1. - S wie Startaufstellung

Zum ersten Mal seit fünf Jahren, dem USA GP 2013, stehen in Mexiko wieder zwei Red Bull in der ersten Reihe einer Startaufstellung der Formel 1. Von der Pole Position ins Rennen (heute live auf RTL, im ORF, SRF, F1-TV-Stream und Live-Ticker von Motorsport-Magazin.com) geht aber nicht Trainingsdominator Max Verstappen, sondern Daniel Ricciardo. Im Qualifying war der Australier eine Winzigkeit von 0,026 Sekunden schneller.

In der zweiten Reihe lauern direkt dahinter und direkt nebeneinander die beiden Titelrivalen, mit Lewis Hamilton, der sich knapp vor Sebastian Vettel behauptete. Reihe drei ist in rein finnischer Hand ihrer Teamkollegen bei Mercedes und Ferrari: Valtteri Bottas vor Kimi Räikkönen.

Hinter den geschlossen mit den Ultrasofts, der mittelharten Mischung in Mexiko, startenden Top-Teams machen sich auf Hypersofts zunächst die beiden Renault, dann die beiden Sauber in den Top-10 breit. Hier hatten jeweils Nico Hülkenberg und Charles Leclerc teamintern einmal mehr die Hosen an. Als erste Fahrer mit freier Reifenwahl starten dahinter Esteban Ocon, Fernando Alonso und Sergio Perez.

2. - S wie Start

Die bereits genannten Reifenmischungen spielen für den Start in Mexiko jedoch die weniger große Rolle - auf das schwarze Gold kommt es vor allem bei der Strategie an (s.u.). Denn auf dem Autodromo Hermanos Rodriguez zählt am Start - anders als zuletzt in Austin - wegen der mit 890 Metern sehr langen Wegstrecke bis Kurve eins weniger Traktion aus der Box als Windschatten.

Genau deshalb ärgerte sich Hamilton trotz eines mit P3 für seine Verhältnisse desaströsen Qualifying-Ergebnisses kaum - auch wenn Mercedes sich ohnehin kaum Chancen gegen Red Bull ausgerechnet hatte. "Hinter Red Bull zu sein ist keine schlechte Startposition. Beim Start haben wir vielleicht Windschatten von denen vor uns und können so etwas ausrichten", hofft Hamilton.

Zurückhalten will sich der Brite dabei nicht - obwohl er im WM-Kampf gar nichts mehr riskieren, ohnehin nur Siebter werden muss. "Ich werde kämpfen, um wenigstens eine Position zu gewinnen", kündigt Hamilton Attacke an. Er werde garantiert nicht auf Sicher spielen. Genau dann könne es auch schnell erst richtig daneben gehen.

"Wenn du es locker angehen lässt, kannst du genauso getroffen werden", weiß der Brite. Weiß er auch aus dem Vorjahr, als ihn ausgerechnet Vettel in einer sehr ähnlichen Ausgangslage in Sachen WM abräumte. "Du hast ja im vergangenen Jahr hier gesehen, was mit dem roten Auto von hinten kommend passiert ist ..."

"Diese Startaufstellung liefert auf jeden Fall Potential für ein Gemetzel auf der Geraden und in den ersten Kurven", mahnt auch Toto Wolff. Der Mercedes-Teamchef verweist dabei besonders auf eine Eigenschaft: Je weiter hinten in den Top-6, desto größer der Speed auf der Geraden. "Die Red Bull haben in Reihe eins den geringsten, dann wir, dann Ferrari, die hier zehn km/h vor allen sind", schildert Wolff.

"Wir haben einen guten Speed auf der Geraden, also schauen wir, was wir in Kurve eins machen können", bestätigt Vettel. "Deshalb kann man sich ja vorstellen wie das die Gerade runter aussehen wird. Wir können einfach hoffen, mit beiden Autos intakt durchzukommen", sagt Wolff.

Ein Plan, den sich auch Red Bull ganz groß auf die Fahnen schreibt. Einen weiteren teaminternen Crash aus bester Ausgangslage a la Baku will man unbedingt vermeiden. Doch gerade jetzt ist Verstappen mit viel Frust nur Zweiter im Quali geworden, wird um jeden Preis angreifen. Ricciardo hingegen versprach bereits, weitere Herzattacken am Kommandostand verhindern zu wollen.

Der will den Fahrer ohnehin kein Korsett anlegen. "Sie dürfen gegeneinander fahren, aber es muss fair bleiben. Das Rennen wird nicht in der ersten Kurve gewonnen", sagt Teamchef Christian Horner bei Sky. Nur eine Regel gebe es: Dieselbe LKW-Taktik, die Mercedes schon in Russland verfolgte."Sie müssen Synchronfahren machen", beschreibt Horner. "So breit machen wie möglich." Sich mehr auf die echten Gegner als den teaminternen Kampf konzentrieren also.

Ricciardo jedenfalls scheint es beherzigen zu wollen. "Ich denke, es ist zu früh um zu sagen, dass es nur ein Rennen zwischen uns beiden wird. So schön das auch wäre, der Run auf die erste Kurve ist am Sonntag lang", sagt der Australier. So lang, dass sich selbst Räikkönen von P6 noch etwas ausrechnet. "Der Windschatten entscheidet hier alles. Das bringt einen massiven Unterschied", sagt der Finne.

"Wir müssen also einen guten Windschatten bekommen und uns in den ersten Kurven aus allen Problemen raushalten. Aber hier ist es immer sehr hektisch", mahnt der Iceman jedoch auch. Durch den geringen Abtrieb in der Höhenluft sind die Autos extrem nervös.

3. - S wie Strategie

Schlüsselfaktor eins ist der Start, mindestens genauso wichtig ist jedoch die Strategie. Am Freitag litten die Reifen in Mexiko extrem. Da war es allerdings auch deutlich wärmer. Dennoch sollen die 71 Rennrunden alles andere als ein leichtes Einstopp-Rennen werden. "Ein gewaltige Vielfalt an Strategien ist im Rennen denkbar", sagt Pirellis Mario Isola.

Tatsächlich empfehlen die Italiener als schnellste Varianten sogar gleich zwei Zwei-Stopp-Optionen. Entweder neun Runden Ultrasoft, dann zwei Supersoft-Stints à 31 Runden. Oder fünf Runden Hypersoft, dann zwei 33-Runden-Stints auf Supersoft. Ein Einstopper sei etwas langsamer und erfordere jede Menge Reifenmanagement.

Die Hypersoft-Variante scheidet an der Spitze ohnehin aus. Niemand startet auf Hypersoft. "Wir glauben einfach, dass der Hypersoft nach 2,5 Runden schmilzt. Das ist kein Reifen, den du im Qualifying fahren kannst", erklärt Toto Wolff. "Das ist ein reiner Qualifying-Reifen. Schon in der zweiten Runde ist der Utrasoft schneller", bestätigt Bottas.

Mercedes hatte nach dem extrem schwachen Freitag daher umso größere Sorgen, das Q3 gar nicht mit dem Ulrasoft erreichen zu können. Doch es ging sich dank eines gewaltigen Performance-Sprungs aus. "Das wäre sonst ein erheblicher Nachteil gewesen", sagt Hamilton, kann aufatmen. Doch gewonnen ist deshalb noch nichts. Nur kein Nachteil ist entstanden.

Tatsächlich stehen jetzt alle drei Top-Teams vor derselben Hürde. "Die Reifen und die Strategie werden im Rennen entscheidend sein", weiß Vettel. "Es geht um die Reifen, die sind höllisch fragil. Es wird darauf ankommen, dass wir die richtige Strategie haben, um vor Ferrari und Mercedes zu bleiben". sagt Red Bulls Horner. "Es ist ein langes Rennen, in dem Reifenmanagement der Schlüssel sein wird", bestätigt Räikkönen. Nur ein Stopp sei da am besten. "Das wird jeder versuchen", sagt der Finne zu Motorsport-Magazin.com.

4. - S wie Sonntagswetter

Direkten Einfluss auf die Reifen und Strategie hat dabei das Wetter. Am Freitag war es, wie bereits gesagt, deutlich wärmer als am Samstag - und als es auch am Sonntag bleiben soll. "Morgen hängt es auch wieder vom Wetter ab", sagt Räikkönen deshalb. Der Finne hatte diesen Faktor als extrem entscheidend ausgemacht. Je kühler es war, desto stärker ging der Ferrari in Relation zu Red Bull, die auch bei wärmerer Strecke und Umgebung besser funktionierten

Sehr ähnlich klingt sein Landsmann. "Je höher die Temperaturen sind, desto mehr kämpfen wir", sagt Bottas. Im Qualifying habe er das sehr gut beobachten können. "In Q1 war ich noch Erster und als die Strecke am Ende am wärmsten war, war es am kniffligsten", so der Finne. Im Rennen sollen die Temperaturen recht ähnlich bleiben, immerhin nicht so warm wie am Freitag. Das darf also vor allem Ferrari und Mercedes hoffen lassen, zumal letztere am Freitag auch noch mit Überhitzung zu kämpfen hatten.

Nicht zuletzt geht es aber auch noch um Regen. Für kurz nach Rennstart sind 80 Prozent Regenwahrscheinlichkeit vorhergesagt. Auch in der Nacht zuvor könnte es wieder kübeln. Ist die Strecke dann im Rennen trocken, würde auch das etwas ändern. "Das resettet die Strecke. Und wenn sie grün ist haben wir mehr Graining", fürchtet Bottas.

5. - S wie Safety Car

Nicht zu vergessen ist bei alldem ein Safety Car. In zwei der drei Rennen seit dem Mexiko-Comeback nahm Bernd Mayländer Einfluss auf das Renngeschehen. Auch 2018? Sollte es zu einem Einsatz kommen, könnte das Gewicht des Safety Cars angesichts der diffizilen Reifensituation umso schwerer wiegen. Ein frischer Reifen dank Stopp fast zum Nulltarif sollte in Mexiko besonders viel bringen.

6. - S wie Schlussakkord

Oder Schlussakkorde. Sowohl in der Fahrerwertung wie auch Teamwertung können sich Lewis Hamilton und Mercedes vorzeitig zu den alten und neuen Champions krönen.In Mexiko können gleich beide Titelentscheidungen fallen. Deutlich leichter hat es Hamilton. Wird er Siebter oder besser, ist er Weltmeister - egal was Vettel macht. Der muss unterdessen gewinnen und ist dann auf ein passendes Hamilton-Ergebnis angewiesen.

Doch Mercedes traut dem Braten noch immer nicht. Allein schon der Defekt an Bottas' Power Unit im dritten Training, sorgte dafür, dass wieder alle Alarmsirenen anschlugen, Tiefstapel-Toto wieder zum Mahner-Wolff avancierte. "Wir haben gerade erfahren, dass die Probleme Lewis' Motor nicht auch betreffen. Trotzdem war es wieder ein Reminder, wie fragil alles ist. Die Zuverlässigkeit wird noch eine Rolle in dieser WM spielen, weshalb morgen der Fokus darauf liegt, auch in diesem Bereich das Rennen mit der bestmöglichen Performance zu bestreiten", sagt Wolff.

So kann sich Lewis Hamilton heute zum Formel-1-Weltmeister 2018 krönen, Foto: Motorsport-Magazin.com
So kann sich Lewis Hamilton heute zum Formel-1-Weltmeister 2018 krönen, Foto: Motorsport-Magazin.com

"Mit dem, was wir heute erreicht haben, können wir zufrieden sein. Aber wir müssen es jetzt morgen wiederholen. Wir haben alles in der Hand, indem wir mit Lewis ein gutes Ergebnis holen, das die WM für ihn entscheidet. Aber wir dürfen den Ball nicht fallen lassen bis er über die Linie ist", fordert Wolff.

Für Valtteri Bottas geht es unterdessen nur noch um Einzelresultate - obwohl: "Ich habe nichts zu verlieren", kündigt der Finne zwar volle Attacke am Start an. "Aber ich muss mich auch daran erinnern, dass wir noch um die Konstrukteursweltmeisterschaft kämpfen und muss das Risiko entsprechend kalkulieren."

7. - S wie Sieger

Doch wer hat in Sachen purer Performance im Rennen dann letztlich die Hosen an? Am Freitag deutete noch alles auf Red Bull hin, wenngleich die Longruns nicht ganz so überragend aussahen wie die Pace auf eine Runde. Doch fanden Mercedes und Ferrari über Nacht plötzlich eine stramme Sekunde. Und sind Favorit am Start. Kann Red Bull dann wieder kontern?

Christian Horner geht davon aus. "Wir haben es heute gut ausgeführt und müssen es morgen jetzt nur wieder ausführen", sagte der Teamchef nach dem Qualifying sogar betont zuversichtlich. "Ich denke, es ist zu früh um zu sagen, dass es nur ein Rennen zwischen uns beiden wird", meint dagegen Ricciardo. Auch wegen des Starts.

Doch selbst bei Positionsverlust sei nicht alles verloren. "Ich denke, wenn du das schnellere Auto hast kannst du immer noch überholen. Also sind wir hoffentlich den ganzen Tag über das schnellste Auto", so der Australier. Bei Ferrari vertraut man hingegen darauf, im Rennen nachzulegen. "Normalerweise ist das der Fall", sagt Räikkönen.

Vettel setzt unterdessen auf die Zuverlässigkeit. "Wir hatten da bisher die beste. Die Red Bull sind sehr schnell und hart zu schlagen, aber vielleicht schlagen die sich ja selbst", so Vettel sowohl mit Blick auf Unfallgefahr bei den Bullen als auch die anfälligen Renault-Motoren der Konkurrenz.

Mercedes schätzt Red Bull ebenfalls stark ein. "Aber unser Auto ist über Nacht sehr viel besser geworden. Mit dem von gestern wäre im Quali maximal P5 und P6 drin gewesen", so Bottas. "Mit Ferrari wird es auf jeden Fall eng." Toto Wolff macht sich auch Hoffnungen: "Wir haben auf jeden Fall die richtigen Tools gefunden ..."