Von einer Zeitenwende zu sprechen wäre übertrieben. Doch einen Paradigmenwechsel läutet die Formel 1 zu kommenden Saison 2019 durchaus ein. Mit den neuen Regeln wird die ausgefeilte Aerodynamik der F1-Boliden drastisch beschnitten. In Sachen Abtrieb geht man einen großen Teil des Weges zur Saison 2017 zurück.

Damals waren die Downforce-Monster der vergangenen zwei Jahre entstanden, welche die schnellste Formel 1 der Geschichte der Königsklasse generiert hatten. Damit einher ging jedoch auch ein Zuwachs an Dirty Air - verbunden mit den wieder breiteren Autos wurde Überholen erschwert. Genau deshalb nun die kleine Rolle rückwärts für 2019, bevor 2021 dann die große Rolle folgen soll.

2019 Sensation durch Schlupflöcher im Formel-1-Reglement?

Doch nur um einen Purzelbaum handelt es sich auch bei den Restriktionen um den vereinfachten Frontflügel & Co. für 2019 nicht. Das belegt allein, wie heiß das Thema unter den Teamchefs während der Saison 2018 diskutiert wurde, wann immer sie in einer Pressekonferenz oder bei sonstigen Anlässen aufeinander trafen.

Auf niemanden getroffen, sich aber durchaus mit einem interessanten Punkt zu Wort gemeldet hat sich nun Mercedes-Teamchef Toto Wolff bei einem Solo-Auftritt im Rahmen der PK vor FIA-Jahresgala in St. Petersburg. Kerninhalt: Der Österreicher sieht den Umbruch im Reglement zumindest so groß, dass - trotz aller Mühen der FIA, in diese Richtung vorzubeugen - Schlupflöcher entstanden sein könnten, die durchaus gewaltige Überraschungen liefern könnten. Stichwort Brawn GP. Doppeldiffusor. 2009.

Wolff: Alle Teams von Ferrari bis Williams auf der Rechnung

"Ich denke, dass mit den Regeländerungen alles möglich ist. Es ist fast wie 2009 als Brawn den Doppeldiffusor entdeckt hat. Es könnte Teams geben, die Schlupflöcher gefunden haben, die andere nicht ausgemacht haben", warnt Wolff. "Und das könnte den Unterschied machen. Also nehmen wir allesamt ernst."

Damit meint Wolff auch wirklich alle. "Ob es Ferrari ist, die dieses Jahr Zweiter waren oder Williams, die Zehnter wurden. Alle können mit einem Auto ankommen, das uns übertrifft. Wir respektieren alle Teams und welche Anstrengungen sie hineinstecken. Sie werden alle als Konkurrenten gesehen", so Wolff.

Mercedes schraubt eigene Vorgaben nach oben

Genau deshalb habe Mercedes die eigene Messlatte für 2019 zuletzt nochmals höher gelegt, bestätigt Wolff erneut. Zuvor hatte er im Rahmen eines Sponsorentermins bereits von einem kleinen Rückschlag auf Motorenseite gesprochen. Doch müsse man eben besonders Ehrgeiz zur Tat schreiten - gerade auch bei der Power Unit.

"Ferrari hat dieses Jahr eine sehr starke Power Unit gebaut. Honda hat große Verbesserungen mit herausragenden Leistungen im Toro Rosso erzielt und auch Renault hat Red Bull zum Saisonende bei so gut wie jedem Rennen zu einem Siegkandidat befördert", erklärt Wolff nun in Russland seine vorherigen Aussagen näher.

Darum stimmte Mercedes trotzdem für Aero-Regeln 2019

"Die Motorleistung gleicht sich also an. Wir sind jetzt für viele Jahre der Leader gewesen und um das auch im nächsten Jahr zu bleiben, müssen wir sehr hart pushen und uns diese ambitionierten Ziele setzen."

Doch wieso hatte Mercedes bei diesen ganzen Warnungen die Regeländerungen dann überhaupt unterstützt? "Wir haben dafür gestimmt, denn wir wollten kein Spielverderber sein. Die FIA und Liberty haben jede Menge Anstrengungen in diese Regeln gesteckt, sodass wir nicht unkollegial sein wollten", erklärt Wolff.

Pure Selbstlosigkeit war es jedoch auch wieder nicht. "Wir haben auch gedacht, dass es die Startaufstellung etwas durchwürfeln könnten, was eine Gelegenheit liefert, aber auch ein Risiko. Aber wir sehen die Chance", schildert Wolff. Die Silberpfeile sehen also den sportlichen Reiz, scheinen bewusst die Herausforderung zu suchen. Wolff: "Ich bin sehr gespannt, zu sehen, wie weit oder ob wir zurückfallen."