Beinahe hätte es für Lewis Hamilton im Qualifying zum China GP 2019 doch noch zu seiner 85. Pole Position in der Formel 1 gereicht. Nur 0,023 Sekunden trennten den Weltmeister am Ende von seinem Mercedes-Teamkollegen Valtteri Bottas.

Kurz zuvor hatten sich die Silberpfeile einen waschechten Tausendstelkrimi geliefert. In den ersten Runs lag der Finne sogar nur 0,007 Sekunden vor dem Briten. Dessen zweiter Schuss begann dann zwar mit absoluter Sektorbestzeit, endete jedoch ohne Verbesserung. Bottas dagegen feilte noch einmal 16 Tausendstel von seiner eigenen Vorgabe ab.

Hamilton glaubte seinen China-Nimbus schon verloren

Für Hamilton war diese knappe Niederlage dennoch ein recht großer Erfolg. Bis dato war beim WM-Zweiten in Shanghai an diesem Wochenende nämlich recht wenig zusammengekommen. Am Freitag sprach Hamilton sogar schon davon, der Shanghai International Circuit sei für ihn jetzt nicht länger eines seiner besten Steckenpferde. Garantierter Hamilton-Höhenflug im Reich der Mitte? Das war einmal.

Soweit kam es zwar auch am Samstag im Qualifying nicht, allerdings durchaus zu einer klaren Rehabilitierung, auch teamintern. "Ich habe bis zum Schluss gepusht und nie aufgegeben", kommentiert der Brite sein Comeback im letzten Moment. "Aber Glückwunsch an Valtteri, der war dieses Wochenende wirklich herausragend. Dass es am Ende dann aber doch noch echt knapp geworden ist, ist fantastisch."

Hamilton: Hatte richtig mit dem Mercedes zu kämpfen

Da spricht die Erleichterung. Denn bis dahin habe er sich richtig schwer getan. "Ich habe immer etwas von seinen Zeiten abknabbern können, aber ich habe mit dem Auto gekämpft. Ich hatte schon das ganze Wochenende einfach mit dem Auto zu kämpfen. Gestern und auch heute noch. Jetzt bin ich glücklicher, aber zwischendurch waren es auch mal acht Zehntel auf ihn", erinnert Hamilton ein einen gewaltigen Rückstand nach dem ersten Q2-Run.

Formel 1 2019: Brennpunkte vor dem China GP: (07:08 Min.)

So musste Hamilton dort sogar noch einen zweiten Versuch starten, um sicher mit dem gewünschten Medium ins Q3 zu gelangen. Damit fuhr er Bestzeit. Von da an lief es plötzlich rund. Im Q3 war Hamilton erstmals auf Augenhöhe mit Bottas. Welches Wundermittel dafür verantwortlich war? Jedenfalls nicht sein F1 W10. "Das Auto hat sich nicht verbessert, das kannst du ja während des Qualifyings nicht ändern", so Hamilton.

Hamilton auf Linienpirsch: Schlüssel gefunden

Der wahre Schlüssel sei ein anderer gewesen. "Ich habe viele Änderungen vorgenommen - mit ein paar Einstellungen am Lenkrad und anderen Linien", schildert Hamilton. "So habe ich es geschafft, die Lücke zu schließen. Ich bin ziemlich stolz darauf, wie wir das geschafft haben."

Damit zielt Hamilton vor allem auf den ersten Sektor. Also genau da, wo sich in Shanghai die besonders knifflige Schneckenkurve befindet. "Und im ersten Sektor war Valtteri besonders schnell. Ich habe über die Session etwas experimentiert, wie der Sektor am Ende so schnell wie möglich geht", berichtet Hamilton. "Mit Reifentemperaturen hatte das nicht viel zu tun. Es ging mehr um den Flow und darum, den Grip in den richtigen Bereichen zu nutzen", verrät er sein Geheimnis.

Hamilton unbekümmert: Auto wird seine Klasse noch zeigen

Sorgen macht sich der fünffache Weltmeister wegen der noch immer großen Probleme, seinen Teamkollegen aktuell zu schlagen, jedoch nicht. "Wie gesagt, ich hatte mit dem Auto zu kämpfen und musste mich zu durchbeißen. Es ist ein klasse Auto, aber in den ersten Rennen ist es mit einem neuen Auto eben immer schwierig. Das ändert sich Richtung Saisonende dann ziemlich", verspricht Hamilton fast schon.

Tatsächlich war das Bild erst 2018 zu Saisonbeginn zumindest im Ansatz ähnlich. Hatte Hamilton dann erst seine Komfortzone gefunden, sah Bottas das Land nicht einmal mehr mit dem Fernrohr. Genauso Ferrari, den auch 2019 wieder großen Gegner.

Kampfansage an Ferrari

In Shanghai hatte Mercedes eigentlich eine noch stärkere Scuderia erwartet. Doch nun ist die erste Reihe der Startaufstellung fest in Silberpfeil-Hand. Auch für dieses Comeback nennt Hamilton Gründe. " Ferrari ist noch immer schnell auf den Geraden, aber wir haben in den Kurven etwas finden können. Das siehst du deutlich. Da haben wir im Werk gut mit den Daten von den ersten Rennen gearbeitet und den Test analysiert. Deshalb ist es jetzt so positiv gelaufen", erklärt der Brite.

Noch dazu sei man nicht einmal fertig. Hamilton-Ansage an die Konkurrenz: "Das Team hat auf jeden Fall einen tollen Job gemacht. Und es ist noch Einiges mehr drin. Das wollen wir morgen rausholen!"