Neue Gegner für die Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton, Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen. Die etablierten F1-Stars teilen sich das Grid beim ersten Rennen 2019 in Australien mit vier neuen Gesichtern. Motorsport-Magazin.com stellt die vielversprechenden Rookies der Saison 2019 vor dem ersten Grand Prix des Jahres in Melbourne vor. Für Teil zwei trafen wir Antonio Giovinazzi zum Exklusiv-Interview. Der Alfa-Romeo-Pilot ist nach einer langen Durststrecke die große Formel-1-Hoffnung Italiens.

Die wichtigste Frage zuerst: Welche Haarpflege-Produkte nutzt du und wie lang brauchst du morgens im Bad, um sie dir zu stylen?
"Das ist echt die wichtigste Frage? [lacht] Ich liebe es einfach, langes Haar zu haben, schon seitdem ich ein Kind bin. Als ich Kart gefahren bin, hatte ich schon langes Haar. Ich mag es einfach. Um ehrlich zu sein, dauert es nicht so lange. Wenn es sehr früh am Morgen ist, ziehe ich vielleicht nur eine Kappe auf und komme an die Strecke."

Reden wir über die wirklich wichtigen Dinge. Kannst du uns etwas zu deinem Hintergrund erzählen? Wie bist du aufgewachsen und zum Motorsport gekommen?
"Natürlich war es keine einfache Karriere, wie bei allen Fahren, würde ich sagen. Ich habe angefangen, als ich drei Jahre alt war. Mein Vater schenkte mir ein kleines Go-Kart zum Geburtstag. Danach begann ich diese lange Karriere, angefangen beim Kartsport. Ich werde meinem Vater dafür ewig dankbar sein, denn als dreijähriges Kind hätte ich das ohne ihn nie machen können. Mein Vater hat immer an mich geglaubt und mich unterstützt. Das hat mir viel bedeutet. Ich bin dann bis 2012 Kart gefahren und danach in die Formel Abarth gewechselt. Dort traf ich auf eine weitere für mich wichtige Person, das war Ricardo Gelael.

Er half mir vom Kart in die Formel Abarth und von dort 2016 in die GP2 aufzusteigen. Das war die beste Unterstützung, denn ohne ihn würde ich heute sicher immer noch Go-Kart fahren. Danach hatte ich dank Enrico Zanarini die Chance, bei Ferrari unterzukommen. Ferrari hat mir eine große Chance gegeben und jetzt bin ich endlich hier als offizieller Fahrer von Alfa Romeo Racing. Ich bin sehr stolz, weil es nur 20 Formel-1-Fahrer in der Welt gibt. Es ist also nicht einfach, das zu erreichen. Es war schon immer mein Traum, seitdem ich meine Karriere begann. Ich wusste, dass es sehr hart ist, aber ich jetzt bin hier und sehr glücklich."

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Du hast Ricardo Gelael erwähnt, aber selbst Kartsport ist ein teurer Sport. Wie haben deine Eltern dich in diesem Sport unterstützt?
"Wie du schon sagst, ist Kartsport ein sehr teurer Sport. Auch hier muss ich mich bei meinem Vater bedanken, weil er derjenige war, der versucht hat, Sponsoren zu finden und Leute dazu zu bringen, seinen Sohn zu unterstützen. Er war wirklich wichtig für mich. Als ich zwölf Jahre alt war, bekam ich die Chance kostenlos zu fahren. Das Team hatte damals die besten Karts und das war toll, da der Sport einfach sehr teuer ist."

Wie kam dann der Kontakt zur Gelael-Familie zustande? Sie haben dir das Rennfahren finanziert, wenn ich das richtig verstehe...
"Ich kannte ihn aus Kart-Zeiten. Zu der Zeit war ich im Kartsport ein erfolgreicher Fahrer und Ricardo Gelael wollte mich quasi als Coach für Sean haben. Danach entstand eine Freundschaft und letztendlich half er Sean und mir, zusammen in die Formel Abarth zu wechseln. Das war eine gute Sache für meine Karriere."

Deine Karriere verlief danach nicht sehr direkt. Du fuhrst in China, einige Rennen in der DTM und in der GP2. Dann kam diese große Möglichkeit, aber es war nicht die einzige, die du hattest...
"Das wirklich wichtige Jahr meiner Karriere war 2016 in der GP2. Mit diesem Jahr konnte ich einigen Leuten in der Formel 1 zeigen, wie gut ich wirklich bin. Nach der Saison bekam ich den Vertrag mit Ferrari - das Jahr war also sehr wichtig. Aber auch 2015 war wichtig, als ich Zweiter in der Formel 3 wurde. Wie du schon sagst, war es keine geradlinig verlaufende Karriere mit den DTM-Rennen.

Ich war damals tatsächlich kurz davor, einen Vertrag mit Audi zu unterzeichnen, aber dann steckten sie wegen des Diesel-Skandals in Schwierigkeiten und glücklicherweise gab mir Ricardo Gelael eine andere Gelegenheit in der GP2. Das wurde dann mein bestes Karriere-Jahr. Ich bin ja auch in der WEC in der LMP2-Klasse gefahren. Also habe ich schon viele Erfahrungen gesammelt."

Am Ende hast du dich für Ferrari entschieden, aber du hattest noch Angebote von anderen Teams. Mercedes war interessiert. Toto Wolff war überrascht, dass du nicht zu ihm gegangen bist. War es eine einfache Entscheidung für dich?
"Nein, natürlich nicht. Das sind Sachen, die ich mit meinem Manager entscheide. Am Ende haben wir diese Entscheidung getroffen. Es war eine großartige Gelegenheit für meine Karriere und es ist fantastisch für jedes junge Talent, Teil der Ferrari-Familie zu sein."

Auch Helmut Marko hatte Interesse. Hieltst du es nicht für ein Risiko zu Ferrari zu gehen, weil die Chance auf einen Platz in der Formel 1 dort nicht so groß ist. Bei anderen Teams wäre es wahrscheinlicher, in die Formel 1 zu kommen...
"Natürlich ist es nicht einfach einen Platz zu bekommen, egal ob du da Ferrari, Red Bull oder Mercedes nimmst. Am Ende muss man aber sagen: Ich bin jetzt hier als Stammfahrer. Ich muss mich bei Ferrari und bei Alfa Romeo Racing für diese Möglichkeit bedanken. Und ich würde sagen, dass es die richtige Entscheidung war."

Für einen Rennfahrer muss es doch ziemlich komisch sein, zwei Jahre nicht in einer Meisterschaft anzutreten. Wie war es für dich, so lange auf ein Cockpit zu warten?
"Natürlich war es nicht einfach. Oft kam ich ins Fahrerlager und saß nur hier und habe alles nur von außen gesehen. Aber ich habe immer an mich geglaubt, ich habe immer hart gearbeitet. Damals wusste ich, dass meine Arbeit in Maranello war. Ich war also im Simulator und habe immer 100 Prozent gegeben. Ich hielt meine Motivation und meinen Fitness-Level sehr hoch. Ich bin jetzt sehr glücklich, auch wenn es nicht einfach war, zwei Jahre zu warten."

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In diesen zwei Jahren hast du viel Simulator-Arbeit erledigt, hast viel getestet, aber bist keine Rennen gefahren. Hast du das Gefühl, dass deine Fahrkünste etwas eingerostet sind?
"Das kann ich dir am Sonntag sagen. [lacht] Ich bin letztes Jahr in Le Mans gefahren und das Rennen ist ziemlich lang. Ich war glaube ich ganz gut. Wir werden sehen. Aber klar vermisse ich die Anspannung im Rennen, am Start und bei den Boxenstopps. Ich habe mich im vergangenen Winter gut vorbereitet und auch noch an diesem Wochenende. Ich werde sicherstellen, dass ich bereit für Sonntag bin."

Was bedeutet Rennfahren für dich? Geht es dir um Mensch und Maschine oder um den Wettbewerb mit anderen Fahrern?
"In erster Linie ist es meine Leidenschaft. Ich liebe den Wettbewerb. Wenn ich Kaffee mache, möchte ich einen besseren Kaffee machen als die anderen. Ich fahre einfach gerne Rennen. Hier in der Formel 1 fährst du mit den besten Fahrern der Welt, und das wird sehr hart. Die Fahrer hier sind alle wirklich gut. Du musst also immer 100 Prozent geben. Aber wenn ich hart arbeite, denke ich, dass ich meine Ziele erreichen kann."

Die Technik fasziniert dich also nicht so sehr?
"In der Formel 1 gibt es so viele Dinge: Du musst dich gut mit den Medien stellen, du musst konzentriert in den Briefings nach den Rennen sein, du musst verstehen wo du hinwillst. Das Beste ist aber die Rennstrecke. Wenn du da schnell bist, dann ist alles einfacher."