Flavio Briatore ist eine lebende Legende der Formel 1. Der Italiener war Mentor von Michael Schumacher und Fernando Alonso. Er war als Teamchef dabei, als das Duo seine ersten WM-Titel in der Königsklasse einfuhr. Briatore weiß also, wie man einen Fahrer zum Erfolg coacht.

Für Sebastian Vettel, gerade kurz davor, zum zweiten Mal den WM-Kampf gegen Lewis Hamilton zu verlieren, hätte er aktuell auch ein Rezept parat. "Der Unterschied, in der WM zu gewinnen oder nicht, ist sehr klein", sagt Briatore. Aus Sicht des Italieners begeht der Ferrari-Pilot vor allem einen entscheidenden Fehler.

Briatore: Vettel gewinnt Rennen, aber nicht den Titel

"Vettel gewinnt nicht die Meisterschaft. Er gewinnt Rennen und so funktioniert das nicht", meint Briatore in der neuen Ausgabe des Podcasts 'Beyond Victory' von Nico Rosberg. Der Name ist in dieser dritten Ausgabe also Programm. Siege alleine sind nicht alles, meint Briatore. Immer nur an den einzelnen Grand Prix zu denken, sei der größte Fehler in einem WM-Kampf über eine lange Saison hinweg.

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"Es geht um die Ausdauer. Nicht die Podien sind wichtig, sondern die Punkte zählen", sagt Briatore bei Rosberg, der 2016 selbst mit dieser Taktik zum Erfolg fuhr. Doch Vettel giere zu sehr danach, immer zu gewinnen, vergesse dabei, auch einfach mal wertvolle Punkte mitzunehmen.

Briatore: Im Titelrennen ist ein dritter Platz Bingo

"Du musst ihm erklären, dass das Rennen 53 Runden geht, nicht eine Runde", so Briatore über das Beispiel Monza, zweite Schikane. Dort attackierte Vettel Lewis Hamilton, drehte sich Weg und fiel ans Ende des Feldes zurück. Eine ähnliche Szene bot sich jetzt in Japan mit Max Verstappen.

"Wir haben mit Fernando dieselbe Erfahrung gemacht. Wenn du die WM gewinnen willst, ist ein dritter Platz bereits Bingo. Es ist wichtig, auf der Strecke zu bleiben", erinnert sich Briatore an seine Lektionen für den Spanier vor dessen erster WM.

Lewis Hamilton machte es in erster Saisonhälfte vor

Briatores Aussagen erscheinen insofern erstaunlich, als dass Vettel eine Erklärung eigentlich nicht benötigen sollte. Immerhin ist der Heppenheimer bereits vierfacher Weltmeister. Vettel weiß also eigentlich ziemlich gut wie es funktioniert mit diesem Formel-1-Titel.

Doch geht es Briatore, ist das offenbar nicht der Fall. "Sein Unfall in Monza hat keinen Sinn ergeben, ganz ehrlich", sagt der Italiener. "Du weißt, dass das Auto besser ist. Du bremst einfach und bleibst dahinter, fertig. Du hast noch 50 Runden, um es gutzumachen", meint Briatore.

"Aber wenn du rausschießt, hast du null Runden dafür. Natürlich konnte er mit seinem Auto noch Vierter werden, weil es besser ist als der Rest des Wettbewerbs. Aber wenn du die Meisterschaft gewinnen willst, dann musst du darin auch ein Meister sein, gut sein und auch Zweiter und Dritter werden. Das Ziel ist nur, die Punkte zu bekommen", erklärt Briatore einen eigentlich sehr simplen Fakt.

Ein Vorgehen, dessen Erfolgsaussichten Lewis Hamilton mit seiner ersten Saisonhälfte bestätigte. Gegen den da noch stärkeren Ferrari fuhr Hamilton lange Zeit auf Sicherheit, nahm mit, was ging. Gegen den jetzt stärkeren Mercedes macht Vettel jedoch etwas anderes. Nämlich nicht das, wie er normalerweise vorgehen würde, sondern nimmt zu viel Risiko. Wie die Ergebnisse beweisen, tatsächlich ein Fehler.

Nicht Siege zählen, sondern Punkte

Und ein Teufelskreislauf. "Wenn du drei oder vier Gelegenheiten so liegen lässt, sind es jedes Mal 25 weggeworfene Punkte und danach wird es mental dann sehr schwierig", sagt Briatore. Mit Schicksal habe all das nichts zu tun. "Du wirst nicht Weltmeister, weil du Glück hast. Glück und Pech balancieren sich über 20 Rennen aus", so Briatore.

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"Du musst nicht jedes Rennen gewinnen, um den Titel zu gewinnen. Es geht nicht um die Siege, es geht um die Punkte. Wenn du ein konkurrenzfähiges Auto hast, überholst du jemanden. Wenn du aber einen Unfall mit dem hast, der mehr Punkte hat als du, dann wechselt der Vorteil zu deinem Konkurrenten", erklärt Briatore allgemein, aber auch speziell zur Causa Monza. "Aber wenn du ausfällst, dann ist es das schlechteste Szenario - das ist bekannt."