Prototypen, Reifen-Tests: Die Formel-1-Testfahrten innerhalb der Saison zählen nicht gerade zu den aufregendsten Tagen der Saison. Es sei denn die Rookies sorgen für Schlagzeilen. Weil auch die beiden Tage aktuell in Barcelona offiziell als Young Driver Tests firmieren [qua Reglement ist Young Driver, wer maximal zwei F1-Rennen bestritten hat], ist das nicht einmal unwahrscheinlich. Gleich vier dieser Nachwuchspiloten durften am Dienstag ran.

Dieses Mal reichte alleine der Name Schumacher nicht für Schlagzeilen. Anders als zuletzt in Bahrain war Mick nicht dabei. Doch ein Ferrari-Junior war es noch immer, der für den einzigen Aufreger sorgte: Callum Ilott. Der 20-jährige Brite, auch Sauber-Junior, sonst in der Formel 2 mit Charouz unterwegs, nahm Platz im Alfa Romeo C38, den am Mittwoch wieder Kimi Räikkönen übernehmen wird.

Ilott-Crash nach starkem Alfa-Auftakt

Wenn er ihn denn übernehmen kann. Denn: Ilott leistete sich keinen Einstand nach Maß und stopfte seinen Alfa Romeo gleich einmal in die Streckenbegrenzung. Immerhin: Bis zu seinem Patzer ließ sich der junge Brite viel Zeit. Bis 15 Uhr war alles glatt gegangen. Mehr als glatt sogar. "Ich war nervös, klar. In so ein Auto zu steigen", so Ilott über eine der brachialsten Maschinen überhaupt, einen Formel-1-Boliden.

"Aber ich war gut vorbereitet. Es war aber unglaublich, welchen Kurvenspeed du hier mitnehmen kannst. Dann die Power. Einfach klasse. Das war dann schon ein kleiner Schock", schwärmt Ilott von seinem Debüt. "Ich fühlte mich aber gleich wohl im Auto und kam gut zurecht. Am Morgen haben wir so unser Testprogramm geschafft und das Team war zufrieden."

Unfall ein Rätsel: Was war der Auslöser?

Für Alfa nach einem mysteriös schwachen Spanien GP ein auch sehr wichtiger Befund. Zudem kein falscher Eindruck: Alfa lobt den Youngster in den höchsten Tönen. "Bis zu seinem Crash hat er das Team nicht nur mit Konstanz (normalerweise hat ein Rookie Höhen und Tiefen), sondern auch mit Feedback zum Auto beeindruckt", lässt Alfa per Pressaussendung wissen. Ilott selbst sieht das, reduziert auf den Unfall, kritischer: "Ich bin komplett enttäuscht von mir und für Alfa Romeo. Es fühlt sich natürlich an, als hätte ich das Team im Stich gelassen", wird Ilott dort zitiert.

Alfa Romeo war bis zum Unfall mehr als zufrieden mit Ilott, Foto: LAT Images
Alfa Romeo war bis zum Unfall mehr als zufrieden mit Ilott, Foto: LAT Images

Doch als Motorsport-Magazin.com den jungen Briten dann noch zum Medientermin im Fahrerlager von Barcelona trifft, hat sich Ilotts Meinung schon wieder gewandelt. "Es wäre dann ohnehin nur noch um Performance-Runs für mich allein gegangen, aber schade für mich", so Ilott. "Wir müssen aber sowieso noch ansehen, was den Crash überhaupt verursacht hat", ergänzt er. "Denn es ist nicht so offensichtlich, wie es scheint."

Ilott rätselt: Alles war wie immer

Genau hier wird es spannend. Zumal es bei den Testfahrten keine TV-Bilder gibt. Mehr als ein in Kurve drei eingeschlagenes Auto war gar nicht auszumachen. Wie kam es also überhaupt zu dem Crash? MSM hakte nach. "Es war in Kurve drei. Ich bin den ersten Teil gefahren und dann ist es aus dem nichts heftig ausgebrochen. Es gab kein Anzeichen vorher, ganz plötzlich kam der Pendler. Deshalb ist es etwas unerklärlich. Denn auch der Wind war nicht anders, auch nicht, wie ich gefahren bin. Das sieht alles sehr ähnlich zu allen vorherigen Runden auf. Deshalb ist es etwas seltsam", schildert Ilott auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

Zuerst habe er gleich gedacht, ihm sei ein Fehler unterlaufen. "Ich nehme das auch auf mich, weil es eben ein Crash ist. Und als aufrichtiger Fahrer würde ich immer sagen, dass es mein Fehler war und ich es falsch gemacht habe, das Auto zum Ausbrechen gebracht habe. Aber wir müssen schauen, warum es passiert ist." Was Ilott vermutet: Weil er sich eben zunehmend eingewöhnt hat, erhöhte das sukzessive das Risiko: "Wenn du mit der Zeit mehr Speed aufnimmst, mehr ans Limit gehst, dann kann das mit diesen Autos aus dem Nichts passieren. Nervt aber, denn es lief gut."

Alfa Romeo schon am Rennwochenende anfällig

Vollgas gegangen sei Kurve drei, mit den weicheren Reifen, jedenfalls, so Ilott. "Aber das hat mich dann doch kalt erwischt." Tatsächlich schien der Alfa allerdings bereits im Rennen anfällig. So zeigte selbst F1-Routinier Räikkönen im Rennen an derselben Stelle einen kapitalen Quersteher, ehe er eine Kurve später durch das Kiesbett räuberte. Doch irgendwen beschuldigen, ob Team, Auto oder Wind will Ilott nicht. "Wenn, dann nur mich."

Seine Hochstimmung, das erste Mal F1 gefahren zu sein, schmälert der Crash mit etwas Abstand jedoch nicht. "Ich habe schon als Kind geträumt, in die F2 zu kommen. Jetzt ist es sogar F1, ich bin da - da kann ich gar nicht anders als happy sein. Auch nach so einem Tag und obwohl ich eben so sauer und genervt war." Den berüchtigten britischen Humor hat Ilott jedenfalls ganz klar behalten: "Das war vielleicht mein größter Abflug, den ich je hatte! Damit haben ich gleich an meinem ersten Tag in der F1 einen Rekord gebrochen!"

Ilott glaubt an neue Chance

Nein, gut sei das natürlich kein Stück. Alles andere aber sehr wohl. "Deshalb will ich jetzt nicht negativ sein. Ich habe bis dahin kaum einen bis keinen Fehler gemacht und fühlte mich immer wohler", sagt Ilott. Deshalb hoffe er jetzt, Crash hin oder her, auf eine weitere Gelegenheit. Natürlich so schnell es geht. "Klar, es ist nicht ideal, wenn sowas an deinem ersten Tag passiert. Aber ich hoffe, dass ich weitermachen kann, zu zeigen, was ich kann."

Insgesamt fuhr Ilott an seinem Testtag durch den Unfall nur 41 Runden. Seine Bestzeit von 1:19.819 reichte nur zum Vorletzten Rang im Klassement.