Braucht Ferrari einen Nummer-1-Fahrer? (09:46 Min.)

Stallregie und Ferrari. Mit keinem anderen Team ist der bei den Formel-1-Fans so unbeliebte Eingriff in den Sport enger verbunden. Beim China GP am vergangenen Wochenende war es wieder so weit. Ferrari spielte die Teamorder-Karte. Oder besser gesagt: die Teamstrategie-Karte.

Klassische Teamorder im Sinne einer Bevorzugung eines Nummer-eins-Fahrers war der angeordnete Platztausch von Sebastian Vettel und Charles Leclerc im 1000. F1-Rennen der Geschichte jedenfalls nicht. Stattdessen versuchte Ferrari schlicht, das Rennergebnis für das Team zu optimieren, indem man mit Vettel das vermeintlich schnellere Auto passieren ließ.

Teamstragie vs. Teamorder

Ein in der Formel 1 viel gewöhnlicheres Vorgehen als die heißen Diskussionen des Themas nach dem Rennen in Shanghai glauben machen. Ob im Mittelfeld bei Force India im Russland GP 2018 oder ganz vorne bei Mercedes mit Lewis Hamilton und Valtteri Bottas in Ungarn 2018 - Beispiele für einen vergleichbaren Driver-Swap gibt es genug.

Im Regelfall wird in solchen Situation allerdings zurückgetauscht, sofern der Plan gescheitert ist. Bei Ferrari in China geschah das jedoch nicht, als sich Vettel nicht klar von Leclerc abzusetzen wusste. Sicherlich auch, weil damit nur nochmals Zeit verloren gegangen wäre, von hinten Max Verstappen zu nah gekommen war.

Toto Wolff: Knifflige Situation, Gefahr für Präzedenzfall

Doch genau dieser Aspekt führt vor Augen, in welch brenzlige Lage nicht nur klassische Teamorder - wegen der öffentlichen Geringschätzung -, sondern auch Teamstrategie einen Formel-1-Rennstall manövrieren kann. Damit nicht genug. Ausgerechnet Ferraris größter Konkurrenz warnt die Scuderia nun, sie riskiere ein Spiel mit dem Feuer.

"Es ist natürlich eine knifflige Situation, denn du hättest es natürlich gerne, dass das schnellere Auto deine Gegner jagt", sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff. "Sebastian sagte, dass er zu dieser Zeit das schnellere Auto hatte, also haben sie die Reihenfolge getauscht. Das kann ich irgendwie verstehen. Wir haben das mit Nico und Lewis auch erlebt, und mit Lewis und Valtteri", erinnert Wolff.

Risiko durch Duell und Gefahr für Zukunft

"Aber heute hatten wir eine Situation, in der sie sich gegenseitig sehr hart gepusht haben und dabei riskiert haben, das Rennen möglicherweise nicht zu beenden", mahnt Wolff. Nicht sein einziges Argument. Zudem warnt der Österreicher vor einer gefährlichen Verselbstständigung.

"Wenn du einmal mit solchen Dingen anfängst, dann wird es sehr kompliziert, denn du beginnst dann damit, einen Präzedenzfall zu schaffen und in ein Wespennest zu stechen. Denn dann musst du vielleicht bei jedem einzelnen Rennen den Call machen, weil immer das hintere Auto sagen wird, dass es schneller fahren kann", schildert Wolff.

Dass es einmal mehr Ferrari ist, bei dem die Thematik zum Problem zu werden scheint, ist für den Mercedes-Teamchef jedoch nur Zufall. Wolff: "Es ist nicht nur ein Ferrari-Problem, sondern jedes Team hat dieses Problem wenn es zwei Alpha-Fahrer hat."

Teamorder oder Teamstrategie? Diesen feinen Unterschied haben wir auch in unserer ersten Video-Nachbesprechung zum China GP einmal genauer diskutiert. Außerdem: Braucht Ferrari jetzt eine klare Nummer eins? Gleich anschauen:

Braucht Ferrari einen Nummer-1-Fahrer? (09:46 Min.)