Die Formel-1-Saison 2019 ist gerade mal ein Rennen alt, doch schon jetzt ist klar: Robert Kubicas Rückkehr in die Königsklasse ist das Gegenteil des erhofften Traum-Comebacks. Der Pole wurde bei Williams mit dem langsamsten Auto im Feld vor die zweifellos schwerste Aufgabe gestellt. Kubica fällt es schwer, seine Frustration über die Situation zu verbergen. Reue verspürt er dennoch keine. Die F1 war stets sein einziges Ziel.

"Nein, denn ich habe diese Entscheidung getroffen, nachdem ich letztes Jahr sechs Wochen darüber nachgedacht hatte", so der 34-Jährige, der Ende 2017 erstmals für Williams testete und 2018 als Test- und Entwicklungsfahrer beim britischen Traditionsteam im Cockpit saß. Erst nachdem sich das Team mit den Paydrivern Lance Stroll und Sergey Sirotkin verrannte, erhielt er die Chance zum Comeback.

Was sein Renncomeback anging, machte sich Kubica keine Illusionen. Acht Jahre nach seinem schweren Rallyeunfall, der ihm fast den rechten Arm kostete, würde es sicher kein Selbstläufer werden. "Ich wusste, dass es für mich eine extrem schwierige Aufgabe werden würde, in solch einen hart umkämpften Sport zurückzukehren und dort im Grid zu stehen", so Kubica.

Kubica durch fehlende Barcelona-Testfahrten aufgeschmissen

Dass er bei Williams obendrein nicht mit Top-Material gesegnet sein würde, war ihm zum Zeitpunkt seiner Entscheidung längst klar. "Ich wusste, dass es für Williams schwierig werden könnte", sagt er. Das Debakel bei den Testfahrten hatte er hingegen nicht auf der Rechnung. Für seine Vorbereitungen war die durch den Produktionsrückstand verlorene Testzeit ein herber Rückschlag.

"Ich hatte nicht erwartet, so unvorbereitet nach Australien zu kommen", so Kubica, der seit seiner Rückkehr ins Formel-1-Cockpit im Sommer 2017 bei Renault hart daran arbeitete, sich für den Einsatz als Grand-Prix-Pilot in Form zu bringen. Der Arm machte längst keine Probleme mehr. Vielmehr war es jahrelange Abstinenz, die ihm Sorgen bereitete.

Die Testfahrten und FP1-Einsätze waren für Kubica nur ein Tropfen auf den heißen Stein, in Anbetracht der enormen technischen Fortschritte während seiner Abwesenheit. Die Kombination aus fahrerischen Fähigkeiten und dem richtigen Mindset, die ihn 2010 zu einem der hochangesehensten Piloten im Feld machten, war längst Geschichte.

Dementsprechend wichtig war es für Kubica, vor dem ersten Rennen ausgiebig Erfahrung zu sammeln und sich einen Teil des alten Selbstvertrauens wieder zurückzuholen. "Barcelona waren für mich als Fahrer die wichtigsten Tage der letzten acht Jahre. Und leider funktionierte in Barcelona gar nichts. Das hat mich in eine schwierige Position gebracht", erklärt er.

MSM F1 Show: Enttäuschungen & Überraschungen vom Saisonauftakt (01:05:20)

Zum zweiten Mal Rookie: Kubica muss Formel 1 wiedererlernen

Seine schwierige Position war in Melbourne gleichbedeutend mit dem letzten Platz inklusive eines gehörigen Rückstands auf Teamkollege George Russell. Zur wenig überzeugenden Pace gesellten sich Fahrfehler, die Kubicas Comeback in ein noch schlechteres Licht rückten. Der Grand-Prix-Sieger lässt sich davon jedoch nicht entmutigen.

"Irgendwie muss ich mich durchbeißen. In Bahrain und wahrscheinlich noch für ein paar mehr Rennen", sieht Kubica noch einen langen Weg vor sich. Seine Performance in Australien war zweifelsohne nicht der Kubica, der 2010 im Renault noch auf das Podest gefahren war. "Ich musste die meisten Dinge lernen oder wiedererlernen, sie auf eine andere Formel 1 anpassen", sagt er.

Seine teilweise kostspieligen Fehler waren für ihn Teil dieses Prozesses: "Ich habe dieses Wochenende auch genutzt, um mich an meine Limits heranzutasten, obwohl man das normalerweise nie an einem Rennwochenende machen würde. Aber wir haben nichts zu verlieren."

Im Fokus der Kritiker: Kubica muss mehr zeigen als andere Piloten

Dass die gezeigten Leistungen auch wieder Fragen hinsichtlich seines Armes aufwarfen, überraschte ihn nicht. "Aufgrund meiner Einschränkungen sieht es so aus, als ob ich immer mehr zeigen müsste als die anderen", glaubt Kubica. "Das Einzige was ich machen kann, ist mein bestmöglicher Job, und dabei zu versuchen, aus allen Rennen das Positive und das Negative mitzunehmen - denn ich glaube nicht, das Dinge zu 100 Prozent nur positiv sein können."

"Du kannst es immer noch besser machen. Selbst wenn du Rennen gewinnst, kannst du dich immer verbessern. Ich bin mit mir selbst ehrlich genug, um richtig und angemessen zu beurteilen, was ich lernen muss und wo ich mich verbessern muss."

Als Kubica im Sommer 2017 erstmals wieder in einen Formel-1-Boliden stieg, war es für ihn ein großer Schritt. Nach dem Unfall bei der Ronde di Andora Anfang 2011 hatte er sich erst sehr langsam wieder an die Rundstrecke herangewagt. Die Chance auf ein Comeback im Touren- oder Sportwagen hätte sich schon lange vor der F1 ergeben können.

Kubica will Formel-1-Challenge: DTM und GT3 wäre weniger Stress

Doch Kubica wollte sich nicht mit weniger zufrieden geben. "Nur dieser Ansatz hat mich zurück in die F1 gebracht und dafür gesorgt, dass ich weiterkämpfte", sagt er. "Ansonsten wäre es für mich schon vor sechs Jahren viel einfacher gewesen, Möglichkeiten in der GT3 oder der DTM wahrzunehmen."

Ein Weg, der zweifelsohne leichter zu bewältigen gewesen wäre. "Dabei hätte ich wahrscheinlich sogar weniger Stress gehabt und obendrein mehr Spaß, denn dort würde ich wohl um bessere Positionen fahren." Die Formel 1 war seit dem Unfall sein einziges Ziel. Und egal wie es ausgeht, Kubica wird den Schritt zurück als solchen nicht bereuen.

"Von dem was ich bisher gesehen habe, denke ich nicht, dass ich es bereuen kann. Selbst wenn ich hier [in Australien] Probleme hatte. Ich habe es immer noch genossen. Das ist ein großer Unterschied, verglichen mit einigen Jahren zuvor. Es gibt einen Grund weshalb ich hier bin. Vielleicht werde ich am Ende des Jahres etwas bereuen. Aber die eine Sache, die ich nicht bereuen werde, ist, es versucht zu haben."