1. - S wie Startaufstellung

Als wären vier Doppelsiege zum Start der Formel 1 2019 nicht genug, zog Mercedes im Qualifying zum Spanien GP gleich die nächste Show ab. Mit einer überragenden Galavorstellung qualifizierte sich Valtteri Bottas meilenweit und Lewis Hamilton trotz schlechter Leistung für das F1-Rennen in Barcelona (Startzeit 15:10 Uhr, heute live bei RTL, Sky, ORF, SRF und im Live-Stream F1 TV) vor der Konkurrenz.

Hinter Polesetter Bottas und dem Weltmeister startet Sebastian Vettel als Dritter neben Max Verstappen. Für den zweiten Ferrari von Charles Leclerc reichte es durch eine leichte Beschädigung in der Qualifikation nur zu Startplatz fünf vor dem zweiten Red Bull Pierre Gaslys. Extrem dicht dran an den Top-3 direkt dahinter: die Haas von Romain Grosjean und Kevin Magnussen.

Daniil Kvyat und Lando Norris komplettieren die Top-10. Daniel Ricciardo erreichte diese zwar im Qualifying-Ergebnis, fällt durch eine Strafversetzung für Altlasten aus Baku in der Startaufstellung für den Spanien GP jedoch um drei Plätze zurück. Damit startet der Australier noch immer drei Positionen vor seinem Teamkollegen, Quali-Crasher Nico Hülkenberg (P16). Das Williams-Duell am Ende entschied George Russell deutlich für sich, durch eine Getriebestrafe steht allerdings der Brite statt Robert Kubica ganz hinten.

2. - S wie Start

Mit mehr als 560 Metern bis zur ersten Kurve zählt der erste und wichtigste Sprit des Rennens in Barcelona zu den längeren des Rennkalenders - und zu den bedeutsameren. Immerhin lässt sich auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya (vgl. Abschnitt 3) im weiteren Rennverlauf nur extrem schwer überholen. Die Pole gilt deshalb als noch wichtiger als in Monaco.

"Der Start ist hier sehr wichtig. Es ist einer der längeren Runs, da kommt auch der Windschatten-Effekt ins Spiel", sagt Pole-Mann Bottas. Zuletzt wehrte er Teamkollege Hamilton in Baku ab, zuvor allerdings unterlag er in China im Sprintduell. Zu diesem Bild will der Brite unbedingt zurückfinden: "Der Start ist entscheidend. Wenn ich es da morgen drehen kann, wäre ich echt happy."

In Spanien wird am Start um mehr als den letzten Zentimeter gekämpft, Foto: Sutton
In Spanien wird am Start um mehr als den letzten Zentimeter gekämpft, Foto: Sutton

Dieses Mal stehen nicht nur den Mercedes-Fahrern, sondern allen Piloten in den Top-10 die identen Waffen zur Verfügung. Alle erreichten Q3 mit dem Soft-Reifen. Maximaler Grip beim Launch aus der Startbox also. Niemand will beim vielleicht wichtigsten Start des Jahres etwas verschenken. "Wir denken, der Medium könnte am Start ein Nachteil sein", erklärt Toto Wolff im Grunde stellvertretend für alle.

3. - S wie Schlaftablette

Zu einem Schlafmittel exquisiter Güter entpuppte sich der Spanien GP in Barcelona schon so manches Mal. Das 4,655 Kilometer kurze Asphaltband in Katalonien zählt alles andere als zu den Strecken für beste Racing. Während der 66 Rennrunden sind Überholmanöver auf der Strecke so gut wie sicher Mangelware. Von einer regelrechten Überholfeindlichkeit ist die Rede. Deshalb drohen Prozessionen.

Für die Fahrer bedeutet das jedoch auch: Bloß nicht die Geduld verlieren und die Brechstange auspacken, sondern andere Chancen nutzen. "Es kommt auf die erste Kurve an und wie der Start läuft. Denn danach ist es hier ziemlich klar. Hier kannst du nur sehr schwer überholen", sagt Hamilton.

Doch hat er seine Rechnung ohne Ferrari gemacht. Die roten Renner sind einmal mehr die wahre Topspeed-Monster. Genau deshalb wittert Vettel trotz der bisher klaren Mercedes-Dominanz noch Chancen. "Der Topspeed wird uns sicherlich dabei helfen, auf der ersten Geraden Druck auf sie auszuüben", sagt der Deutsche.

Damit dürfte Vettel jedoch fast nur den Start meinen. Bei so viel Zeit, wie der Ferrari im letzten Sektor verliert, reicht auch der beste Topspeed kaum, um am Ende der Hauptgerade überhaupt nur dran zu sein. Bestes Beispiel: Verstappens erster F1-Sieg 2016. Damals verhinderte eine schlechte Traktion aus der letzten Kurve jede Angriffsmöglichkeit für Kimi Räikkönen.

4. - S wie Safety Car

Eine potentielle Chance nach dem Start für alle Geduldigen, die auf ihre Gelegenheit wittern: Bernd Mayländer. Und das ist keine schlechte: Allzu unwahrscheinlich ist ein Einsatz des Safety Cars - und damit eine zeitsparende Stopp-Option - in Barcelona nämlich nicht. In den zwei der vergangenen fünf Ausgaben kam es immerhin so weit. Dass der Circuit de Barcelona-Catalunya als einige nur noch weniger Strecken der Gegenwart noch über zahlreiche Kiesbetten verfügt, ist ein diesbezüglich nicht zu verachtender Faktor ...

Bekommt Bernd Mayländer wieder zu tun?, Foto: Sutton
Bekommt Bernd Mayländer wieder zu tun?, Foto: Sutton

5. - S wie Strategie

Wirft das Safety Car jedoch nicht gleich alles über den Haufen, bietet die reguläre Strategie in Barcelona so gut wie die einzige wirklich nennenswerte Überholchance. Stichwort Undercut. Weil Track Position in Barcelona König ist (vgl. Abschnitt 3), ist eine Einstopp-Strategie so gut wie Tradition.

Doch Toto Wolff deutet mit Blick auf die Reifenwahl für den Start bereits an, dass es 2019 vielleicht mal anders laufen könnten. "Außerdem hat man dadurch [hätte man Medium am Start] später weniger Möglichkeiten. Wir wissen noch nicht, ob es ein Ein-Stopp oder Zwei-Stopp-Rennen wird, aber wir wären unter Umständen dann gezwungen, den Hard zu fahren."

Der ist in Barcelona ausnahmsweise nicht komplett unterlegen, soll dennoch besser gemieden werden. Bei einem Zweistopp-Rennen macht der härteste Pirelli aber erst recht keinen Sinn - und diese Strategie empfiehlt Pirelli. In Barcelona sogar mit theoretisch größerem Delta gegenüber einem Stopp als sonst. Wäre da eben nur diese Track Position nicht. Doch wer eine perfekte Lücke im Verkehr findet, könnte so vielleicht den goldenen Strategiegriff tätigen.

6. - S wie Sieger

Das in dieser Rubrik traditionell letzte "S" heute schon an sechster Stelle. Weil es so offensichtlich ist wie nur eben möglich. "Die Mercedes sind weg", sagte Verstappen nach dem Qualifying über die Rennaussichten - und sagte damit eigentlich alles, was es zu sagen gilt. Überragende Longruns am Freitag, keine Chance für Ferrari und Red Bull. Läuft alles auch nur halbwegs regulär wird mit den Silberpfeilen niemand auch nur im Ansatz mithalten.

Dahinter sieht es mehrere Welten spannender aus: Wer holt den dritten Platz auf dem Podium? Red Bull und Ferrari zeigten sich nicht nur in der Qualifikation, sondern auch auf den Longruns weit mehr auf Augenhöhe.

7. - S wie Silberpfeil-Duell

Doch heißt Sieger nicht nur Team, sondern auch Fahrer. Genau das führt zum dieses Mal etwas anderen letzten Schlüsselfaktor: dem Silberpfeil-Duell. Wer macht das Rennen: Bottas oder Hamilton? Diese Frage wird durch den Schauplatz nur noch prickelnder. 2016 crashten Nico Rosberg und Lewis Hamilton in Kurve vier. Doppelausfall.

Drei Jahre später kommt Mercedes zum ersten Mal mit Bottas statt Hamilton als WM-Speerspitze nach Barcelona. Einem Bottas, der auch in Spanien bis dato stärker auffährt als Hamilton. Der Weltmeister ist also gefordert, muss den Finnen langsam einmal in die Schranken weisen. Schon in Baku kündigte Hamilton an, jetzt sei Schluss mit Nettigkeiten.

"Es fühlt sich nicht gemütlich für uns an", gesteht deshalb Toto Wolff trotz Dominanz. "Jeder weiß, dass die erste Kurve in Barcelona sehr wichtig ist, sie kann rennentscheidend sein." Allerdings vertraut der Mercedes-Teamchef voll auf die gute Beziehung seiner jetzigen Fahrer – ganz anders als zu Rosberg/Hamilton-Krisenzeiten.

"Beide waren sehr respektvoll miteinander auf und abseits der Strecke. Wir sind in einer anderen Situation als 2016. Wir wissen sehr wohl, dass es Rivalität zwischen den beiden gibt und sie sich auch intensivieren wird, je länger die Meisterschaft geht, wenn es zwischen den beiden um etwas geht", sagt Wolff. Doch so weit ist es eben noch nicht. Dennoch werde er seinen Fahrern vor dem Start noch eine Videos vorspielen und Szenarien durchspielen.