Kurzfristig hat die Formel 1 für die Saison 2019 noch einmal das Reglement angepasst. Am Montag wurde von der FIA ein Punkt für die schnellste Runde des Rennens abgesegnet. Allerdings mit Einschränkungen: Nur wer auch unter den ersten zehn ins Ziel kommt, der bekommt den Punkt. Wenn jemand außerhalb der Top-10 die schnellste Runde fährt, wird der Punkt nicht vergeben.

Die Fahrer reagieren am Donnerstag in Melbourne erst einmal verhalten auf diese Nachricht. Ross Brawn, der Sport-Beauftragte des Formel-1-Vermarkters Liberty Media, hatte zuletzt erklärt: Der Bonuspunkt für die schnellste Runde sei ein einfaches Mittel, um die Show am Rennwochenende zu verbessern.

Ein bisschen mehr Action und Spannung soll der Bonuspunkt in das Rennende bringen. Bis jetzt ging es schließlich nur um die Ehre. Aber wie genau das ablaufen wird, da sind sich alle noch unsicher. Fazit vom Medientag in Australien: Wahrscheinlich ändert sich fast nichts. Wäre vielleicht ein Bonuspunkt für etwas anderes besser gewesen?

Vettel und Ricciardo zweifeln: Wird nicht viel ändern

Bei der Pressekonferenz am Donnerstag ging die Frage gleich einmal an die drei Großen der Formel 1. Von markigen Aussagen aber keine Spur - stattdessen Zweifel. Zweifel vor allem daran, ob diese Änderung für sie irgendeine Änderung haben wird.

"Ich erwarte keine großen Änderungen", gibt sich Sebastian Vettel kurz angebunden. Daniel Ricciardo schließt sich mit seiner Meinung an den Ferrari-Star an: "Gut, dass sie es auf die Top-10 beschränkt haben. Sonst würden alle einfach an die Box kommen und dann die schnellste Runde fahren. Mal sehen, wie es läuft. Ich glaube nicht, dass es eine Meisterschaft entscheidet."

Leclerc, Verstappen und Co.: Kann WM-Kampf beeinflussen

Wie Motorsport-Magazin.com zuletzt jedenfalls nachgerechnet hat, hätten Punkte für die schnellste Rennrunde gleich fünf WM-Titel in der Formel 1 umgedreht. Allzu voreilig sollte Daniel Ricciardo mit seiner Folgerung also nicht sein. Ex-Teamkollege Max Verstappen kann sich sehr wohl Auswirkungen vorstellen: "Es kann schön sein, kann schlecht sein. Wenn du um den Titel kämpfst. Aber du kannst als Team damit sicher ein bisschen spielen."

Kurze Zeit später gibt Ferrari-Pilot Charles Leclerc eine ähnliche Sichtweise zum Besten. Er würde sogar um den Punkt kämpfen und hat die Formel-1-Geschichte dabei im Kopf: "Natürlich, wenn du die Chance hast. Wir haben schon Meisterschaftsentscheidungen mit nur einem Punkt gehabt, also ist es immer wichtig."

Max Verstappen behält den neuen Bonuspunkt zumindest im Hinterkopf, Foto: LAT Images
Max Verstappen behält den neuen Bonuspunkt zumindest im Hinterkopf, Foto: LAT Images

Wobei man die Geschichte nicht überbewerten sollte, schließt Leclerc gleich einmal an. "Am Ende wird das Hauptziel gleichbleiben. So weit vorne wie möglich anzukommen. Wenn wir dann noch den Bonuspunkt für die schnellste Runde mitnehmen können, dann nehmen wir den natürlich gerne mit." Er und Verstappen sind sich da gewissermaßen einig: Warten, ob sich die Chance ergibt. Dann zuschlagen.

Bonuspunkt für schnellste Runde: Wie weit gehen?

Aber wie viel Risiko man für diesen einen Punkt eingehen will - das ist die große Frage. Während der Saison ist es nun einmal unmöglich, die Auswirkungen auf den WM-Entstand vorauszuberechnen. "Es ist ein Extrapunkt", meint etwa Lewis Hamilton, "wird interessant zu sehen sein, was die Leute dafür machen werden." Fokus auf "ein". Es geht nur um einen Punkt. Wie weit will man da schon gehen?

Zurück zu Charles Leclerc. Er kann sich späte Boxenstopps im Rennen vorstellen, nur um dann mit neuen weichen Reifen die schnellste Runde zu fahren. Aber wieder schränkt er ein: Gestoppt wird nur, wenn man dadurch auch garantiert keine Position verliert. Obwohl jemand, der am Ende noch einmal stoppt, ja eigentlich mit neuen Reifen viel schneller ist. Da müsste es doch eigentlich möglich sein, sich die durch den Stopp verlorenen Plätze auf der Strecke wiederzuholen?

Diskussion: Neu: Punkte für die schnellste Rennrunde!? (12:21 Min.)

Daran zweifelt Leclerc. "Sollte es so bleiben wie im letzten Jahr, dann kann ich mir nur schwer vorstellen, dass jemand eine Position hergeben würde. Nur um die schnellste Runde zu fahren", meint er im Hinblick auf die Tatsache, dass Überholen in der Formel 1 auch mit neuen Reifen kein Spaziergang ist. "Es bleibt ein Punkt. Die Veränderung an Punkten von einem Platz auf den anderen lässt mich da denken, dass man eher draußen bleiben wird."

"Wenn du nichts zu verlieren hast, dann wirst du es sicher versuchen", schließt Leclerc das Thema ab. Nur wer hat nichts zu verlieren? Das sind voraussichtlich jene Fahrer der Top-Teams Ferrari, Mercedes und Red Bull, die auf den Plätzen fünf und sechs liegen werden. Wenn das Kräfteverhältnis wie im Vorjahr zu einer großen Lücke zwischen diesen drei Teams und dem Rest der Welt führt, dann ist hier ein Zusatz-Stopp am Rennende locker drin.

Denn im Vorjahr fuhren Ferrari, Mercedes und Red Bull der Konkurrenz weit, weit davon. Wenn die Lücke zwischen dem Sechstplatzierten und dem Siebtplatzierten (im Vorjahr hat sich für den der Titel 'Best of the Rest' etabliert) fast eine Runde beträgt, dann ist die Entscheidung klar: Stopp, neue Reifen, schnellste Runde. Ein Punkt mehr, ohne einen Platz auf der Strecke zu verlieren.

Punkte immer für die Gleichen: Doch lieber Pole belohnen?

Red-Bull-Pilot Pierre Gasly weiß daher nicht, ob das alles wirklich Sinn macht: "Ich glaube, manchmal wäre es ... jetzt nicht unfair, aber je nach Rennen gibt es vielleicht ein Auto, das weder nach vorne noch nach hinten zu kämpfen hat. Der versucht es dann die ganze Zeit." Im Vorjahr hätte das öfters Red Bull getroffen - als Team in einem ansonsten leeren Raum zwischen der Spitze und dem Mittelfeld. Für dieses Team macht ein Punkt aber natürlich keinen Unterschied. Sie kämpfen ja weder vorne um die WM noch hinten um die Vorherrschaft im Mittelfeld.

Gasly kommt zum Schluss, dass Bonuspunkte an sich keine schlechte Idee sind. Nur ob sie für die schnellste Runde sein sollen, da ist er sich unsicher. "Ich glaube, ein Punkt für die Pole wäre besser", überlegt er. "Keine Ahnung. Ich denke nicht, dass sich viel ändern wird." Mit einem Bonuspunkt für die Pole würden zumindest Fahrer belohnt werden, die sich auch im WM-Kampf befinden.

Damit fällt das finale Fazit der Fahrer sehr ähnlich aus: Es wird sich kaum etwas ändern. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, dann macht man. Aber wie oft wird sich die Gelegenheit auch für Fahrer ergeben, bei denen der Punkt eine Rolle spielen wird? Die Saison wird es zeigen.

In der Pressekonferenz wurde schließlich noch Williams-Pilot Robert Kubica dazu befragt. Doch Williams, und ein Top-10-Ergebnis, und eine schnellste Runde - keine Kombination, die man in der Formel 1 2019 ernsthaft erwartet. Kubica weiß das selbst und gibt etwas gequält zu: "Da ändert sich für uns nicht viel ..."