Lewis Hamilton in der Wand. Der Formel 1 bot sich am Trainingsfreitag in Montreal ein äußerst seltenes Bild. Der Weltmeister wurde nach einem Fahrfehler zum Opfer des gnadenlosen Circuit Gilles-Villeneuve und verpasste dadurch das 2. Freie Training fast vollständig. Mercedes mit Valtteri Bottas in Kanada vorerst nur noch zweite Kraft hinter Ferrari.

"Es war ein unschuldiger Fehler", rechtfertigt Hamilton den verhängnisvollen Schnitzer nach nur acht Runden im FP2. Der Brite hatte in Kurve neun das Heck verloren und war nach einem langen Slide mit dem rechten Hinterrad hart an der Mauer angeschlagen. "Ich fuhr mehrere Runden auf dem Medium-Reifen und versuchte wirklich, das Limit zu finden."

Hamilton schätzte die Situation im kritischen Moment falsch ein. Als der F1 W10 ausbrach, versuchte er die Kurve in einem gekonnten Drift ausklingen zu lassen - was bis zu einem gewissen Punkt auch machbar aussah. "Offenbar ging ich etwas zu weit. Ich hatte aus Turn 9 heraus einen heftigen Rutscher und driftete für eine lange Zeit. Ich hoffte, die Wand nicht zu erwischen", erklärt der fünfmalige Champion.

Hamilton nach Unfall in einer ungewohnten Lage

Der Schaden an Felge und Reifen war sofort ersichtlich. Hamilton fuhr im Schneckentempo zurück an die Box. Dort wurde die komplette Hinterachse des Silberpfeils getauscht. "Die Jungs haben wirklich alles gegeben, um es zu reparieren. Aber leider hat die Zeit nicht gereicht", so Hamilton, der letztendlich den Rest der Session in der Garage blieb.

"Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal eine gesamte Session verpasst habe. Es fühlt sich an, als ob man beim Schulleiter im Büro sitzt und sich wünscht, wieder in den Klassenraum zurück zu dürfen", so Hamilton zerknirscht. Nach seiner Bestzeit am Vormittag wurde er ohne Qualifying-Run im FP2 mit seiner Rundenzeit auf Medium nur Sechster.

Hamilton ist nach dem Rückschlag trotzdem positiv gestimmt. "Diese Dinge passieren. Du musst es einfach sofort hinter dir lassen und zurück aufs Pferd steigen. Zum Glück hatte Valtteri heute eine gute Session. Davon werden wir viel analysieren können. Die Jungs werden einen guten Job machen, das Auto heute Abend zu reparieren und wir werden morgen bereit für einen besseren Tag zurückkommen."

Bottas skeptisch: Mercedes im FP2 schwieriger zu fahren

Bottas landete im FP2 zwar nur rund anderthalb Zehntel hinter der Bestzeit von Charles Leclerc, doch ganz perfekt lief der Tag für den Finnen auch nicht. Er verlor am Vormittag durch einen Defekt etwas Zeit. "Wir hatten bei Valtteri morgens ein Problem mit dem Benzinsystem, welches wir zum Glück verstanden und für morgen behoben haben sollten", sagt Mercedes-Technikchef James Allison.

"Das Auto fühlt sich gut an, aber wir haben noch Arbeit vor uns", sagt Bottas trotz des geringen Rückstandes auf Ferrari. "Das Auto war mit den Änderungen für das FP2 schwieriger zu fahren. Aber es hat sich auch etwas schneller angefühlt. Wir müssen uns anschauen, ob wir für das FP2 etwas hätten besser machen können und was wir morgen machen."

Die Basis stimmt bei den Weltmeistern aber wie immer. "Das Auto war auf den Longruns sowie auf den Shortruns stark", so Bottas, der an diesem Wochenende aber weiter mit dem von vornherein erwarteten Fight gegen die Scuderia rechnet. "Ferrari war auf den Geraden sehr schnell. Ich erwarte, dass es morgen sehr eng wird."