Boxenstopps in der Formel 1 sind gefährlich. Boxenstopps sind generell gefährlich. Egal, wie es das Reglement einer Serie vorschreibt: Es werden nun einmal die Reifen gelöst, vielleicht wird nachgetankt, eine Menschenmenge arbeitet am Auto - das dabei viel passieren kann, das ist klar. Und in der Formel 1 ist dabei schon viel passiert.

2018 wurden die Stopps beim Saisonauftakt der Formel 1 wieder zum heißen Thema. Wiederholt wurden Autos zu früh aus der Box entlassen - mit noch losen Reifen, Radmuttern und dergleichen. Kimi Räikkönen und Ferrari sorgten zweifellos für das Negativ-Highlight - Räikkönen überfuhr das Bein eines seiner Mechaniker.

Aber es war nicht der erste Boxenunfall - und bei aller Vorsicht wird es nicht der letzte bleiben. Wie die Geschichte der Formel 1 zeigt. Motorsport-Magazin.com blickt zurück auf die fünf kuriosesten Boxenunfälle.

5: Budapest 2010

Wer in der Boxengasse arbeitet, lebt gefährlich. Die seit 2018 verschärften Regeln zur Sicherung der Radmutter wurden nicht nur verabschiedet, um Fahrer und Streckenposten draußen an der Rennstrecke besser zu schützen. Nicht korrekt montierte Räder führten in der Vergangenheit mehrfach zu Verletzungen beim Boxenpersonal. In der Saison 2010 war es Nico Rosbergs rechtes Hinterrad, das sich beim Großen Preis von Ungarn in der Boxengasse selbstständig machte.

Nico Rosberg trennt sich in Ungarn von seinem Hinterrad, Foto: Sutton
Nico Rosberg trennt sich in Ungarn von seinem Hinterrad, Foto: Sutton

Das Rad des Mercedes-Piloten erwischte einen der Williams-Mechaniker, die Rosberg aus seiner Zeit dort noch persönlich kannte. Während der Mechaniker mit Prellungen davonkam, musste Rosberg seinen Silberpfeil nach dem Vorfall abstellen. Zeitgleich ereignete sich noch ein weiterer Unfall in der Box. Der Lollipop-Mann von Renault entließ Robert Kubica zu früh von seinem Stopp und schickte den Polen damit geradewegs in den Force India von Adrian Sutil. Für den Deutschen war das Rennen damit vorbei. Kubica musste eine 10-Sekunden-Stop-and-Go-Strafe absitzen, Renault wurde für den 'unsafe release' eine Strafe in Höhe von 50.000 US-Dollar auferlegt.

4: Singapur 2008

Ferrari wäre in der Saison 2008 froh gewesen, wenn sie ihr misslungener Boxenstopp in Singapur nur eine Stange Geld gekostet hätte. Die Scuderia befand sich beim viertletzten Rennen der Saison mit Felipe Massa mitten im WM-Kampf gegen Lewis Hamilton. Der Brasilianer machte alles richtig, sicherte sich die Pole Position und führte den Grand Prix vom Start weg an - bis die 14. Runde kam. In dieser steuerte Nelson Piquet junior seinen Renault in die Mauer, um Teamkollege Fernando Alonso den Weg zum Sieg zu ebnen.

Felipe Massa muss den Ferrari abstellen - die Mechaniker entfernen den Schlauch, Foto: Sutton
Felipe Massa muss den Ferrari abstellen - die Mechaniker entfernen den Schlauch, Foto: Sutton

Der heute als Crashgate bekannte Zwischenfall war für Massa in diesem Moment höchstens ein Ärgernis, denn richtig prekär wurde die Lage für ihn erst kurz darauf. Wie der Großteil des Feldes holten die Ferrari-Strategen Massa in der Safety-Car-Phase an die Box. Dort zeigte die Ampelanlage dann Grün, obwohl die Crew noch mit dem Tankvorgang beschäftigt war. Massa fuhr mit dem Tankschlauch im Auto los, riss einige Mechaniker um und musste am Ende der Boxengasse stehenbleiben. Dort eilten ihm seine Mechaniker zur Hilfe, um den Schlauch zu entfernen. Massa wurde 13. und verlor die WM beim Finale in Brasilien mit nur einem Punkt gegen Hamilton.

3: Montreal 2008

Es sind nicht immer die Pitcrews oder ihre Technik, die für Chaos in der Boxengasse sorgen. Beim Grand Prix von Kanada 2008 leistete sich Lewis Hamilton einen richtigen Bock, als er mit Kimi Räikkönen kollidierte. Adrian Sutil hatte kurz zuvor seinen brennenden Force India abgestellt, woraufhin die Rennleitung das Safety Car auf den Plan rief. Einige Piloten nutzten die Neutralisierung für einen Boxenstopp.

Chaos an der Boxenausfahrt von Kanada, Foto: Sutton
Chaos an der Boxenausfahrt von Kanada, Foto: Sutton

Hamilton kam ebenfalls, verlor im Durcheinander aber den Überblick, als sich vor ihm Räikkönen und der BMW Sauber von Robert Kubica in der Box ein Duell lieferten. Als das Duo am Boxenausgang ankam, stellte es fest, dass die Ampel auf Rot geschaltet war. Während sie ihre Boliden rechtzeitig stoppten um einen Rotverstoß zu verhindern, schaltete Hamilton zu spät und donnerte Räikkönen ins Heck. Der damalige McLaren-Pilot war aber nicht der einzige, der in diesem Moment offenbar nicht ganz bei der Sache war. Nico Rosberg schaffte es, seinen Williams gleich auch noch in das Heck Hamiltons zu bugsieren. Im Gegensatz zu Räikkönen und Lewis konnte er sein Rennen jedoch fortsetzen.

2: Spielberg 2003

Ein Missgeschick in der Boxengasse muss nicht immer gleichbedeutend mit Verletzungen oder einem vorzeitigen Rennende sein. Den Beweis dafür lieferte im Jahr 2003 niemand Geringeres als Michael Schumacher. Der Rekordweltmeister lag in dieser Saison beim Großen Preis von Österreich auf dem A1 Ring an der Spitze, als er in der 23. Runde für seinen ersten Boxenstopp die Ferrari-Crew ansteuerte. Die Tankanlage der Scuderia schien allerdings keinen guten Tag zu haben, nachdem schon beim Stopp von Teamkollege Rubens Barrichello kurz zuvor zwei Mal angesetzt werden musste.

Michael Schumachers Ferrari fängt in Österreich Feuer, Foto: LAT Images
Michael Schumachers Ferrari fängt in Österreich Feuer, Foto: LAT Images

Bei Schumacher kam es dann noch dicker. Während der Tankrüssel im Ferrari steckte, schlugen plötzlich Flammen aus dem Tankstutzen. Den Mechanikern gelang es erst nach mehreren Versuchen, den Tankschlauch wieder vom Boliden zu entfernen. Die Crew reagierte schnell und löschte das Feuer, bevor es mehr Schaden anrichten konnte. Schumacher behielt die Nerven, nahm nach einer Standzeit von 20,4 Sekunden den Grand Prix wieder auf um ihn schlussendlich doch noch zu gewinnen.

1: Hockenheim 1994

Nicht immer ging es so triumphal aus wie bei Michael Schumacher im Jahr 2003. Wie in der Saison 1994, die abermals eine Rückkehr der Tankstopps markierte. Wurden die Piloten im Grand-Prix-Sport der 1930er Jahre beim Betanken noch leichtfertig in Benzin gebadet, ließen die Teams später deutlich mehr Vorsicht walten. Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen sorgte ein Tankstopp bei Jos Verstappen für den wohl spektakulärsten Boxenstopp-Unfall der Geschichte. Beim Großen Preis von Deutschland auf dem Hockenheimring stand der Bolide plötzlich lichterloh in Flammen.

Jos Verstappens Benetton geht in Hockenheim in Flammen auf, Foto: LAT Images
Jos Verstappens Benetton geht in Hockenheim in Flammen auf, Foto: LAT Images

Die Benetton-Crew hatte den B194 von Schumachers damaligen Teamkollegen beim herausziehen des Tankschlauchs mit Benzin geduscht, das sich auf dem heißen Fahrzeug sofort entzündete. Mit dem Auto stand fast die gesamte Boxenmannschaft in Flammen. Der Rest der Crew sowie die Mechaniker der anderen Teams reagierten schnell, wodurch das Feuer nach wenigen Sekunden gelöscht war. Verstappen kam mit leichten Verbrennungen im Gesicht davon, da er sein Visier während des Stopps geöffnet hatte. Die Mechaniker erlitten ebenfalls nur leichte Verbrennungen und kamen mit dem Schrecken davon.

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