"Das ist schon ein Schock." Besser als mit diesen Worten von Romain Grosjean lässt sich das Qualifying von Haas F1 zum Aserbaidschan GP 2019 kaum zusammenfassen. Im Zeittraining der Formel 1 auf dem 6,003 Kilometer langen Baku City Circuit ging das US-Team völlig baden, war der ganz große Verlierer im eng umkämpften Mittelfeld der Königsklasse.

Für Romain Grosjean war schon in Q1 Feierabend - und zwar deutlich: Eine Sekunde fehlte zum Erreichen des Q2. Dort kam Teamkollege Kevin Magnussen zwar noch an, allerdings nicht in Fahrt. P14. Nur nicht Letzter, weil Boxengassenstarter Pierre Gasly ohnehin keine Zeit setzte.

Renault & Haas: Erster Knockout schon in Q1

Doch war Haas nur einer von insgesamt zwei ganz großen Verlierern. Auch Renault ging im Qualifying am Kaspischen Meer unter. Wie Grosjean schied Nico Hülkenberg bereits in Q1 aus. Nur Williams war noch schlechter unterwegs. Für Daniel Ricciardo war mit P12 in Q2 ebenfalls vor dem eigenen Anspruch Feierabend.

Damit erwischte es ausgerechnet jene beiden Teams, die eigentlich als die stärksten Kräfte des Mittelfelds gelten. Aber warum? Vor allem bei Renault ist die Stimmung extrem gedrückt. Zwar hatten die Franzosen bereits am Freitag alles andere als gut ausgesehen, einfach keine Temperatur in die Reifen bekommen.

Doch hatten sich sowohl Hülkenberg als auch Ricciardo extrem zuversichtlich gezeigt, es am Samstag drehen zu können. Auch mit mehr Downforce gegenüber des extrem Flachen Heckflügels am Freitag. "Wir haben die Änderungen gegenüber gestern vorgenommen und damit einen Fortschritt erzielt", sagt Ricciardo. Aber keinen großen.

Hülkberg grübelt: Runde ordentlich, aber bei Weitem zu langsam

"Irgendwie kam gerade nicht viel zusammen", rätselt Hülkenberg über sein frühes Aus. Nur im Ansatz ist er sich der Gründe bewusst. "Bei der ersten Runde hatte sich ein Kollege verbremst und ist in den Notausgang gefahren. Da war meine Runde kaputt. Die zweite Runde habe ich mich dann selbst ein bisschen ausgebremst und dann kommt es auf den letzten Run an", schildert Hülkenberg. "Da war dann viel Druck, ist es dann immer."

Doch dann das große Fragezeichen: "Irgendwie hat es dann nicht gepasst. Meine Runde war eigentlich ganz ordentlich, aber die Zeit hat trotzdem bei Weitem nicht gereicht", grübelt Hülkenberg. "Ich habe mich dieses Wochenende noch gar nicht wohlgefühlt im Auto."

Haas verzweifelt am Grip

Nicht ganz so am Boden, aber noch immer enttäuscht, ist die Gemütslage bei Haas. "Wir kamen zwar schon in dem Wissen hierher, dass diese Strecke uns nicht liegen würde, aber wir haben unser Bestes versucht", erinnert Teamchef Günther Steiner. Haas hatte die Ansprüche also ohnehin schon heruntergeschraubt. Grund: Durch die langen Geraden erwartete Haas sein zuletzt großes Problem, die Reifen auf Temperatur zu halten, in Baku nur noch mehr betont.

Genau das sorgte dann offenbar für das verbaselte Qualifying. "Wir haben einfach keinen Grip generieren können", berichtet Grosjean. Wobei ähnlich wie bei Renault auch die Haas-Fahrer ziemlich grübelten, warum. "Schon im dritten Training hatte ich kein tolles Gefühl. Ehrlich gesagt war es von Beginn des Wochenendes an kompliziert. Deshalb habe ich für das Qualifying ohnehin keine Wunder erwartet", sagt Grosjean.

Grosjean schockiert: Gefühl plötzlich da, ganze Sekunde fehlt dennoch

"Aber dann haben da sogar etwas gefunden. Die Balance war besser und wir haben einen guten Job gemacht", schildert der Franzose. "Mit meiner Runde war ich auch zufrieden, aber als ich dann die Zeit gesehen habe, war ich ziemlich schockiert! Einmal davon, was gefehlt hat, um ins Q2 zu kommen und bei mir dann auch der Abstand auf meinen Teamkollegen. Auf Kevin waren es im ersten Run zwei Sekunden und im zweiten noch immer eine. Ich war überrascht, so weit weg zu sein. Denn es fühlte sich okay an. Nicht großartig, nicht wie Pole. Aber dass eine Sekunde auf Q2 fehlt. Das ist schon ein Schock."

"Ein Eindruck, den sein dänischer Teamkollege bestätigt. "Ich war auch recht happy mit dem Auto. Nur der Grip … Es war viel mehr eine Frage des fehlenden Grips als des Gefühls im Auto. Da stimme ich ihm zu", so Magnussen. "Das Auto hat sich okay angefühlt, war aber einfach nicht schnell genug, weil Grip fehlte. Das ist schon etwas enttäuschend wenn du die ersten drei Rennen immer in Q3 warst."

Magnussen hofft auf nächste Trendwende: Diesmal Rennen besser?

"Stattdessen hofft Magnussen, dass sich am Sonntag wieder ein anderer Trend zeigt: "In den ersten Rennen waren wir in den Qualifyings recht gut und in den Rennen nicht. Hoffentlich verläuft das morgen dann auch andersherum!" Dank der praktisch garantierten Chaos-Garantie in Baku könnten dabei auch externe Faktoren helfen. "Es ist ja immer ziemlich verrückt hier. Da gibt es noch viele Chancen", meint Magnussen. "Aber eigentlich wollen wir natürlich immer selbst konkurrenzfähig sein."

"Dass es aus eigener Kraft aufwärts gehen kann, bezweifelt Kollege Grosjean jedoch: "Wir können eigentlich nur hoffen, dass der Grip zurückkommt, sodass wir die Reifen warm bekommen und das Auto gut läuft."

Renault & Haas: Letzte Hoffnung Baku-Lotterie

"Deshalb braucht aus vor allem eines: Rennglück im aserbaidschanischen Racing-Irrenhaus. Steiner: "Es ist eine der Strecken, bei denen ich mit den Startplätzen, die wir jetzt haben, etwas weniger besorgt bin. Denn hier ist es sowieso eine komplette Lotterie, was im Rennen geschieht." Die Startplätze werden dabei dank der Strafen gegen Gasly und Antonio Giovinazzi für Haas sogar noch marginal besser.

"Allerdings kann das auch nach hinten losgehen. Das weiß Haas aus eigener, schmerzlicher Erfahrung. "Das heißt nicht, dass wir uns aus den Problemen raushalten können. Du weißt nie was passiert. Vergangenes Jahr sind wir mit Romain als Letzter gestartet, arbeiteten uns bis auf Platz fünf nach vorne - bis wir einen Crash hatten", erinnert Steiner. "Also ist hier alles möglich. Wir geben die Punkte nicht auf!"

"Auch in diesem Punkt gleichen sich Renault und Haas. "Ich glaube Baku ist immer unberechenbar. Man kann hier nichts nicht planen", sagt Hülkenberg. "Deshalb gilt es, bis zum Ende drin zu bleiben dann kann was bei rumkommen. Ich weiß nicht, wie repräsentativ die Pace vom Quali für das Rennen ist. Morgen wird ganz normal Rennen gefahren. Wir haben ja in der Vergangenheit gesehen, wie verrückt die Rennen hier sind. Am Ende wird gezählt."