Bei McLaren könnte man meinen, das Wort Qualifying kommt von Qual. Wobei: Eigentlich ist in der Formel 1 Saison 2018 alles eine Qual für den Traditionsrennstall. Einst vom Erfolg verwöhnt, gewöhnt man sich nun an blamable Vorstellungen. So blamabel wie beim Japan GP trat McLaren aber wohl in der gesamten Teamgeschichte noch nicht auf.

Dabei sind die Startplätze 18 und 19 noch schmeichelhaft für Fernando Alonso und Stoffel Vandoorne. Wäre Marcus Ericsson im Q1 nicht abgeflogen, hätten sich beide McLaren-Fahrer auf den letzten beiden Plätzen qualifiziert.

Die Betonung liegt auf 'qualifiziert'. Dass beide Boliden des Rennstalls von den letzten beiden Rängen aus ins Rennen gingen, gab es in der jüngeren Vergangenheit ob endloser Motorstrafen häufiger. Mit der puren Qualifikations-Performance ist McLaren aber an einem neuen Tiefpunkt angelangt.

Alonso erklärt McLaren-Blamage

"Es war ein harter Tag. Wir sind die letzten beiden Autos, es war wirklich nicht unsere beste Performance", kommentiert Fernando Alonso das Debakel und rechnet schonungslos ab: "Wir waren das gesamte Wochenende über jede einzelne Session langsam - auf allen Reifen."

Dabei glaubte Alonso selbst noch, dass Suzuka zumindest ein bisschen besser sein müsste als Sotschi vor einer Woche. "Aber diese Kurs verlangt nach hoher aerodynamischer Effizienz und das scheint uns mehr zu schaden als den anderen", analysiert er. "Genau diese aerodynamische Effizienz haben wir nicht und speziell hier braucht man ein Auto mit viel Abtrieb und wenig Luftwiderstand für die langen Geraden."

Am puren Abtrieb scheint es bei McLaren nicht zu scheitern. Aber der Abtrieb wird beim MCL33 wie schon bei seinen Vorgängern teuer erkauft - mit Luftwiderstand. Suzuka ist mit seinen vielen schnellen Kurven und langen Vollgas-Passage eine klassische Kompromiss-Strecke.

"Die Balance war gut, es war nicht so, dass wir noch irgendwo hätten Zeit finden können", verteidigt Alonso zumindest seine eigenen fahrerischen Fähigkeiten. Angesichts des Qualifying-Duells müsste er das gar nicht. Im 17. Rennen der Formel 1 Saison 2018 gab es den 17. Sieg gegen Teamkollege Stoffel Vandoorne. Alonso ist der einzige Fahrer, der noch eine weiße Weste hat.

Nicht nur, dass Vandoorne einmal mehr langsamer als Alonso war, er bekam sogar eine halbe Sekunde vom Altmeister aufgebrummt. "Wir scheinen im Qualifying keinen Schritt nach vorne machen zu können", erklärt Vandoorne. "Hoffentlich wird es im Rennen ein bisschen besser, aber auf dieser Strecke ist überholen schwierig."

Der Belgier, der Suzuka aus seiner Saison in der Super Formula bestens kennt, sieht zumindest einen Hoffnungsschimmer: "Wenn es morgen heißer wird, könnte das die Reifen etwas zum blistern bringen. Wir waren gut in Rennen, in denen Reifenmanagement der Schlüssel war. Dann könnte die Strategie den Unterschied machen."

McLaren Sportdirektor: Operativ gutes Wochenende

Nur Sportdirektor Gil de Ferran konnte dem Japan GP bisher etwas Gutes abgewinnen: "Auf operativer Seite war es ein gutes Wochenende." Doch die Tatsache, wie weit de Ferran ausholen muss, um etwas Positives zu sagen, spiegeln die aktuelle Lage gut wieder. "Es ist toll hier in Japan zu sein. Es ist erst Samstag und man kann die Leute schon vom Kommandostand hören."

Noch euphorischer würden die Japaner McLaren wohl zujubeln, würden sie noch mit Honda-Aggregaten fahren. Doch die wollte McLaren über den Winter unbedingt loswerden. Vor einem Jahr qualifizierten sich Alonso und Vandoorne im McLaren-Honda noch auf den Rängen zehn und elf. Toro Rosso, seit dieser Saison mit Honda-Motoren unterwegs, qualifizierte sich heute mit der neuen Ausbaustufe der Honda Power Unit auf den Rängen sechs und sieben.