Zum Formel-1-Rennen nach Baku reist Valtteri Bottas nicht mehr als WM-Leader. Die Spitze hatte der Finne beim vergangenen Rennen in China erstmals 2019 an Lewis Hamilton verloren. Dennoch erweckte auch in Shanghai einmal mehr Auftaktsieger Bottas den stabileren Eindruck der beiden Mercedes-Fahrer. Hamilton hatte das ganze Wochenende über sichtlich zu kämpfen.

Damit setzte sich ein Eindruck der bisherigen Saison weiter fort: Bottas scheint 2019 näher dran am Weltmeister. Doch warum? Nur der in den vergangenen Wochen oft bemühte Bottas 2.0? Oder steckt mehr dahinter als die Mentalität?

Kniffliges Auto = Mehr Probleme bei Hamilton?

Eine leichte Erklärung wäre ein altbekanntes Muster bei Mercedes. Oder besser gesagt bei Hamilton: Ist der Silberpfeil mal schwierig zu fahren, trifft das tendenziell Hamilton härter als seinen Teamkollegen. Egal, ob der Nico Rosberg hieß oder jetzt eben Bottas. Ein Bild, das mit Blick auf die vergangenen Jahre kaum von der Hand zu weisen ist.

Passend dazu die aktuelle Situation. Trotz seines in China pünktlich zum Qualifying gerade noch geglückten Comebacks meint Hamilton vor dem Wochenende in Baku nämlich weiter: "Bisher ist es dieses Jahr etwas härter mit dem Auto zu arbeiten. Es ist auf jeden Fall nicht leichter."

Hamilton noch nicht in Tritt: Reifen, Chassis-Kompromisse …

Das liege an einer Reihe von Dingen. Etwa den Reifen. "Da wird es jedes Jahr etwas enger, auch dieses", so Hamilton über die in seinen Augen immer schwieriger zu treffenden Arbeitsfenster der Pirelli-Pneus. Damit kämpfe zu Jahresbeginn jedoch jeder, nicht nur er.

Wie hat Mercedes Ferrari abgehängt? (10:36 Min.)

Ein anderer Punkt: das Chassis. "Sie versuchen eben ein Auto zu bauen, dass auf so vielen der 21 Strecken so gut wie möglich funktioniert", sagt Hamilton. Das mache es - gerade zu Jahresbeginn - schwierig, die richtige Balance zu finden. "Über die Saison lernt man dann mehr und mehr."

Bottas relativiert Hamilton-Muster

Doch genau das ist der springende Punkt. Befindet sich Hamilton schlicht noch nicht in seiner Komfortzone und sieht Bottas nur deshalb verbessert aus? Der Finne relativiert die Theorie, Hamilton brauche ein perfektes Auto, er selbst komme auch mit etwas weniger - und dann besser - zurecht. "Es hängt eher davon ab, wie sich das Auto verhält, wo es schwierig ist. Manchmal kann er dann mehr rausquetschen und manchmal scheint er mehr damit zu kämpfen", so Bottas. Für ihn gelte diesbezüglich dasselbe.

Stattdessen nennt Bottas einen anderen Aspekt, der das enge Bild zwischen ihm Hamilton erklären könnte. "Ich denke, dass ich dieses Jahr etwas direkt und vielleicht auch aggressiver dabei bin, wie große Änderungen du im Training vornimmst, in welche Richtungen du gehst", beschreibt Bottas einen neuen Ansatz in Sachen Setup-Arbeit.

Valtteri Bottas: Dank Erfahrung jetzt aggressiver beim Setup

"Über die Jahre gewinnst du da an Selbstvertrauen und weißt, was genau du vom Auto brauchst, damit es für dich schneller wird", erklärt der WM-Zweite. Bis dato habe das 2019 ausgesprochen gut funktioniert. "Es lief bisher ziemlich sauber, besonders in Melbourne und im letzten Rennen war ich sehr zufrieden damit, wo wir mit dem Setup waren."

Klingt nach einer Kleinigkeit. Doch genau die würden den Unterschied machen - auch im Duell mit Lewis Hamilton. "In der Lage zu sein, sich auf jedes kleine Detail zu fokussieren wird der Schlüssel sein, jede persönliche Gelegenheit zu maximieren", meint Bottas. "Es ist auf jeden Fall nicht leicht, ihn zu schlagen. Es ist immer schwierig. Aber ich weiß, dass es möglich ist."

Baku-Bottas: Ich fürchte hier niemanden

Ganz besonders in Baku? Dort kommt der Finne traditionell gut zurecht. Sein Comeback von Ende des Feldes bis auf P2 vor zwei Jahren, sein nur durch einen späten Reifenschaden unverschuldet geraubter Sieg im Vorjahr sind beste Beispiele. "Ich fürchte hier nichts", beantwortet Bottas daher vollgetankt mit Selbstvertrauen eine Frage, vor wem er in Baku mehr zittere - Hamilton oder Ferrari mit all den Updates.

Anders der Teamkollege. Hamilton ist nach dem nur nach Punkten starken Saisonstart noch extrem im Zweifler-Modus, scheint sich der Scuderia in Baku fast schon ausgeliefert zu sehen. "Dieses Wochenende sollte Ferrari echt schnell sein. Sie haben ein Upgrade und hier lief es schon in den vorherigen Jahren gut für sie. Sie sind schnell auf den Geraden, also erwarte ich sie hier sehr, sehr stark", so Hamilton.

Mit keinen Updates dafür mit vielen Lehren durch Datenanalyse sei Mercedes nach Baku gereist. Das spendet Hamilton Hoffnung. Wenn gleich er mit Red Bull und deren Honda-Update gleich noch einen Gegner aufkommen sieht. "Sie sollten mit der neuen Power Unit sogar noch näher dran sein. Wir werden aber dabei sein, müssen aber hart arbeiten, um an der Spitze davon zu landen." Da stimmt auch Bottas zu: "Wir können uns nicht unbesiegbar fühlen."