Während sich beim Kanada GP der Formel 1 ganz vorne an der Spitze große Dramen abspielten, blieb es um Charles Leclerc das ganze Rennen über ruhig. Von Startplatz drei aus kam er nach 70 Runden auch auf Platz drei ins Ziel und holte ein solides Podium.

Nach einem enttäuschenden Qualifying war die Leistung im Rennen für Leclerc ein bisschen eine Wiedergutmachung, und auch ein Beweis, dass er mit Vettel und Hamilton an der Spitze im Rennen dann mithalten konnte. In den letzten Runden holte Leclerc noch einmal auf die Führenden auf, und war am Schluss fast in Reichweite, um zumindest von Vettels fünf Strafsekunden zu profitieren.

Von der wusste Leclerc aber bis zur Auslaufrunde gar nichts - erst nachdem er abgewunken wurde, informierte ihn Ferrari über die Strafe und den verlorengegangenen Sieg des Teams. Ein Fehler, gibt das Team später zu.

Leclerc wusste nichts: Nicht für Vettel langsamer gemacht

"Aber er hat trotzdem noch gewonnen?", war Leclercs erste Reaktion, als ihn sein Renningenieur auf der Auslaufrunde über die Strafe für Vettel informierte. Auf die verneinende Antwort reagierte Leclerc prompt: "Ah, fuck, scheiße."

Leclerc fühlte in Kanada mit dem bestraften Teamkollegen Vettel, Foto: LAT Images
Leclerc fühlte in Kanada mit dem bestraften Teamkollegen Vettel, Foto: LAT Images

"Ich wusste gar nichts", bestätigt Leclerc nach dem Rennen in der Pressekonferenz. "Ich habe einfach gepusht, falls etwas passieren sollte, um dabei zu sein, wenn sich die Chance ergibt. Aber von den fünf Sekunden wusste ich nichts, ich fuhr einfach mein eigenes Rennen."

Unwissend kam Leclerc mit etwas besseren Reifen und sauberer Luft am Ende des Rennens noch einmal richtig nahe an Vettel und Hamilton heran. Nur etwas über eine Sekunde hätte er am Ende noch näher an Vettel dran sein müssen, dann hätte er dessen zweiten Platz übernommen.

Ferrari gibt Fehler zu: Haben auf Strafe vergessen

Nach dem Rennen hat Ferrari eine geradezu bizarre Erklärung dafür parat, warum man Leclerc nicht informierte. "Es ist sehr viel los auf dem Kommandostand, und wir haben es einfach vergessen", gibt Teamchef Mattia Binotto zu. "Wir haben es nicht getan, hätten es aber tun sollen." Den Fehler gesteht er ein.

Allerdings stellt Leclerc kurz darauf klar: "Es hätte meinen Ansatz nicht verändert. Ich habe hart gepusht, um sie einzuholen. Habe gesehen, dass sie eng beisammen waren und gekämpft haben." Er wollte am Ende des Rennens unbedingt noch in Schlagdistanz sein, um bei eventuellen Fehlern noch in den Kampf um den Sieg eingreifen zu können.

Leclerc lässt schnellste Runde bleiben: Falls etwas passiert

Auf diese Chance vertrauend schlug er auch das Angebot von der Ferrari-Boxenmauer aus, sich frische Soft-Reifen für einen Angriff auf die schnellste Runde zu holen. Wie es Valtteri Bottas hinter ihm tat, der spät noch einmal die schnellste Runde auf neuen Soft-Reifen fuhr.

Leclerc aber blieb, obwohl er nach hinten genügend Platz gehabt hätte, auf der Strecke. "Weil ich sehen konnte, dass die Lücke sich schloss", wiederholt er sich. "Ich wusste, es würde schwierig sein, sie noch einzuholen, aber falls sich eine Gelegenheit ergeben sollte, wollte ich dort sein. Ich habe nicht aufgegeben, aber am Ende hat es sich nicht ausgezahlt."

Leclerc mit Rennen zufrieden: Ferrari am Sonntag stark

Abgesehen vom kleinen Chaos der vergessenen Strafe gibt es im Leclerc-Lager zumindest nach dem Rennen keine Beschwerden. "Schade, dass ich gestern im Qualifying Fehler gemacht habe", meint Leclerc. "Heute war ich um einiges zufriedener, und ich denke, unsere Renn-Pace war ziemlich stark."

Er verlor zu Beginn zwar ein bisschen Zeit auf die Führenden Vettel und Hamilton, doch das war einer anderen Strategie geschuldet. "Wir haben die Pace kontrolliert, weil wir wussten, dass wir lange auf diesem Reifen fahren würden", erklärt Leclerc. Er fuhr auf seinen Medium-Reifen sieben Runden länger als sein Teamkollege, bevor er auf Hard wechselte.

"Wir blieben etwas länger draußen, um uns gegen ein Safety Car oder ein Virtual Safety Car abzudecken", erklärt Leclerc. "Aber da haben wir etwas Zeit verloren, weil das nie passiert ist. Am Schluss haben wir sie dann trotzdem wieder auf dem Hard eingeholt, daher war das Rennen von meiner Seite aus ganz gut."

Traurig stimmt ihn dann nur wieder der verpasste Sieg - nicht, weil er ihn verpasst hat, sondern weil das Team ihn verpasst hat: "Das Team hat mehr verdient, ich bin traurig und enttäuscht wegen Seb. Wir hatten Platz eins in unseren Händen. Schade, dass er uns so davongerutscht ist."