Lewis Hamilton musste sich Valtteri Bottas in Baku knapp geschlagen geben - und zwar zweimal. Der Formel-1-Weltmeister war weder bei seiner Attacke am Start noch bei seiner Offensive in der Schlussphase gegen den Mercedes-Teamkollegen erfolgreich. Hamilton zu langsam für Bottas? Keineswegs! Der Champion war für sein Empfinden schlichtweg zu nett.

Die Schlüsselszene war wie schon vor zwei Wochen in Shanghai der Start. In China entschied Hamilton von Startplatz zwei aus das Rennen auf den ersten Metern für sich, als er Bottas erfolgreich ausbeschleunigte. In Baku sah es zunächst auch danach aus, als ob sich der Brite beim Run auf die erste Kurve durchsetzen würde.

Doch Hamilton hatte seine Rechnung ohne den neuen Valtteri Bottas gemacht. Der dachte gar nicht daran, in der ersten Kurve zurückzustecken. Über zwei Kurven hielt er auf der Außenbahn dagegen und verwies Hamilton letztendlich zurück auf seinen Platz. Letzterer war im Kampf gegen Bottas deutlich diplomatischer unterwegs als man es von seinen Duellen mit Nico Rosberg gewohnt war.

Dem einstigen Rivalen aus Go-Kart-Tagen schenkte Hamilton in der gemeinsamen Zeit bei Mercedes nie auch nur einen Zentimeter und schickte diesen dabei auch gerne mal weit, um die Machtverhältnisse klarzustellen. "Da war ich zu nett. Das werde ich nicht noch einmal machen", kündigt Hamilton für die Zukunft eine härtere Gangart gegen Bottas an.

Wolff will Hamilton und Bottas kämpfen lassen

Mercedes-Teamchef Toto Wolff sah die Szene mit Unbehagen. "Aber das muss man zulassen. Natürlich ist es nicht der angenehmste Platz, wenn die beiden dann richtig gegeneinander Rennen fahren. Aber das muss man zulassen", so der Österreicher am ORF-Mikrofon.

Wolff wird sich wohl an dieses Gefühl gewöhnen müssen, denn Bottas wird für den fünfmaligen Champion mit jedem Wochenende mehr zu einer echten Gefahr. "Gratulation an Valtteri. Er ist ein fantastisches Rennen gefahren und hat keine Fehler gemacht. Er verdient den Sieg", gönnt Hamilton seinem Rivalen den Triumph.

Hamilton hadert mit seiner Baku-Performance

Hamilton weiß, dass er im Rennen nicht hinter Bottas zurückfallen darf. "Ich habe alles im Qualifying verloren. Mehr gibt es da nicht zu sagen", ist der 34-Jährige davon überzeugt, das Rennen schon am Samstag verloren zu haben. Er ist mit seiner Gesamtleistung an diesem Wochenende nicht zufrieden.

"Es gab an diesem Wochenende viele Punkte. Im Qualifying war ich drei Zehntel vorne und hätte auf Pole sein können. Der Start war super, aber dann war ich zu brav", hadert Hamilton mit sich selbst. Dass er die Pace für den Sieg hatte, zeigte er in der Schlussphase. Fünf Runden vor der Zielflagge begann er Bottas vehement auf die Pelle zu rücken.

Die späte Attacke führte nicht zum Erfolg. Zwar fuhr Hamilton die letzten drei Runden im DRS-Fenster, doch er kam nie in die Position für einen Überholversuch. In der letzten Runde kam Bottas dann noch ein Windschatten von George Russell im Williams zur Hilfe.

Mercedes untersagte Hamilton frühe Attacke auf Bottas

Hamilton hätte gerne schon vorher Druck auf Bottas gemacht. Doch beim Restart nach der durch Pierre Gaslys Ausfall ausgelösten VSC-Phase verlor er über eine Sekunde auf Bottas. "Da war irgendetwas auf dem Dashboard. Wahrscheinlich war es mein Fehler, ich habe die Daten falsch interpretiert und dann viel Zeit verloren. Ich war am Ende nicht nah genug dran", erklärt er.

Eine frühe Attacke auf den Teamkollegen war aber ohnehin nicht im Fahrplan vorgesehen. "Wir wussten nicht, wie lange der Reifen hält. Deswegen haben wir gesagt, dass nur am Ende gekämpft wird und nicht vorher", sagt Wolff. Ihm war es außerdem ein Rätsel, weshalb Hamilton beim Restart nicht zurechtkam.

"Ich weiß nicht. In unserer Deltazeit war alles in Ordnung, aber Valtteri hat am Ende einfach cooler agiert. Der Finne behält die Nerven", meint der Mercedes-Boss. In der Weltmeisterschaft liegt Bottas nun wieder vor Hamilton. Dank seiner schnellsten Runde aus Melbourne hat er einen Punkt mehr auf dem Konto als der Titelverteidiger.

Hamilton freut sich für Mercedes: Bester Saisonstart

Die WM scheint nach 2016 erstmals wieder eine interne Angelegenheit zu werden. Hamilton freut sich über die neue alte Dominanz seiner Truppe: "Das ist der beste Saisonstart, den wir jemals hatten. Das ist eine Teamleistung. Jeder in der Fabrik hat unermüdlich gearbeitet und jedes Jahr kommen sie noch erfolgshungriger zurück."