. Es ist nicht mein Stil, mich zurückzulehnen und im Zweikampf konservativ zu sein."

Kuriose Szene: Verstappen springt Ricciardo bei

Zudem habe er sich eine ziemlich gute Erklärung für die Stewards zurecht gelegt, beteuerte der Honeybadger. Einen Vorteil habe er sich jedenfalls nicht verschafft. "Das denke ich auch", wirft Verstappen ein, am Interview-Gatter gleich neben Ricciardo postiert. Ohnehin sei in le Castellet sowieso überall Asphalt, also irgendwie Strecke, so das Duo unisono. "Das ist das eigentliche Problem", meint Ricciardo.

Offensichtlich waren die Ricciardo-Argumente jedoch nicht gut genug. Trotz gekreuzter Finger kassierte Ricciardo gleich zweifach eine Abfuhr. Doch selbst mit dieser Gewissheit weicht der Australier kein Stück von seiner Position ab.

Ricciardo verkneift sich Ausraster

"Keine Reue. Ich habe es versucht. Das ist mir immer lieber, als mich zurückzulehnen, ohne Herz", twitterte Ricciardo nach dem Urteil. "Ich laufe Gefahr, einen Twitter-Rant abzusetzen. Aber das verkneife ich mir. Ich hoffe, alle wurden gut unterhalten."

In der offiziellen Renault-Presseaussendung geht es weiter. "Klar ist es enttäuschend, durch eine Strafe nach dem Rennen aus den Punkten zu fallen, vor allem beim Heimrennen des Teams. Aber die letzte Runde hat jede Menge Spaß gemacht, wir haben gekämpft und ich habe es genossen. Ich versuche es lieber, als es zu lassen. Den Zuschauern hat es sicher auch gefallen. Es ist schade, dafür bestraft zu werden, aber wir machen weiter."

Renault-Chef kritisiert: Einziger Spannungsmoment des Rennens - und der wird bestraft

Renault-Teamchef Cyril Abiteboul unterstützt seinen Piloten, teilt dessen Frust über das Urteil der Stewards. Vor allem wegen der verlorenen Renault-Punkte daheim, klar. Jedoch in einem ähnlichen Maß, weil die Formel 1 sich so einmal mehr auch selbst bestrafe.

"Es ist enttäuschend, weil es der vielleicht fesselndste Moment eines sonst ereignisarmen Rennens war, mit vier großartigen Fahrern, die da sicher und entschlossen in den letzten Kurven gekämpft haben", sagt der Franzose.

Norris-Aussage widerspricht Steward-Begründung: Ricciardo gar nicht gesehen

Kurios: Räikkönen und Norris, erst Opfer der Ricciardo-Manöver, dann Profiteure der Strafen, sehen die Aktionen selbst viel entspannter als die Richter. "Ich weiß nicht, wo er [Ricciardo] landete, und wo er wieder auf die Strecke zurückkam. Er war außerhalb meines Sichtfelds. Ich versuchte den Konter, dann ging mir bei der Ausfahrt einfach die Strecke aus", sagt etwa Norris.

Das passt eher schlecht zur Einschätzung der Stewards, die feststellten, Ricciardo sei in einem Winkel auf die Strecke zurückgekommen, der Norris gezwungen habe, von der Strecke zu fahren, um die Kollision zu vermeiden." Auf Nachfragen von Motorsport-Magazin.com formulierte Norris dann sogar noch deutlicher: "Von dem, was ich aus dem Auto sehen konnte, hat er für mich nichts falsch gemacht."

Räikkönen ebenfalls entspannt: Hat doch Spaß gemacht!

Räikkönen unterdessen ist das ganze Treiben kaum einer großen Erwähnung wert. Schon gar keiner negativen. "Die letzten Runden waren ziemlich intensiv und haben richtig Spaß gemacht!", jubelt der Iceman für seine Verhältnisse geradezu. "Es ist echt gut, dass wir wieder mit den anderen Autos im Mittelfeld kämpfen konnten und voll dabei waren.Wir hatten den Speed und haben dafür am Ende auch ein gutes Ergebnis erhalten."

Gestern sei er ja noch enttäuscht gewesen, es durch einen Fehler nicht ins Q3 geschafft zu haben. "Aber rückblickend war das jetzt sogar ein Gottesgeschenk, dass ich es nicht geschafft habe. Denn so musste ich nicht auf den Softs starten."