Mit Lance Strolls Wechsel zu Force India sind Fahrer und Teams für die Formel-1-Saison 2019 komplett. Der Kanadier erlebte bei Williams ein enttäuschendes zweites Jahr in der Königsklasse des Motorsports. Die schwachen Resultate schreibt er nicht sich jedoch selbst auf die Fahne. Er glaubt, gegenüber seiner Debütsaison deutliche Fortschritte gemacht und aus seinen Möglichkeiten das Beste zu haben.

"Ich denke nicht, dass es fair ist die beiden [Jahre] zu vergleichen", geht Stroll sogleich in die Defensive, als Motorsport-Magazin.com ihn nach seinem Fazit der Saison 2018 fragt. An der Seite von Felipe Massa hatte er im Vorjahr noch 40 Punkte erzielt und damit nur drei weniger als der erfahrene Brasilianer. Zudem fuhr er in Baku als Dritter sensationell auf das Podest und ging in Monza nicht weniger überraschend vom zweiten Startplatz ins Rennen.

2018 war er von derartigen Highlights dieser Art Lichtjahre entfernt. Lediglich sechs Zähler sammelte er in den 21 Rennen, Teamkollege Sergey Sirotkin sogar nur einen. "Es war sehr frustrierend für uns alle", erklärt Stroll. "Das ganze Team ist hier, um sich im Wettkampf zu beweisen. Aber dieses Jahr haben wir das nicht wirklich. Es war mehr eine Saison, in der wir nur teilgenommen haben anstatt zu kämpfen."

Stroll konnte Fortschritte mit schwachem Williams nicht zeigen

In der Gesamtwertung rutschte das Team vom fünften auf den zehnten und letzten Platz ab. Für Stroll war das hauptsächlich einem Faktor geschuldet. "Mit der Performance dieses Autos war die gesamte Saison ein Krampf", stellt er dem FW41 ein vernichtendes Urteil aus. Für ihn war es kein Wunder, dass er an seine Erfolge aus dem Vorjahr nicht anknüpfen konnte.

"Ich glaube, dass ich heute ein kompletterer Fahrer als noch vor einem Jahr bin. Aber mit diesem Paket war ich einfach nicht in der Lage, das zu demonstrieren. Aber das ist einfach die Natur dieses Sports. So läuft es, und ich muss das als Fahrer akzeptieren", sagt Stroll, der seinen eigenen Reifeprozess als gelungen betrachtet.

"Es ist eine Kombination von Dingen. Hauptsächlich ist es die Erfahrung. Ich habe so viel gelernt in meiner zweiten Saison in der Formel 1. Die Zeit mit den Ingenieuren, ich habe mein Wissen über die Formel 1 erweitert, über die Reifen, Racing, Qualifying. Durch mehr Fahrzeit allein lernt man einfach schon so viel", erklärt er. Deshalb ist er stolz auf das, was er 2018 trotz der widrigen Umstände erreicht hat.

Vater Lawrence Stroll kaufte für Sohn Lance mit Force India ein eigenes Team, Foto: Sutton
Vater Lawrence Stroll kaufte für Sohn Lance mit Force India ein eigenes Team, Foto: Sutton

Wie 2017: Stroll stolz auf Baku, Monza und seine Starts

Wie schon 2017 waren Baku und Monza die Orte, an denen er die besten Resultate feierte. Nur dort reichte es im Qualifying für die Top-10 und im Rennen für Punkte. "Die paar Mal, die wir Punkte gehabt haben, waren für uns großartige Highlights. Wir haben dort Autos geschlagen, die schneller waren als unseres. Wenn ich im Qualifying ins Q3 gefahren bin, waren das wirklich große Erfolge, wenn man bedenkt, wie schlecht unsere Performance war. Auf diese Momente bin ich immer noch stolz."

Vor allem eine Statistik erfüllt den Milliardärssohn mit innerer Zufriedenheit. In den Startrunden der Grands Prix war er in der Saison 2018 den Zahlen nach der erfolgreichste Fahrer. Insgesamt machte Stroll in der ersten Runde 36 Positionen gut, womit er im Durchschnitt 1,89 Autos pro Rennen kassierte. Andererseits war er mit einem Schnitt von Position 17,33 auch der Pilot mit dem schlechtesten Durchschnittswert im Qualifying.

"Ich denke, dass ich mein Auto in der ersten Runde einfach gut positioniert habe", ist er trotzdem stolz auf seine Statistik und schreibt hier auch dem Auto einen Teil des Erfolges zu. "Eine Sache, die wir gut konnten, waren die Starts. Da waren wir in den letzten Saisons stark. Das habe ich genutzt und in der Startrunde weise agiert."

Stroll unterliegt im Qualifying Sirotkin: Habe mehr Punkte als er geholt

Eine andere Statistik spricht hingegen weniger für ihn. Im Qualifyingduell zog er auch im zweiten Jahr wieder den Kürzeren. Nachdem ihm die 17:2-Klatsche gegen den erfahrenen Massa noch nachgesehen wurde, gibt es für die doch sehr deutliche Niederlage von 13:8 gegen Rookie Sergey Sirotkin keine wirkliche Entschuldigung.

"Ich habe mehr Punkte als er geholt und war im Q3", lenkt er das Gespräch darauf angesprochen auf die für ihn positiveren Statistiken. "Im Q2 waren wir gleich häufig." Im kommenden Jahr wird ihm bei Force India mit Sergio Perez eine deutlich größere Herausforderung ins Haus stehen. Er will den Vergleich mit dem Mexikaner erstmal auf sich zukommen lassen.

Lance Stroll wird selbst bei den Testfahrten stets von Familienmitgliedern wie seiner Schwester begleitet, Foto: Sutton
Lance Stroll wird selbst bei den Testfahrten stets von Familienmitgliedern wie seiner Schwester begleitet, Foto: Sutton

Neuanfang bei Force India: Stroll noch lange nicht fertig

"Dazu kann ich im Moment noch nichts sagen, denn ich habe noch nicht genug gesehen. Ich weiß nicht genug über das, was bei Force India passiert. Ich muss da erst mehr drüber wissen", hält sich Stroll bedeckt. Er erwartet aber, dass er 2019 noch eine Schippe drauflegen wird, was seine fahrerischen Fähigkeiten anbelangt.

"Ich bin noch lange nicht fertig. Ich bin gerade erst 20 Jahre alt geworden und glaube, dass ich noch weit davon entfernt bin, mein volles Potential zu entfalten. Ich versuche jedes Jahr, ein Stück näher zu kommen. Über den Winter werde ich reflektieren und an meinen Schwächen arbeiten und auf meinen Stärken aufbauen", sagt er.