Besser als Ferrari im zweiten Training zum Formel-1-Rennen in Montreal kann man einen Spieß kaum umdrehen. In der ersten Session noch eine stramme Sekunde hinter Mercedes, konterten Sebastian Vettel und Charles Leclerc am Nachmittag des ersten Trainingstags in Kanada mit einer Doppelspitze. Bestzeit für den Monegassen, Vettel keine Zehntel dahinter vor Valtteri Bottas. Lewis Hamilton verlor nach einem Unfall noch dazu fast die ganze Session und damit jede Menge Daten.

Ist Ferrari also tatsächlich zurück? Waren die Hoffnungen auf das rote Comeback dank langer Geraden des Circuit Gilles Villeneuve voll und ganz berechtigt? Nicht für Vettel. "Ich glaube, man darf das Ergebnis am Freitag jetzt nicht überbewerten", winkt der Deutsche ab. "Die anderen hatten jetzt nicht unbedingt ein so gutes Training, was die eine Runde angeht. Aber es war heute auch keine sehr aussagekräftige Session, weil die anderen Probleme hatten", erklärt Vettel.

Vettel: Auf Mercedes fehlt Ferrari auch in Kanada noch etwas

Noch dazu sei es auch bei Ferrari selbst, trotz der Bestzeiten, längst nicht ideal gelaufen. "Das Auto fühlt sich noch nicht ganz so an, wie ich es haben will", rezitiert Vettel sein übliches Statement an Freitagen. "Aber auch alles in allem fehlt uns glaube ich noch ein bisschen was auf die Spitze. Mercedes war über den ganzen Tag gesehen schon das Team, das das Tempo angegeben hat", meint Vettel.

Ferrari sei allerdings längst nicht am Ende des Lateins. "Wir haben da noch ein paar Dinge, die wir morgen noch probieren wollen. Und da bin ich ziemlich neugierig, wie sich das Auto dann anfühlt und es im Qualifying aussieht", berichtet Vettel ziemlich geheimnisvoll. Hat Ferrari eine Idee, noch extrem viel Pace im SF90 zu entfesseln?

Sebastian Vettel neugierig: Neuer Ferrari-Ansatz am Samstag?

Doch an einen Angriff auf Mercedes scheint Vettel dennoch nicht zu glauben. Frage: Wie nah kann Ferrari Mercedes denn kommen? Antwort: "Hoffentlich näher als wir denken. Sagen wir es mal so." Echte Zuversicht klingt anders. "Ich denke, dass Mercedes absolut in der Favoritenrolle ist", bekräftigt Vettel weiter. "Da ist noch immer ein ordentlicher Abstand. Wir sind nicht die Schnellsten, auch wenn es auf eine Runde heute vielleicht so aussah."

Charles Leclerc stimmt zu. "Ich erwarte weiter, dass Mercedes hier das schnellste Auto hat. Nur weil wir heute Erster und Zweiter waren heißt das nicht, dass wir es auch morgen sind", sagt der Monegasse. "Mercedes ist schneller, das war heute nicht das wahre Bild", ergänzt der Trainingsschnellste.

Speziell der Renntrimm macht Ferrari Sorgen. Einmal mehr wegen der Reifen. Das hatte man bereits am Boxenfunk gehört. "Die Hinterreifen schmelzen", funkte Vettel da an einem Punkt. Nach dem Training bestätigt der Ferrari-Pilot, dass es sich dabei nicht nur um eine Momentaufnahme handelte.

Ferrari lässt Reifen leiden

Vettel: "Es war kein toller Tag in Sachen Reifen, die hielten nicht sehr lang. Die ganz weiche Mischung vor allem. Sooo schlecht war es insgesamt jetzt zwar auch nicht, aber wir müssen das verbessern, um das Auto auch für Sonntag in eine sehr gute Position zu bringen." Leclerc erklärt die Probelme mit einem Mangel an Abtrieb: "Wenn du auf den Geraden so schnell bist, dann leidest du eben in den Kurven."