Sebastian Vettel bewies nach seinem Dreher im Formel-1-Rennen von Bahrain 2019 Größe. Der Ferrari-Pilot nahm den Patzer im Duell mit Weltmeister Lewis Hamilton sofort voll auf die eigene Kappe. In Runde 37 hatte Vettel beim Versuch, gegen den Mercedes-Star zu kontern, übertrieben und sich in Kurve vier wegedreht.

Die Folgen: Reifen ruiniert, Frontflügel-Flugstunde durch folgende Vibrationen, nur Platz fünf statt eines möglichen Sieges. Nicht wenige fühlten sich an das Saisonende 2018 erinnert, als Vettel unter gewaltigem Druck im schon fast aussichtslosen WM-Kampf eine regelrechte Pirouetten-Serie hinlegte.

Nico Rosberg kritisiert Sebastian Vettel

"Sebastian, es tut mir echt leid, aber ich muss es jetzt einfach sagen: Wir haben leider noch immer den alten Sebastian vom letzten Jahr", meint exemplarisch Nico Rosberg in seinem Analyse-Vlog.

Hat der Druck jetzt schon beim zweiten Lauf wieder ein ähnliches Niveau erreicht? Weil Vettel sich jetzt auch gegen den groß auffahrenden Ferrari-Shootingstar Charles Leclerc behaupten und gewaltig strecken muss?

Druck schon jetzt zu groß? Vettel winkt ab

"Ich denke nicht, dass das irgendwas mit Druck zu tun hat", winkt Vettel ab. Es sei einzig und allein nur um das Duell gegangen. "Als ich mit Lewis gekämpft habe, war das Ziel, vorne zu bleiben. Das war meine Ambition. Ich wurde einfach davon überrascht, das Heck derart plötzlich verloren zu haben. Dann kam der Dreher und es war natürlich schon zu spät."

Auch mit etwas Abstand und wiederholtem Video-Studium der Szene bleibt Vettel aber dabei: "Es war ganz klar mein Fehler. Ich muss das jetzt verarbeiten. Es war auch insgesamt ein schwieriges Rennen für mich, deshalb habe ich da auf meiner Seite jede Menge Hausaufgaben nach diesem Wochenende, an dem ich einfach nicht das Gefühl für das Auto hatte."

Ferrari stärkt Vettel den Rücken

Rosberg hegt gewisse Zweifel, ob diese Hausaufgaben in Sachen direktes Duell je erledigt werden. Ist Vettel einfach zu verbissen? Rosberg: "Erstes Duell, das kam. Wie auch letztes Jahr immer, im Duell vielleicht nicht bereit zu akzeptieren, dass er da jetzt mal zurückstecken muss und der andere das jetzt geschafft hat. Sondern nein, immer aggressiv, nene, ich will das jetzt holen!"

Genau diese Einstellung lobt statt kritisiert unterdessen Vettels direkter Vorgesetzter. "Seb hat schon von einem Fehler gesprochen. Ich denke aber nicht, dass wir da über Fehler sprechen sollten. Wir sind immer im Battle, im Kampf - das ist, was sie eben tun", verteidigt Mattia Binotto seinen Piloten.

Ferrari: Auch wir müssen Hausaufgaben machen

"Es ist niemals leicht und etwas, dass immer mal passieren kann. Wir müssen unsere Fahrer da ermutigen, denn sie können auch nur die bestmöglichen Ergebnisse erreichen wenn sie voll ans Limit gehen. Und genau das hat Seb da versucht", erklärt Binotto seinen Standpunkt.

Zumal auch Ferrari eine noch bessere Plattform schaffen müsse, um es seinem Fahrer im SF90 noch leichter zu machen. "Es gibt noch ein paar Hausaufgaben, wie er auch schon gesagt hat. Auch mit der Balance des Autos. Und das werden wir schon beim Test hier in Bahrain in Angriff nehmen", verspricht Binotto.

Neuer Ferrari-Teamchef, neuer Führungsstil?

Schon zuvor hatte Binotto unmittelbar nach Zieleinlauf ermutigende Worte an Vettel gerichtet. "Das nächste Rennen wird das Beste! Mach dir keinen Kopf. Du hast dein Bestes versucht, bist ein fantastisches Rennen gefahren. Diese Dinge passieren", funkte der Teamchef seinem Fahrer.

Aussagen, welche die für 2019 von Grund auf nivellierte Leadership bei der Scuderia unterstreichen. Noch 2018 hatte sich Ferrari unter Binotto-Vorgänger Maurizio Arrivabene nie so klar schützend vor Vettel gestellt. Dafür wurde die Scuderia hart kritisiert. Jetzt hat sie also reagiert.

Nur Nico Rosberg ist nicht sicher, dass sich bei den Roten so viel geändert hat. "Es ist auch das alte Ferrari vom letzten Jahr", knöpft sich Rosberg nach seiner Einschätzung zum 'alten Sebastian' gleich auch Ferrari vor. "Erstmal Strategiefehler im Qualifying, auf dem falschen Platz rausgebracht, voll im Verkehr, somit hat Sebastian seine Runde nicht hinbekommen und so weiter. Dann wird Sebastian sauer, intern auch …"