Für das Haas F1 Team entpuppte sich der Aserbaidschan GP als Pleite mit Ansage. Vor dem vierten Rennen der Formel 1 2019 hatte das US-Team schon angekündigt, in Baku wohl kaum überzeugen zu können. Hintergrund: Bereits in Bahrain und China hatte Haas erheblich damit zu kämpfen, die Reifen auf Temperatur zu bekommen respektive zu halten. Wegen der extrem langen Hauptgeraden und ebenfalls nicht zu verachtenden Gegengeraden des Baku City Circuit fürchtete Haas daher eine nur noch verschärfte Situation.

Bedenken, die sich in Training, Qualifying und Rennen durchweg bestätigen sollten. Haas fuhr dem eigenen Anspruch und Potential meilenweit hinterher, kämpfte am Ende statt an der Spitze des Mittelfelds. Dass es dem eigentlich ebenfalls viel höher eingeschätzten ewigen Widersacher Renault am Kaspischen Meer sehr ähnlich erging, hellte die Stimmung im Lager um Teamchef Günther Steiner kaum auf.

Steiner: Auch Renault wird sich am Kopf kratzen

"Renault wird sich genauso am Kopf kratzen wie wir. Wir haben die schnellsten Autos, aber wir sind jetzt hinten", sagt der Tiroler nach dem Rennen in Baku zwar. "Aber es ist nie gut, wenn du so eine Enttäuschung erlebst. Und es ist ziemlich enttäuschend. Oder sehr enttäuschend." Oder ein Schock, wie Romain Grosjean nach dem Qualifying urteilte.

Das einzig Gute - alle anderen im Mittelfeld hätten mal heute, mal morgen auch Probleme - reicht Steiner da nicht als Stimmungsaufheller. Immerhin sei es Haas, das gerade vorrangig leide. Jedes Rennen sagst du 'Oh, sie haben ja nur ein paar Punkte auf uns gut gemacht'. Aber nach einer Weile sind ein paar Punkte eine Menge. Deshalb musst du vorsichtig sein und kannst da nicht zu positiv sein. Das ist nichts Positives."

Haas gibt zu: Bei Reifen gerade absolut schlechtestes Team

Der Grund allen Übel steht für Steiner eindeutig fest: Die in seinen Augen 2019 erneut noch schwieriger zu beherrschenden Reifen. "Es gibt einfach niemanden, der vollständig kontrolliert, was wir zu tun haben", poltert Steiner. Eine Ausrede für Haas sei das nicht. Dass sein Team es schlechter macht als alle anderen, weist Steiner gar nicht erst zurück.

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"Andere bekommen es ja zum Arbeiten, also müssen wir das auch. Es bringt nichts zu sagen 'Oh, es funktioniert nicht'. Neun Teams können es ans Arbeiten bekommen. Wer besser? Wer schlechter? Wir sind jedenfalls absolut die schlechtesten dabei. Dessen bin ich mir sehr bewusst", sagt Steiner. "Wir kennen also den Grund [für die zuletzt schwachen Haas-Performances], aber wir müssen schauen, wie wir es beheben können. Es ist sehr ernst. Mein Level an Zuversicht ist da momentan nicht sehr hoch, natürlich nicht, wie ihr euch vielleicht vorstellen könnt! Zuversichtlich? Nein. Wie müssen schauen, wie es läuft."

Steiner kritisiert: Bedeutung der Reifen viel zu groß

Früher oder später werde jedoch auch Haas mehr Herr der Lage werden. "Beim Test waren wir ja schon schnell und auch in Australien", erinnert Steiner. "Aber gerade bekommen wir es einfach nicht hin. Vier, fünf Runden sind wir schnell. Dann kommen wir in die Graining-Phase und dann kommen wir da einfach nicht mehr raus, weil unsere Reifen zu kalt werden. Dann sind wir fertig und rutschen nur noch rum", schildert Steiner das genaue Problem näher.

Im Ansatz, wenn auch weniger extrem ausgeprägt, sei das jedoch überall im Feld zu beobachten. "Jeder hat diese Probleme mit den Reifen, kann man ja sehen", meint der Tiroler. Voller Frust setzt Steiner daher zum Rundumschlag an. "Es ist ja nur noch eine Frage, wer am meisten damit kämpft", poltert der Haas-Teamchef. "Und gerade sind das wir. Was enttäuschend ist, weil wir ein gutes Auto haben."

"Das ist nicht die Formel 1"

Doch ärgere er sich nicht nur, weil es sein Team am härtesten treffe, sondern eben die gesamte Formel 1. Immer Reifen, Reifen, Reifen - darauf hat Steiner keiner Lust mehr. "Wir sollten einfach nicht dauernd darüber sprechen, ob ein Reifen funktioniert. Das ist nicht interessant und das ist nicht die Formel 1 wenn es nach mir geht", kritisiert Steiner erst, um dann zu karikieren: "'Hast du die Reifen zum Arbeiten bekommen? Ja, ich bin ja schnell.' 'Meine Reifen arbeiten nicht, deshalb bin ich langsam.'"

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Sätze wie diese hat Steiner satt. Das passe einfach nicht. "Wir geben Abermillionen Dollar für diese Autos aus, aber wenn die Reifen nicht im Fenster sind, können wir sie gar nicht benutzen", erklärt Steiner. Einzig Pirelli wolle er dafür nicht die Schuld geben. "Ich beschuldige auch uns selbst, wenn die anderen da bessere Lösungen finden. Aber grundsätzlich sollten wir nach dem Rennen nicht hier sitzen und darüber sprechen, ob nun die Reifen funktioniert haben oder nicht", meint Steiner.