Die Formel-1-Saison 1992 zählt zu den langweiligsten ihrer Geschichte. So dominant wie die Williams von Nigel Mansell und Riccardo Patrese mit ihrer neuen aktiven Radaufhängung für den FW14B trat ein Team in der gesamten F1-Historie nur selten auf.

Mit gleich drei Doppelsiegen zum Saisonstart untermauerte Williams damals gleich zu Beginn seine Vormachtstellung. Ein Auftakt, der so nicht einmal in der Hochzeit der großen Dominanz von Ferrari und Michael Schumacher gelang.

Mercedes-Traumstart: Formel-1-Saison 2019 langweilig?

Da musste schon Mercedes kommen. Doch nicht etwa zu Beginn der ersten überragenden Jahre der Power-Unit-Ära in der Formel 1 seit 2014. Sondern erst 2019. Mit ihrem Doppelsieg in Shanghai schafften Lewis Hamilton und Valtteri Bottas tatsächlich zum ersten Mal seit 1992 den dreifachen Doppeltriumph eines Teams zum Saisonstart.

Skeptiker zeichnen für den Rest des Jahres 2019 deshalb schon ein Schreckensbild. Wird 2019 jetzt genauso langweilig wie 1992?

Rückblick: So dominierte Williams 1992 weiter

Zur Erinnerung: Damals ging es fast völlig fad weiter. Mansell gewann nach den ersten drei direkt noch zwei Grands Prix. Fünf weitere Siege sollten für den Briten und Teamkollege Patrese folgen. Am Ende wurde Mansell mit 52 Punkten Vorsprung, auf Patrese natürlich, Weltmeister. Sechs Rennen vor dem Ende der nur 16 GP kurzen Saison.

Wie hat Mercedes Ferrari abgehängt?: (10:36 Min.)

Formel-1-Sportchef Ross Brawn zweifelt an einer Wiederholung der Geschichte. "Ich glaube nicht, dass 2019 demselben Skript folgen wird wie '92", so Brawn in seiner gewohnten Nachbetrachtung des vergangenen Rennwochenendes in China.

Brawn: Perfektes Mercedes hat Gegner, Williams hatte sie nicht

Seine Begründung: "Die drei aufeinander folgenden Doppelsiege von Lewis Hamilton und Valtteri Bottas sind darauf zurückzuführen, dass das Team gerade in Perfektion und mit einem erstklassigen, technischen Paket operiert. Aber man muss auch sagen, dass sie sich deutlich stärkeren Konkurrenzen ausgesetzt sehen als Williams 1992."

So habe Ferrari zumindest in Sachen Performance in Bahrain sogar seinerseits dominiert, erinnert Brawn. "Ohne die technischen Probleme, die ihre Mühen im Rennen behinderten, hätte das Team einen großen Sieg mit Charles Leclerc gefeiert", sagt der Brite. In China sei das Pendel jedoch wieder zurück in Richtung Mercedes ausgeschlagen, gesteht Brawn. "Und die Lücke ist jetzt schon recht groß."

Brawn lobt Ferrari-Teamchef: Mattia macht es sehr gut

Melbourne und Shanghai. Damit hat Mercedes jetzt gleich zwei Mal dominiert. Für Brawn deshalb jedoch noch längst kein Indiz, dass der Silberpfeil tatsächlich derart klar vorne ist. Allerdings müsse Ferrari, insbesondere Teamchef Mattia Binotto, nun nicht nur an einer Front, dem Auto, kämpfen. Sondern auch den richtigen Umgang mit seinen beiden Spitzenfahrern feinfühlig managen.

Braucht Ferrari einen Nummer-1-Fahrer?: (09:46 Min.)

"Das macht Mattia bisher gut", lobt Brawn auch nach den erneuten Teamorder-Debatten von Shanghai. Noch dazu könne das Podium in China nun Vettel Aufwind geben während Leclerc Reife gezeigt habe, auch nicht leicht verdauliche Teamentscheidungen zu akzeptieren. Ferrari selbst ist diesbezüglich ohnehin nicht versteift. Die Priorisierung Vettels in zweifelhaften Situationen könne sich auch drehen, so Binotto in Shanghai.

Performance, Zuverlässigkeit und Teamwork müssen stimmen

"Es kann sein, dass sich die Dinge in ein paar Rennen ändern - aus welchem Grund auch immer, Pech oder was auch immer - und wir unsere Position da ändern. Das würde wir auch, kein Zweifel. Aber auf der Strecke kämpfen dürfen sie sowieso. Wenn aber ein Fahrer klar schneller ist, dann wird er bevorzugt", so Binotto noch vor dem Rennen, in dem Ferrari genau dieses Vorgehen dann praktizierte - wenngleich die Teamorder womöglich etwas zu spät griff.

Ein kleiner Fehler, aber groß genug. Insbesondere wenn es gegen Mercedes geht. "Wenn Ferrari Mercedes herausfordern will, dann muss wirklich alles auf allen Ebenen perfekt sein", meint auch Brawn. "Performance, Zuverlässigkeit und Teamwork. Das ist, was Binotto und seine Jungs schaffen müssen und, da ich Mattia kenne, bin ich sicher, dass er sich dessen bewusst ist und all seine Energie dem verschreiben wird, dass genau das geschieht."

Brawn hat auch Red Bull auf dem Zettel

Damit nicht genug. Noch aus einem anderen Grund sieht Brawn der Formel 1 keinen Mercedes-Langeweiler aka Williams 1992 blühen. Immerhin gebe es nicht nur Ferrari, sondern mit Red Bull gleich noch einen zweiten Gegner für Mercedes. Also gleich zwei Widersacher statt keinen wie bei Williams 1992.

Formel 1 2019: Hat Max Verstappen jetzt Titelchancen?: (12:05 Min.)

"Red Bull, besonders Max Verstappen, sind bereit, zuzuschlagen. Sie haben schon bewiesen, dass der Wechsel zu Honda bereits anfängt, Resultate zu liefern", so Brawn. Daraus, dass sein ehemaliges Team Mercedes jedoch weiter der zu schlagende Rennstall sei, macht Brawn jedoch kein Geheimnis. "Man muss zugeben, dass Mercedes noch immer Stärke daraus bezieht, jetzt seit Jahren die dominierende Kraft zu sein."

Spektakuläre WM-Saison 2019? Gehört sich so für Formel 1!

Das habe sich schon 2018 gezeigt. Als Ferrari dort den Anschein erweckt hatte, Mercedes zumindest eingeholt zu haben, kämpften sich die Silberpfeile mit Macht zurück, holten doch noch beide Championate. Hat sich Mercedes 2019 nun sogar wieder abgesetzt? Neben seinem Nicht-Glauben daran hofft Brawn auch das Gegenteil.

Brawn: "Natürlich habe ich nichts gegen Toto Wolff, Lewis Hamilton, Valtteri Bottas und die vielen Freunde, die ich immer noch in diesem Team habe. Aber ich hoffe, dass 2019 keine Wiederholung von 1992 sein wird. Wie auch immer das Ergebnis ausfallen wird, hoffe ich, dass der Kampf um die Meisterschaft es wirklich spektakulär wird, wie es sich für diesen Sport gehört!"