Die Formel 1 reist zum dritten Rennen der Saison nach China. Ein besonderer Anlass: In Shanghai wird 2019 das 1000. Rennen der Formel-1-Geschichte gefeiert. Im Gegensatz dazu ist die aktuelle Saison noch jung - und alles ist offen. Nach Mercedes-Dominanz in Australien drehte Ferrari in Bahrain den Spieß zuerst um, verlor dann nach einem technischen Defekt einen sicher geglaubten Sieg.

Ferrari sucht also weiterhin nach dem ersten Triumpf der Saison. Die große Frage ist jetzt: War der Australien-Absturz eine Anomalie oder doch Indikator für ein größeres Problem? China soll das Bild der Saison 2019 erneut klarer werden lassen. Womit beim 1000. Rennen der Seriengeschichte sonst noch zu rechnen ist, das fasst Motorsport-Magazin.com in der großen Wochenend-Vorschau zusammen.

Ferraris Achterbahn 2019: In China Auto-Stärken bestätigen

Ferrari will die Geister der ersten Rennen in China endlich verbannen. In Bahrain schafften sie es mit Pace, aber nicht mit Zuverlässigkeit. Ein Defekt in der Zündsteuerung eines Zylinders bei Charles Leclerc und ein Dreher von Sebastian Vettel bedeuteten, dass das schnellste Auto unbelohnt blieb. Um in der Formel 1 regelmäßig zu gewinnen, braucht es letztlich ein gutes Auto, Zuverlässigkeit und gute Fahrer.

Für Ferrari war Bahrain eine Bruchlandung, Foto: LAT Images
Für Ferrari war Bahrain eine Bruchlandung, Foto: LAT Images

Vor China schweben daher einige Fragezeichen über der Form der Scuderia. "Von uns aus gesehen müssen wir bestätigen, dass der SF90 auch auf dieser Art von Strecke wettbewerbsfähig ist", sagt Teamchef Mattia Binotto. "Und wir müssen sicherstellen, dass die Zuverlässigkeitsprobleme von Bahrain sich nicht wiederholen."

Laut Ferrari war der Leclerc-Defekt vor dem Rennen von Bahrain noch nie aufgetreten - ein bedauerlicher Einzelfall. Außerdem sei der Motor wieder einsatzbereit, wird versichert. Erste Sorgen, wonach das aggressive Design des Ferrari-Hecks technische Probleme einladen würde, bestätigt das daher nicht. Ausgeräumt sind die aber genauso wenig - ein sauberes Shanghai-Wochenende würde den Roten gut tun, um die Beständigkeit des neuen Pakets zu untermauern.

Die Fahrer sind das nächste Teil im Ferrari-Puzzle. Sebastian Vettels 2019 startete schon mäßig, und ging dann bergab. In Bahrain war er das ganze Wochenende über langsamer als Kollege Leclerc, doch die Erkenntnisse aus Bahrain und vom darauffolgenden Test sollen ihm geholfen haben. Weitere Setup-Fragen sollen beantwortet worden sein. Vettel gab sich im Hinblick auf China zuletzt vorsichtig positiv.

Ferrari vs. Mercedes an der Spitze: China kommt Rot entgegen

Mercedes schubste daher vor China - zum dritten Wochenende in Folge - die Favoritenrolle in Richtung Ferrari. Tatsächlich kommt der Shanghai International Circuit dem SF90 auch noch entgegen - zwei lange Geraden sowie ein Mittelsektor mit schnellen und mittelschnellen Kurven. Das entspricht genau jenem Streckenprofil, mit dem Ferrari gegenwärtig am besten zurechtkommt.

Mercedes sieht sich erneut in der Rolle des ersten Verfolgers. Ein Verfolger, der natürlich mit zwei Doppelsiegen und deutlicher WM-Führung im Gepäck nach China reist. Wie immer wäre es ein Fehler, Mercedes schon vor einem Rennwochenende abzukanzeln. Fehltritte haben sich 2019 weder das Team noch Bottas oder Hamilton erlaubt, bei Ferrari waren es schon mehrere. Beim ersten Ferrari-Fehler dürfte Silber nicht nur im Rückspiegel, sondern gleich vor den Ferraris auftauchen.

Red Bull sucht in China weiter Form für 2019

Red Bull ist lediglich Fußnote im Spitzenkampf. Der Honda-Motor ist zwar nicht schlecht, aber noch nicht auf dem Level von Ferrari oder Mercedes, und nach zwei Rennen musste man einräumen: Auch das Chassis steht 2019 noch nicht da, wo man es gerne hätte. Das Team kommt mit den Pirellis der Generation 2019 einfach nicht zurecht. Arbeit steht an, bevor Max Verstappen und Pierre Gasly im Kampf um den Sieg mitreden können. Wie viel Erkenntnisse aus Bahrain geholfen haben, ist schwer zu sagen. Gegenwärtig winken erneut die Plätze fünf und sechs.

Das tun sie aber nur, wenn Pierre Gasly endlich eine Verbindung zum RB15 findet. Bis jetzt war er, vor allem nach Qualifying-Problemen, im Mittelfeld gefangen. In Bahrain ging es zumindest aufwärts, das bestätigte Christian Horner. Gasly scheint mit dem gegenwärtig nicht optimalen Auto härter zu kämpfen, nur Verstappen kann es komplett ausquetschen. Aber wenn Bahrain auf eine steigende Formkurve deutet, dann muss bald zumindest ein Anschluss an die Spitze möglich sein. Ein Mittelfeld-Auto ist der Red Bull nämlich nicht.

Formel-1-Mittelfeld in China: Renault kommt unter Druck

Renault ist vor China überzeugt davon: Sie können das Mittelfeld anführen. Das haben sie auch gezeigt. Gleichzeitig haben sie sich aber mit wiederholten Defekten selbst ins Aus gestellt. Über das Doppel von Bahrain wurde der Mantel des Schweigens gehüllt. Nico Hülkenberg beendete so nebenbei noch kein Qualifying ohne Defekt. Auch den Motorenkunden McLaren hat es 2019 schon erwischt.

Wenn Renaults Aggregate halten, dann können sie das Mittelfeld in China auf jeden Fall anführen. Dieses "wenn" wird so aber immer fraglicher. Und die Konkurrenz ist enger beisammen denn je. McLaren hat in Bahrain gezeigt, dass mit ihnen wieder zu rechnen ist. Kimi Räikkönen mischt im Alfa gerne das Feld auf und hat so viel Spaß wie schon seit Jahren nicht mehr. Haas vermutet hinter der Bahrain-Flaute eine unpassende Strecke und will in China kontern. Und Toro Rosso und Racing Point stellten sich zu Saisonbeginn zwar knapp hinter dieser Gruppe auf, sind aber noch immer dran. Es bleibt hier alles offen. Nur Williams hechelt weiter hinterher.

Shanghai International Circuit: Der Strecken-Check

Seit 2004 befahren, bietet der Shanghai International Circuit eine gute Mischung für die Formel 1. Zwei lange Geraden machen Überholen möglich, besonders die 1,2 Kilometer lange Gerade im dritten Sektor. Diese mündet nämlich direkt in eine Rechtshaarnadel, prädestiniert für durch DRS initiierte Ausbremsmanöver. Wer aggressiv aufgelegt ist, kann sich auch in der zweiten Haarnadel der Strecke, in Kurve sechs, rechts innen vorbeidrücken - aber der Bremsweg ist kürzer, so ein Manöver dadurch ungleich schwieriger.

Daniel Ricciardo brannte 2018 in China ein Überhol-Feuerwerk ab, Foto: Sutton
Daniel Ricciardo brannte 2018 in China ein Überhol-Feuerwerk ab, Foto: Sutton

Die langen Geraden und Haarnadeln ergänzen in Shanghai zwei langgezogene Schneckenkurven, sowie mehrere mittelschnelle und schnelle Kurven im mittleren Streckenteil. Für Erfolg braucht es also ein Auto, welches in Highspeed-Passagen gut liegt und zwischen den Geraden auch am Gegner dranbleiben oder ihn abschütteln kann.

Reifen für China: Ferrari konservativ, McLaren aggressiv

Pirelli bringt 2019 eine vom Härtegrad mit 2018 vergleichbare Reifenpalette nach China. Die brachte in Trainings und Qualifying Probleme mit Unterkühlung mit sich, im Rennen funktionierte sie dann wie geplant. Das lag aber an bizarren Wetterbedingungen. 2018 begann das Wochenende unerwartet kühl, und wurde am Sonntag plötzlich heiß. Wenn das Wetter 2019 stabil bleibt, sollte diese Reifenwahl kaum für Außergewöhnliches sorgen.

Bei der Auswahl entschieden sich die meisten für acht Sätze Soft-Reifen. Aus der Reihe tanzt zuerst einmal Ferrari: Sie bestellten bei beiden Fahrern lieber nur sieben Sätze Soft, und haben daher eine etwas härtere Auswahl dabei. Williams und Pierre Gasly folgten diesem Beispiel. McLaren geht als einziges Team den gegenteiligen Weg, mit neun Soft-Sätzen. Große Ausreißer gibt es jedoch keine.

So wird das Wetter in Shanghai

Doch wie wird sich das Wetter für die Formel 1 in Shanghai präsentieren? Der Wochenbeginn hat bis dato für eine extreme Hitze nahe der 30-Grad-Marke gesorgt. Am Wochenende selbst soll das deutlich anders aussehen, aber insgesamt extrem stabil. Besser gesagt: stabil angenehm.

Mit nur 14 Grad fällt einzig der Medientag etwas aus der Reihe, doch von Trainingsfreitag über Qualifying-Samstag bis Rennsonntag sind aktuell immer mindestens 18 Grad prognostiziert - bei allenfalls leichter Bewölkung. Die Niederschlagswahrscheinlichkeit fällt damit nie höher als zehn Prozent aus. Somit muss nur mehr der Smog mitspielen.

Die Formel 1 aus China im TV: Der Zeitplan

Für Formel-1-Fans in Europa bedeutet der China-GP wieder eine Frühschicht. 08:00 Uhr ist die Startzeit, sowohl für Qualifying als auch für Rennen. Abgesehen von den Uhrzeiten gibt es keine Ausreißer zu vermelden: RTL, Sky, ORF, SRF2 und F1 TV zeigen alle ihre üblichen Programme. Details gibt es in der unten verlinkten Übersicht.