"Es ist sehr ähnlich. Ich sehe sehr viel von mir in Charles", sagt Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton über Sebastian Vettels 2019 neuen Teamkollegen Charles Leclerc. Schon in der Frühphase der vorherigen Formel-1-Saison 2018, der Rookie-Saison Leclercs bei Alfa Romeo Sauber, hatte der Mercedes-Star dem Youngster Rosen gestreut, eine große Zukunft prophezeit.

Der weitere Verlauf der jüngeren F1-Geschichte gab Hamilton bislang Recht. Leclerc ließ viele weitere starke Rennen folgen, wurde katapultartig zu Ferrari befördert. Genau dort, im berüchtigsten aller Haifischbecken in der Formel 1, beobachtet Hamilton den jungen Monegassen nun nur noch genauer. Immerhin handelt es sich jetzt um einen direkten Konkurrenten, einen, den man im Kampf um Siege, ja sogar den WM-Titel ernstnehmen muss.

Leclerc wie Hamilton: Gewinnen nicht erst morgen

Und zu beobachten gab es dabei bislang schon ausgesprochen viel. Insbesondere hinsichtlich des teaminternen Duells, Verhaltens und der ganzen Herangehensweise im Top-Cockpit. Die Parallelen zu Lewis Hamiltons eigener Anfänge in der Formel 1 drängen sich dabei auf. Hamilton war ebenfalls extrem jung, als er 2007 in einem Top-Cockpit saß. Etwas älter als Leclerc, dafür ohne Umweg Mittelfeldteam. Bei McLaren traf der britische Raketenstarter mit Fernando Alonso wie heute Leclerc auf Vettel auf einen mehrfachen F1-Weltmeister.

Ganz klar gebe es da Ähnlichkeiten, meint deshalb auch Hamilton. "Voll und ganz. Wenn du jung bist, willst du, wollte ich, so schnell in die F1 kommen wie nur möglich. Als ich da war, wollte ich so schnell wie möglich gewinnen. Es ist sehr ähnlich. Ich sehe sehr viel von mir in Charles", beschreibt Hamiltons den unbändigen Willen des 21-Jährigen. Etwa in Szenen wie Bahrain. Dort überholte Leclerc Teamkollege Vettel früher, als eigentlich von Ferrari angesagt worden war. Oder China. Dort diskutierte Leclerc am Funk teamstrategische Anweisungen.

Hamilton über Leclerc: Er muss jetzt nur so weitermachen

"Er macht bisher einen echt großartigen Job. Die Erwartungen sind hoch wenn du für ein großes Team wie Ferrari fährst, aber er macht das sehr gut. Er muss nur weitermachen, wie er es gerade macht, dann wir es ihm schon für ihn laufen", so Hamilton weiter. Damit meint der Brite nicht nur Pace, sondern auch den nötigen Willen, den nötigen Egoismus wie in Bahrain oder China. Oder die riesige Enttäuschung, in Bahrain nicht gewonnen zu haben. Auch wenn es erst das zweite Rennen als Ferrari-Fahrer war.

Braucht Ferrari einen Nummer-1-Fahrer? (09:46 Min.)

Mit der Rolle als zweite Geige dürfe man sich nie abfinden, wolle man ganz hoch hinaus. "Meine Philosophie als Rennfahrer war immer, die gleichen Chancen zu haben - gegen wen auch immer ich gefahren bin. Denn nur so kann ich zeigen, was ich kann", schildert Hamilton. "Ich bin in die Formel 1 gekommen, als es mehrfache Weltmeister gab, die Stellungen einforderten. Da konntest du schnell eine Nummer zwei in unterstützender Rolle werden", erinnert sich Hamilton an seinen eigenen Start neben dem gerade frischgebackenen zweifachen Weltmeister Fernando Alonso.

Hamilton: Erbitterte Racer rebellieren eben

"Während das eine privilegierte Position ist, in der du da bist, widerspricht es aber deinem Kernwert als Rennfahrer. Deshalb sage ich, dass ich weiß, wie Charles sich fühlt, weil er glaubt, dass er der Beste ist oder das Zeug hat, das Beste zu sein. Als Racer und erbitterter Wettbewerber rebellierst du irgendwie", schildert Hamilton den schwierigen, aber wichtigen Kampf, sich erst rein, dann durchzubeißen.

"Ich habe das erlebt und zu meinem Glück hat mein damaliges Team [McLaren] dann mit gleichen Spritmengen gearbeitet, denn damals waren es nicht gleich dieselben. Aber beim nächsten Rennen haben sie es dann gemacht und ich habe meinen ersten Grand Prix gewonnen. Das hat dann die rebellische Seite, die ich da an mir hatte, gerechtfertigt. Von da an fühlte es sich an, als ob ich eine sehr viel wahrere Chance hätte, meine Fähigkeiten zu zeigen."

Leclerc vs. Vettel: Eskalationspotential wie Hamilton vs. Alonso?

Tatsächlich endete Hamiltons Debütsaison letztlich damit, dass der Rookie dem zweifachen F1-Weltmeister Alonso dessen einzige teaminterne Niederlage seiner gesamten Formel-1-Karriere zufügen sollte. Nach Punkten ging das Duell zwar 109:109 unentschieden aus, genauso 4:4 nach Siegen. Doch hatte Hamilton einen zweiten Platz mehr eingefahren als der Spanier.

Vor allem endete die Saison aber im vollständigen Eklat bei McLaren - oder besser gesagt verlief schon ab Saisonmitte im Eklat und Fahrer-Zoff zweier Alphatiere. Bahnt sich bei Ferrari mit Vettel und Leclerc nun Ähnliches an? Der Nährboden dafür wäre ähnlich. Doch bis dato hat die Teamführung um Neo-Leader Mattia Binotto alles im Griff. Wenngleich Leclerc schon die genannten rebellische Züge zeigte, hat sich der Shootingstar letztlich nie komplett widersetzt.