Williams hat sich in der Formel-1-Saison 2019 noch weiter vom Mittelfeld entfernt. Nach dem ohnehin schon desaströsen Vorjahr wollte das Team mit Rettungsplan und Co. gegensteuern. Stattdessen schlitterte es 2019 nur von einem Problem ins nächste. Nach nicht enden wollenden Verzögerungen und Teile-Rückständen schafften es Robert Kubica und George Russell an den ersten beiden Wochenenden nicht einmal ansatzweise aus dem Keller der Formel 1.

Die Williams-Misere hat eine längere Vorgeschichte. Sie reicht bis in erfolgreichere Zeiten zurück, als das Team noch aus eigener Kraft um Podien kämpfte. Da wurde schon umgebaut, da blickten alle aber noch nach vorne. Die getroffenen Entscheidungen stellten sich erst nach und nach als Fehlschläge heraus. Williams sackte innerhalb von drei Jahren brutal ans Ende des Formel-1-Feldes ab.

Teamchefin Claire Williams hatte den Umbau natürlich zum Teil selbst vorangetrieben. Inzwischen räumt auch sie ein: An der Misere trägt sie Mitschuld. Jetzt ist erneut Umbau angesagt. Trotz aller Fehler der Vergangenheit vertraut Williams weiter auf die Zukunft ihres Teams: Man habe die Probleme verstanden und wisse den Lösungsweg.

Claire Williams treibt Änderungen voran - in den Irrweg

Um die Probleme aufzurollen, muss man also einen Blick zurück werfen. Auf das Jahr 2014, den Höhepunkt der jüngeren Williams-Geschichte. Da war das Team über weite Strecken der Saison zweite Kraft in der Formel 1 und lag nur hinter Mercedes zurück. Zum Teil auch aufgrund der damals übermächtigen Mercedes-Power-Unit im Heck, die im ersten Jahr der Hybrid-V6-Motoren fast unschlagbar war. 2014 und 2015 bedeutete das Platz drei in der Konstrukteurswertung.

Williams bei den Testfahrten der Formel 1 in Bahrain, Foto: LAT Images
Williams bei den Testfahrten der Formel 1 in Bahrain, Foto: LAT Images

Dieses Niveau zu halten, das schien sich daher schwierig zu gestalten. Das Team fühlte sich dazu getrieben, Änderungen vorzunehmen. "Um unsere Ergebnisse zu halten oder sogar zu verbessern, haben wir etwas an der internen Struktur verändert", erklärt Claire Williams jetzt gegenüber dem französischen Magazin 'AutoHebdo' den - ihrer Meinung nach - Ursprung aller Probleme. "Die haben sich als Fehler herausgestellt."

"Das war meine Initiative, ich räume meine Schuld ein", so Williams weiter. Zu den Veränderungen gehörten auch Personalien - wie das Anheuern von Paddy Lowe, der Anfang 2017 bei Mercedes aus- und bei Williams einstieg. Unter seiner Führung wurden die Autos der Jahre 2018 und 2019 entwickelt - beides klare Fehlschläge.

Paddy Lowe beurlaubt: Williams schweigt weiterhin

Es folgten Kurskorrekturen zuhauf. Aber zuerst scheiterte das Technik-Team unter Paddy Lowe in der Winterpause an der Wende. Stattdessen startete Williams schlechter denn je ins neue Jahr - verspätet ging es in den Test, und selbst in Bahrain hatte das Team nicht genügend Ersatzteile an der Rennstrecke. Obwohl Lowe schon beim Deutschland-GP des letzten Jahres offen von einem Rettungsprogramm gesprochen hatte, und die Saison 2018 praktisch als verloren erklärte.

Wenig überraschend landete Lowe daher zu Saisonbeginn am Abstellgleis. "Es ist schwierig für mich, gegenwärtig über Paddy und über seine Rolle hierbei zu sprechen", sagt Williams. Offiziell gab es von Williams noch immer keine klare Ansage zu Lowe, der als beurlaubt geführt wird.

Inzwischen hat das Team den altgedienten Techniker Patrick Head wieder als Berater geholt. Damit soll zumindest die Lage einmal beruhigt werden, so Williams: "Er hat so viel Erfahrung, und einen Charakter, bei dem sie wirklich auf ihn hören. Sein Rat wird sehr wertvoll sein." In das verbliebene technische Personal habe sie trotzdem volles Vertrauen: "Und ich glaube, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen."

Das Williams der Zukunft: Kultur der Gegenwart soll bleiben

Aber der Weg ist noch lang, dem ist sich Claire Williams sehr wohl bewusst. Er ist außerdem schwierig. Wie Williams erklärt, hat sich die Unternehmensstruktur in den vergangenen Jahren nicht zum Positiven entwickelt. Das Technologie-Subunternehmen Williams Advanced Engineering, welches für Williams außerhalb der Formel 1 Einkommensquellen eröffnen hätte sollen, funktioniert längst nicht mehr so gut.

"Es wurde 2010 gegründet, um das Rennteam zu unterstützen, weil das Sponsoren-Interesse abgenommen hat", erklärt Williams. "Aber jetzt steuert es kaum etwas zu den Finanzen des Teams bei. Unser Budget hängt fast ausschließlich an Sponsoren und am Geld von der Formel 1." Williams gehört daher zu den größten Verfechtern einer strikten Budget-Obergrenze für die neuen Regeln ab 2021.

Letztendlich ist Williams schließlich eines der letzten verbliebenen unabhängigen Formel-1-Teams. Kein großer Hersteller oder Sponsor steht dahinter. Dieses Setup ist in der modernen Formel 1, in dieser Welt der extremen Aero-Kunstwerke und der Hybridmotoren, kaum mehr überlebensfähig. Aber Williams will unbedingt daran festhalten. Das von Claire Williams ausgegebene Ziel ist: "Ein Williams der Zukunft mit der gegenwärtigen Kultur. Das ist die Aufgabe, vor der wir jetzt stehen."