Carlos Ghosn ist als Konzernchef bei Renault zurückgetreten. Das verkündete zuerst Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire in einem Interview mit Bloomberg. Der französische Staat hält bei Renault 15 Prozent der Anteile.

Am Mittwochabend habe der Automobilhersteller das entsprechende Schreiben seines CEO erhalten, so Le Maire. Ersten übereinstimmenden Medienberichten am frühen Donnerstagmorgen zufolge bestätigten Renault-Kreise die Äußerung des Ministers. Offiziell äußerte sich der Hersteller per Aussendung am späten Mittag und bestätigte damit final den Rücktritt.

Renault baut Führungsstruktur um

Zuvor hatte der Verwaltungsrat in einem Meeting am Vormittag über Ghosns Rücktritt und die künftige Führungsriege beraten. Das Ergebnis: Statt wie bisher CEO und Vorstandsvorsitzenden in einer Person zu vereinen, werden diese Funktionen künftig getrennt.

Als neuen Vorstandsvorsitzenden und Direktor ernannte der Vorstand Michelin-Chef Jean-Dominique Senard. Auf dessen Vorschlag hin wählte der Vorstand zudem Thierry Bolloré, zuvor bereits Ghosns Stellvertreter, als neuen CEO.

Ghosn seit zwei Monaten in Haft, bei Nissan schon abgesetzt

Ghosn befindet sich seit mehr als zwei Monaten in Japan in Haft. Dem Manager werden Verstöße gegen japanische Börsenvorgaben vorgeworfen. Zudem legt die Staatsanwaltschaft dem 64-Jährigen zur Last, private Verluste auf Renault-Partner Nissan übertragen zu haben. Ghosn bestreitet diese Vorwürfe.

Sowohl Nissan als auch Mitsubishi entließen Ghosn daraufhin als Verwaltungsratschef, einzig bei Renault blieb der Manager im Sattel. Mit seinem Rücktritt würde der gebürtige Brasilianer einer weiter drohenden Entlassung bei den Franzosen zuvorkommen.

Formel 1: Ghosn sorgte für Renault-Wiedereinstieg als Werksteam

Carlos Ghosn spielte eine Schlüsselrolle bei der jüngsten Rückkehr Renaults als Werksteam in die Formel 1. Vor der Übernahme des Lotus-Teams 2015 hatte der Manager mit dem damaligen F1-Boss Bernie Ecclestone über die Modalitäten verhandelt und sich - dank Zauberworten wie "Constructor Championship Bonus" und Zulagen für die Historie des Teams wie sie auch Mercedes oder Ferrari erhalten - vom Wiedereinstieg überzeugen lassen.

Ecclestone war den Franzosen damals finanziell entgegengekommen, wollte Renault keinesfalls komplett verlieren. Zum damaligen Zeitpunkt stand bei Renault neben einer reinen Fortführung als Motorenlieferant und dem Werkseinstieg auch der vollständige Ausstieg aus der Formel 1 zur Diskussion. Die Entscheidung fällte Ghosn selbst. "Nach einer detaillierten Untersuchung habe ich beschlossen, dass Renault in der Formel 1 sein wird, beginnend mit 2016", so der Manager in der betreffenden Presseaussendung Ende 2015.