Die Formel-1-Saison 2019 hat samt ihrer kleinen Reglementänderungen gerade erst begonnen, da richtet sich der Blick schon wieder auf die Zukunft. 2021 soll es in der Königsklasse zu einem weitaus revolutionäreren Umbruch kommen, der Grundfesten der F1 verändern soll und könnte. Es geht um Motoren- und Chassis-Regeln, um Führungsstruktur, um Verteilung von Preisgeldern und um Kostenkontrolle.

Am kommenden Dienstag wollen die Formel-1-Bosse und die FIA bei einem Meeting von Strategiegruppe und F1-Kommission in London erstmals eine detaillierte, all das umfassende Präsentation vorlegen. Also fast auf den Tag genau ein Jahr nachdem man im Rahmen des Bahrain GP 2018 den Teams seine Vision der Zukunft erstmals klar skizziert hatte. Schon damals einer der größten Diskussionspunkte: die angedachte Budgetgrenze. Ein Versuch, einerseits Kosten zu sparen und andererseits die seit Jahren grassierende Untastbarkeit der Top-Teams Ferrari, Mercedes und Red Bull zu lindern.

Budgetgrenze in Formel 1: Mercedes jetzt zuversichtlicher

Allen voran Mercedes-Chefaufseher Niki Lauda preschte vor Jahresfrist vor, als Mercedes könne man das nicht von heute auf morgen umsetzen. Als Arbeitgeber habe man eine Verantwortung, man müsse auch an die Jobs in Brackley, Brixworth und Co. denken. "Das sind über 1000 Leute. Damit müssen wir einen Weg finden, wenn es plötzlich nur die Hälfte sein soll. Wir können und wollen sie nicht entlassen", sagte der Österreicher damals im Interview mit Motorsport-Magazin.com.

Gut ein Jahr später klingt Teamchef Toto Wolff diesbezüglich schon deutlich verhandlungsbereiter. "Mercedes ist sicher interessiert daran, eine Kostengrenze zu haben - wenn sie auf dem richtigen Level implementiert wird. Einem Level, der für alle Sinn ergibt. Sodass es für die großen Teams umsetzbar ist und die kleinen Teams zumindest Schritt halten können, sodass wir nicht völlig weglaufen. Schauen wir, was jetzt nächste Woche geschieht. Aber was ich so höre, stimmt mich optimistisch."

Formel-1-Budgetgrenze 2021? Renault skeptisch

Au contraire, mon frère (dt: Ganz im Gegenteil, mein Bruder) hört man dazu aus Frankreich. Wolffs Renault-Pendant Cyril Abiteboul sieht eine Budgetgrenze extrem kritisch. Jedoch nicht, weil der Hersteller selbst finanziell so gut dasteht und um Vorteile zittert. Hier sieht Abiteboul Renault gegenüber den Top-3-Teams, also Mercedes, Ferrari und Red Bull, sogar hinterher: "Es ist für ein Team wie uns bereits eine Herausforderung, dagegen anzukämpfen, dass da drei Top-Teams mit 30 bis 40 Prozent mehr Ressourcen sind."

Neue Details zum Formel 1-Reglement 2021 (07:22 Min.)

Sondern wegen einer anderen Entwicklung in der Formel 1, dem zunehmenden Trend sogenannter B-Teams. So kooperiert Haas bereits seit seinem F1-Einstieg eng mit Ferrari. Noch dazu knüpft die Scuderia via Alfa Romeo mit Siebenmeilenstiefeln immer engere Bande zum bisher Sauber genannten Motorenkunden aus Hinwil. Auf die Union von Red Bull und Toro Rosso muss kaum näher eingegangen werden. Einzig vor dem Hintergrund, dass die Kooperation 2019 wieder enger geworden ist.

Red Bull, Mercedes, Ferrari verteidigen B-Team-Modell

"Toro Rosso nutzt unfassbar viele Komponenten des RB15", bestätigte zuletzt in Australien Red-Bull-Teamchef Christian Horner lange Bekanntes. 2019 kommt die Heckpartie des STR14 im Grunde 1:1 von der großen Schwester. "Das ist hauptsächlich zum Vorteil der kleineren Teams", so der Brite auf Basis des hauseigenen Beispiels über den allgemeinen Trend zur Kooperation von Gigant mit Mittelfeldteam.

"Wenn es dieses Modell nicht geben würde, wäre hier kein Haas. Denn es ist extrem teuer, sich die Formel 1 zu leisten", so Horner weiter. "Sie haben nicht die Design-Ressourcen, nicht die R&D-Infrastruktur - also betrifft das die Kosten für sie, Rennen zu fahren. Für die kleinen Teams ist es kosteneffektiv und funktioniert." Genauso sieht es Toto Wolff.

Renault hält dagegen: Bringt Top-Teams mehr als allen anderen

Ferrari-Teamchef Mattia Binotto stimmt zu. "Das Haas-Modell hat gezeigt, wie gut es für solch ein Team ist - und ich denke, dass es somit unter dem Strich eine gute Sache für die Formel 1 ist. Und wenn wir nach vorne schauen - und wenn es da irgendwelche Bedenken gibt - dann müssen wir diese verstehen und sicherstellen, dass wir sie mildern oder vermeiden. Aber das Modell selbst halte ich für richtig", so der gebürtige Schweizer.

Formel 1: Toro Rosso Teamchef Franz Tost im Exklusiv-Interview (18:12 Min.)

Genau diese Bedenken gibt es tatsächlich. Denn wie überall im Leben, gilt auch in der Formel 1: Wo Gewinner, da auch Verlierer. Stichwort Abiteboul. Der Franzose sieht den Vorteil nicht vorrangig auf Seiten der kleineren Teams - insbesondere vor dem Hintergrund der sich anbahnenden Budgetgrenze. "Wenn sie (die drei Top-Teams, Anm. d. Red.) in der Lage sind, ihre Ressourcen mit anderen Teams zu vereinen - oder einen Synergie-Vorteil im Rahmen der Budgetgrenze bekommen - dann ist das ein Problem", warnt der Renault-Teamchef.

Trend zum B-Team als Sargnagel für McLaren & Williams

Damit zielt der Franzose jedoch nicht nur auf die Chancen seines Teams. "Es ist ein Problem für uns. Und es ist ein Problem für wenigstens zwei weitere Teams im Feld", sagt Abiteboul. Namen nennt er nicht, doch sind diese recht offensichtlich. McLaren und Williams, beide ohne Partner, beide in den vergangenen Jahren nur noch ein Schatten ihrer erfolgreichen Geschichte.

Damit nicht genug. "Ich möchte nicht für sie sprechen, aber es könnte auch für einen Neueinsteiger ein Problem darstellen, der in die Formel 1 will und konkurrenzfähig sein möchte", ergänzt Abiteboul. "Es handelt sich also um ein ernstes Thema."

"Ich will mich nicht beschweren oder klagen: Wir kennen die Regelung, aber wir sind natürlich extrem vorsichtig, was 2021 passieren wird. Für den Moment sind wir nicht von den Sicherheitsvorkehrungen oder den Begrenzungsmaßnahmen überzeugt, die vorangetrieben worden sind, ungeachtet der Tatsache, dass du einige Teile im Rahmen der Budgetgrenze wirst tauschen können." Das generelle Kosteneinsparen eine Budgetlimitierung würde allerdings auch Renault begrüßen.