Versteckt in den hintersten Ecken der FIA-Website schlummert seit Montag ein Dokument, das es in sich hat. Der Automobilweltverband veröffentlichte nämlich eine 24-seitige Ausschreibung für einen Getriebehersteller ab der Formel-1-Saison 2021. Bis einschließlich 2024 sollen alle F1-Teams mit einem Einheitsgetriebe fahren.

Bei den Getrieben stehen schon jede Menge Details fest, dazu später mehr. Doch die Ausschreibung enthält auch weitere Details zur Formel 1 ab 2021. Während sich FIA und Liberty Media mit Details zur großen Revolution zurückhalten, verraten solche Ausschreiben nach und nach, was die Bosse mit der Königsklasse des Motorsports vorhaben.

Im vergangenen Jahr verriet die Ausschreibung für einen Lieferanten für Einheitsreifen bereits, dass die Formel 1 ab 2021 mit 18-Zoll-Reifen fährt. Offiziell kommuniziert wurde das zuvor von niemandem. Denn im Hintergrund tobt derzeit ein erbitterter Kampf um die Formel 1 der Zukunft. Die kommerziellen Verträge - das ehemalige Concorde Agreement - laufen Ende 2020 aus. Die neuen F1-Bosse wollen die Gelegenheit nutzen, um alle Baustellen auf einmal zu beseitigen. Eine Regel-Revolution ist durch die aktuellen Verträge nicht möglich - deshalb muss der Schuss 2021 sitzen.

Neue Details zum Formel 1-Reglement 2021: (07:22 Min.)

Während zunächst vor allem von einer Motoren-Revolution die Rede war, ist der Antrieb in der Prioritätenliste inzwischen ganz weit nach hinten gerückt. Die Power Units mit zwei Energierückgewinnungssystemen bleiben, es gibt nur kleinere Korrekturen.

Formel-1-Motoren für 2021 vor mehreren Korrekturen

Diese Korrekturen werden nun erstmals im Ausschreiben für den Getriebelieferanten im Detail bekannt. Interessant sind vor allem die Drehzahlen, mit denen das Getriebe umgehen muss. Durchschnittlich werden 14 Prozent höhere Drehzahlen erwartet. Das Limit liegt derzeit bei 15.000 Umdrehungen pro Minute. Es wird allerdings aufgrund des Benzinflusses kaum erreicht.

In der Realität drehen die Boliden bis rund 13.000 Umdrehungen pro Minute. Durch einen höheren Benzindurchfluss - aktuell liegen bei 10.500 Umdrehungen 100 Kilogramm pro Stunde an - steigt auch die Drehzahl. Damit schlägt man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Motoren werden noch stärker, dazu wird auch noch der Sound besser.

Außerdem muss das Getriebe, so die Ausschreibung, noch 30 Kilowatt zusätzlich von der MGU-K abkönnen. Derzeit darf das die Motor-Generator-Einheit maximal 120 Kilowatt auf die Kurbelwelle stemmen. Die angepeilten 150 kW entsprechen rund 204 PS, die zusätzlich zur Leistung des Verbrennungsmotors auf die Kurbelwelle abgegeben werden.

FIA nennt Zahlen für Getriebe-Laufleistung - 24 Rennen im Fokus

Ebenfalls relevant für das Getriebe: Die Laufleistung. Die FIA geht von einer Lebensdauer von rund 5.000 Kilometer aus. Vier Getriebe pro Fahrer und Saison sind vorgesehen. "Um den Worst Case abzudecken", heißt es in der Ausschreibung, "sollte man davon ausgehen, dass die Saisons 2021, 2022, 2023 und 2024 wie die Saison 2018 mit einem zusätzlichen Rennen pro Saisondrittel aussehen."

Damit würden 'im schlimmsten Fall' 24 Rennen im Kalender stehen. Liberty machte seit der Übernahme der Formel 1 nie einen Hehl daraus, den Rennkalender weiter anwachsen zu lassen. Sogar von 25 Rennen war bereits die Rede. Bei den Testfahrten soll sich nichts ändern: Zwei Testwochen vor dem Saisonauftakt, zwei Testfahrten während der Saison und ein Test nach dem Saisonfinale. Für die Tests soll es insgesamt zwei zusätzliche Getriebe pro Team geben.

Ross Brawn arbeitet in der Rolle des Technik-Chefs von Liberty am Projekt 2021, Foto: Sutton
Ross Brawn arbeitet in der Rolle des Technik-Chefs von Liberty am Projekt 2021, Foto: Sutton

Die vier Getriebe befinde sich dann ähnlich wie die Power Units im Saison-Pool. Sie müssen nicht mehr wie derzeit in sechs aufeinanderfolgenden Rennen zum Einsatz kommen, sondern können innerhalb des Kontingents beliebig gewechselt werden.

In der Summe ist der Getriebe-Deal äußerst lukrativ. Über die vier Saisons soll der Einheitslieferant Teams und Motorenherstellern insgesamt 488 Getriebe zur Verfügung stellen.

Getriebe-Grenzen für billigere Formel 1

Ziel eines Einheits-Getriebes ist es, die Kosten in der Formel 1 deutlich zu senken. Gleichzeitig sollen die Teams aber ihre Design-Freiheiten behalten. Denn es handelt sich bei der Ausschreibung nur um die Getriebe-Kassette. Das Gehäuse bleibt somit weiter in der Hand der Teams. Das Gehäuse ist für das Fahrzeugdesign entscheidend, weil Fahrwerkspunkte sowie Feder- und Dämpfereinheit darin untergebracht sind.

Interessant ist auch, dass die Gänge reduziert werden. Derzeit haben die Getriebe acht Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang. 2021 werden es nur noch sieben Vorwärtsgänge und ein Rückwärtsgang sein.

Die Technik selbst soll weitgehend unverändert bleiben. Schaltzeiten, Gewicht, Abmessungen und Co. dürfen nur geringfügig von den aktuellen Werten abweichen. Beim Gewicht gesteht die FIA dem Lieferanten 1,5 Kilogramm zusätzlich zu, um die Kosten im Rahmen zu halten. Hydraulikeinheit für die Betätigung des Getriebes, die Betätigung des DRS und das Differential sollen dabei schon enthalten sein.

FIA: Lieferanten-Zeitplan bereits ausgearbeitet

Großen Wert legt die FIA auf einen reibungslosen Ablauf und auf eine faire Integration. Schließlich müssen aller Voraussicht nach vier verschiedene Motorenhersteller zufriedengestellt werden. Deshalb müssen auch Getriebe an die Hersteller geliefert werden. Die aktuellen Getriebehersteller und die Motorenhersteller werden in den Designprozess miteinbezogen.

Optische Entwürfe gab es für 2021 zwar - doch fast alle Details sind noch unklar, Foto: FOM
Optische Entwürfe gab es für 2021 zwar - doch fast alle Details sind noch unklar, Foto: FOM

Dafür hat die FIA bereits einen dezidierten Zeitplan ausgearbeitet. Bis zum 15. März können Interessenten ihre Bewerbung abgeben. Die Entscheidung fällt zwischen 15. und 30. April 2019. Ab Mai gibt es einen detaillierten Plan bis Ende 2020. Bis August 2019 soll das finale Design stehen, ab September werden die ersten Prototypen erwartet. Im Februar 2020 sollen die ersten Getriebe für die Motorenhersteller ausgeliefert werden.

Für einige Teams würde das Einheitsgetriebe tatsächlich keine große Änderung darstellen. Toro Rosso, Alfa, Racing Point und Haas beziehen schon heute das gesamte Getriebe samt Gehäuse von ihren Power-Unit-Lieferanten.

Neue Details zum Formel 1-Reglement 2021: (07:22 Min.)