Sie waren in den letzten drei Jahren bei Red Bull das Dream Team der Formel 1, jetzt ist ihre Zeit abgelaufen. 2019 gehen Max Verstappen und Daniel Ricciardo getrennte Wege. Nach 100 Rennen mit Red Bull wechselt Ricciardo zum Renault-Werksteam. Verstappen bekommt mit Pierre Gasly einen neuen Teamkollegen als Ricciardo-Ersatz an die Seite gestellt.

In der Woche nach dem Saisonfinale verabschiedete Red Bull die beiden im Werk. Auf BMX-Rädern heizten Ricciardo und Verstappen durch das Werk in Milton Keynes, und zogen dann für die ganze Belegschaft eine Show ab. Alles nur Show? Nein, die Freundschaft ist echt, das versichern alle. Damit hat sie über drei Jahre brutale Teamduelle und zwei Kollisionen überstanden.

Bei einem Top-Team kaum vorstellbar. Teamchef Christian Horner wurde in Abu Dhabi schon sentimental, als er nach dem Rennen auf das Ende der Partnerschaft angesprochen wurde: "Ich sagte ihnen gerade im letzten Debrief: Für mich war das die beste Partnerschaft, die wir in meiner Red-Bull-Karriere hatten. Von der Dynamik bis zum Respekt."

Christian Horner trauert: Ricciardo + Verstappen = bestes Team

Um Formel-1-Weltmeisterschaften konnte Red Bull in der Ära Ricciardo-Verstappen nicht fahren. An den Fahrern lag das definitiv nicht. Beide gaben an jedem Wochenende alles, auch wenn es nur wieder um die Plätze fünf und sechs ging. Sie pushten sich gegenseitig zu immer neuen Höhen. Bis auf vereinzelte Fehltritte, wie etwa Verstappens Trainings-Crash in Monaco, wurden beide durch den Druck des Teamkollegen sogar noch schneller und noch besser.

Das bestätigt Christian Horner. "Sie haben sich gegenseitig gepusht. Auf der Strecke. Und ich glaube, sie haben abseits der Strecke voneinander gelernt", sagt er. "Max hat von Daniel viel gelernt. Wie er sich innerhalb des Teams einbaut. Das Zusammenspiel war sehr gut, und beide haben sich zu neuen Höhen aufgeschwungen." Für Red Bull waren die beiden perfekt. Jung. Dynamisch. Zwischen den Rennen für alles zu haben.

Auf BMX-Rädern fuhren Ricciardo und Verstappen zum Abschied für 2018 durch die Red-Bull-Fabrik, Foto: Red Bull Content Pool
Auf BMX-Rädern fuhren Ricciardo und Verstappen zum Abschied für 2018 durch die Red-Bull-Fabrik, Foto: Red Bull Content Pool

Und in den Rennen verdammt schnell. "Dieser Wettbewerb - ich glaube wir sind so knapp beisammen, dass du bei einem schlechten Tag sofort geschlagen wirst", beschrieb Ricciardo den Kampf mit Verstappen. "In der Vergangenheit bist du manchmal mit etwas davongekommen und warst eben trotzdem vorne. Aber einfach immer voll da sein müssen, das hat das Beste in uns herausgebracht."

Teamduell brutal: Ricciardo, Verstappen machen keine Gefangenen

Egal, ob es um Punkte, um Podien oder um Siege ging, Ricciardo und Verstappen gingen immer aufs Ganze. Als Red Bull 2017 an mehreren Wochenenden aus eigener Kraft um Siege fahren konnte, erreichte das Teamduell allerdings ein neues Level, und vom Red-Bull-Logo auf dem Auto des Kollegen ließen sich beide trotzdem nicht bremsen. In Ungarn 2017 krachte es zum ersten Mal: Ein übereifriger Verstappen räumte Ricciardo in der zweiten Kurve aus dem Weg und aus dem Rennen.

Ricciardo ließ seinem Frust noch auf der Strecke freien Lauf. "Schlechter Verlierer", fluchte er am Funk - er wäre wohl außen an Verstappen vorbei gegangen, und hatte ihm innen genügend Platz gelassen. Auf dem Weg von der Strecke gab er dem hinter dem Safety Car vorbeifahrenden Verstappen durch einen Mittelfinger zu verstehen, was er von der Aktion hielt. Zur teaminternen Eskalation danach wider Erwarten nicht. Nachdem das Adrenalin verflogen war, waren sie schon wieder für alles zu haben.

Ricciardo vs. Verstappen in Baku: Knapp an der Eskalation

Die Streitereien auf der Strecke schienen schnell vergessen. Auch bei den Red-Bull-Aktionen zwischen den Rennen schien sich nichts geändert zu haben. Vor Baku 2018 erlebten sie dann, was Verstappen als Highlight ihrer Red-Bull-Eskapaden neben der Strecke benennt. Ausgerechnet ein Beinahe-Crash: Sie fuhren für einen Promo-Film gemeinsam in einem alten Lada-Geländewagen in den Graben - und schafften fast den Überschlag. "Ich wünschte, wir hätten uns überschlagen", kann Verstappen später darüber lachen.

Vor Baku 2018: Ricciardo und Verstappen auf Road Trip mit altem Lada, Foto: Red Bull
Vor Baku 2018: Ricciardo und Verstappen auf Road Trip mit altem Lada, Foto: Red Bull

Nur wenige Tage später schafften sie dann tatsächlich einen Crash. Diesmal aber auf der Rennstrecke. Im Rennen. Damit war der Spaß vorbei. Beim Baku-GP lieferten sie sich ein brutales Duell. Zuerst ließen sie sich Millimeter Platz. Dann drückten sie sich in die Wand. Die Boxenmauer griff Runde um Runde nicht ein. Ricciardo schaffte es vorbei. Nach dem Boxenstopp lag Verstappen wieder vorne. Ricciardo versuchte ein aggressives, spätes Manöver. Verstappen versuchte einen späten Block. Sie kollidierten, das Rennen war vorbei.

In Baku 2018: Ricciardo und Verstappen schießen sich gegenseitig aus dem Rennen, Foto: Sutton
In Baku 2018: Ricciardo und Verstappen schießen sich gegenseitig aus dem Rennen, Foto: Sutton

Spaßvögel Ricciardo und Verstappen: Unfälle passieren eben

Red Bull war nicht beeindruckt. Harte Zweikämpfe waren erlaubt, aber das ging zu weit. Ricciardo und Verstappen bekamen von der Teamführung sofort einen Rüffel. Zu aller Überraschung traten sie danach reuig vor die Kameras und vor die Stewards. Beide übernahmen einen Teil der Verantwortung auf sich. Als sie ein paar Wochen später für das Red-Bull-Feature "On the Sofa" in Monaco nebeneinander auf dem Sofa saßen, schien Baku schon längst wieder vergessen. Stattdessen folgten die üblichen zehn Minuten Spaß.

Verglichen mit anderen Top-Paarungen der letzten Jahre ist das bemerkenswert. Vettel gegen Webber, Hamilton gegen Rosberg, Hamilton gegen Alonso ... "Ehrlich gesagt, wenn wir uns anschauen wie ehrgeizig wir sind, kommen wir überraschend gut miteinander aus", meinte auch Ricciardo einmal zu Sky Sports UK. "Ich glaube, normalerweise müssten solche wie wir oft aneinandergeraten. Aber keine Ahnung, wir sind immer gut miteinander ausgekommen. Nur zwei Crashes, das ist für drei Jahre gar nicht so schlecht!"

Verstappen und Ricciardo bildeten das perfekte Paar für die Marke Red Bull, Foto: LAT Images
Verstappen und Ricciardo bildeten das perfekte Paar für die Marke Red Bull, Foto: LAT Images

"Daniel ist sehr offen", erklärte Verstappen. "Ich denke, wir haben füreinander viel Respekt. Und ich denke, wir können dem anderen ehrlich sagen, wenn er einen besseren Job ablieferte." In der Hitze des Gefechts mögen beide das eine oder andere gesagt oder getan haben. Bis zur nächsten Woche schafften sie es trotzdem immer wieder zusammen. "Du musst dir nur die Dummheiten anschauen, die die beiden machen", kommentiert Christian Horner den Spaß seiner beiden Fahrer abseits der Strecke.

Ricciardo und Verstappen: Freunde auf ewig

Bei der Verabschiedung von Red Bull in Milton Keynes nahmen Ricciardo und Verstappen schließlich ein letztes Mal für ein abschließendes "On the Sofa"-Gespräch nebeneinander Platz. Sie blickten auf ein paar tolle Jahre zurück. Kamen zu dem Schluss, dass sie auch im Alter von 50 noch immer Freunde sein werden. Sangen gemeinsam "Let's talk about Sex, baby."

Was werden sie aneinander vermissen? "Immer wenn ich mich wie die unreifste Person in einem Raum fühlte, schaute ich rüber", lachte Ricciardo. "Wenn es in den Meetings zu ernst wird ... mit dir wurde es nie zu ernst", lachte Verstappen.