10 Sekunden Stopp-und-Go. Diese Strafe bekam Esteban Ocon am Sonntag in Brasilien für seine Kollision mit Max Verstappen, nachdem er versucht hatte, sich zurückzurunden. Beide Konfliktparteien waren damit unzufrieden.

Das Red-Bull-Lager, allen voran Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko, forderte eine viel härtere Strafe. Auf der anderen Seiten verteidigten sich Force India und Ocon. Sie argumentierten damit, dass das Zurückrunden in der Formel 1 nicht verboten sei. FIA-Rennleiter Charlie Whiting zieht nach dem Rennen allerdings einen klaren Schluss: Die Straf-Entscheidung der Stewards sei richtig gewesen.

Whiting: Ocon darf sich zurückrunden - aber nicht so

Esteban Ocon argumentierte nach dem Rennen in den Interviews, er habe vom Team die Anweisung bekommen, sich zurückzurunden. Laut ihm und seinem Teamchef Otmar Szafnauer war das notwendig, weil er zu dem Zeitpunkt auf frischen Reifen unterwegs war. Da er in sein eigenes Rennen im Mittelfeld verwickelt war, fuhr er bessere Zeiten als der Führende Max Verstappen. Schließlich hatte er eine andere Strategie, und andere Reifen gewählt.

Danach meinten Ocon und Szafnauer: Zurückrunden ist doch erlaubt, oder? "Natürlich darf man sich zurückrunden", bestätigt Formel-1-Rennleiter Charlie Whiting in seinem Media-Briefing nach dem Rennen. "Aber du erwartest, dass es sicher, und noch wichtiger, dass es sauber und ohne zu kämpfen gemacht wird."

Ocon-Kampf mit Verstappen für Whiting inakzeptabel

Whiting räumt ein, dass Verstappen Ocon zumindest hätte vorbeilassen können. "Wenn er schneller ist, dann würde man normalerweise von Red Bull erwarten, dass sie sagen: 'Ocon ist schneller, lass ihn durch', oder so etwas", erklärt Whiting. So sieht für ihn eine erfolgreiche, faire und sinnvolle Zurückrundung aus. "Natürlich erwartest du, dass es in sicherer Form erledigt wird."

Verstappen und Red Bull wollten Ocon offenbar nicht vorbeilassen. Vor dem Manöver deckte Verstappen in der ersten Kurve sogar die Innenseite ab, und zwang Ocon damit, es entweder außen zu versuchen oder zurückzustecken. Da wäre laut Whiting Zurückstecken die richtige Lösung gewesen: "Scheinbar ist er einfach reingestochen. Es war etwas unglücklich, dass er dann dafür gekämpft hat. So etwas ist absolut inakzeptabel."

Whiting stellt klar: Immer Vorsicht - nicht nur beim Führenden

Die Entscheidung der Stewards in Brasilien war für Whiting also absolut richtig. Zurückrunden soll nur vorsichtig und mit Rücksicht auf das Auto in der Runde davor erfolgen. Ein aggressives Herangehen wie bei einem echten Kampf um Positionen soll nicht passieren. Ob das Auto vorne wie Verstappen das Rennen anführt, spielt für Whiting allerdings keine Rolle.

"Ich glaube nicht, dass es einen Unterschied macht, ob es der Führende ist", so Whiting. "Es machte das in den Augen vieler Leute noch schlimmer. Aber was die Stewards angeht, macht das keinen Unterschied." Wer beim Zurückrunden mit dem Auto davor kollidiert, hat Schuld. Zusätzliche Vorsicht sei einfach angebracht.

Eine schlimmere Strafe für Ocon stand auch nicht im Raum. Die nächsthöhere Strafe wäre ohnehin bereits eine Disqualifikation gewesen. Damit entspricht die Stewards-Entscheidung auch den Ansichten von anderen Fahrern. "Du hattest alles zu verlieren", meinte Sieger Lewis Hamilton etwa nach dem Rennen im Cooldown-Raum und wiederholte das dann auch später in seiner Medienrunde.

Hamilton verstand Ocons Manöver: "Ich dachte, es ist fair, er darf sich zurückrunden." Bei Hamilton klang dann die Erfahrung durch: "Natürlich willst du keinen Unfall verursachen, aber in diesem Szenario gibt man sich gegenseitig Platz, das ist so einfach. Du kannst nie davon ausgehen, dass die Person innen zurücksteckt, nur weil sie überrundet ist."