Nico Hülkenberg übernahm vor einem Jahr in Singapur einen äußerst ungeliebten Formel-1-Rekord. Der Emmericher löste Landsmann Adrian Sutil 2017 beim Nachtrennen in Südostasien als Fahrer mit den meisten Grand-Prix-Starts ohne Podium ab. Zwölf Monate später feiert der Hulk sein 150. F1-Rennen - und ist dabei, seine Negativserie weiter auszubauen. Edelmetall ist für ihn auch im zweiten Jahr mit Renault außer Reichweite.

"Tja, gute Nummer", so Hülkenberg angesichts der durchaus beeindruckenden Anzahl an Formel-1-Starts, welche er am Rennsonntag in Singapur erreichen wird. Die Erwartungen mit denen er 2010 für Williams in der Königsklasse debütierte, haben sich bis dato aber nicht erfüllt. Gegenüber Motorsport-Magazin.com gibt sich der 31-Jährige dennoch stolz, sich so lange in der F1 gehalten zu haben.

Hülkenberg kämpft weiter ums Podest: Flasche bis zum letzten Tropfen leeren

"Klar hätte ich gerne das eine oder andere mehr erreicht, mal ein Rennen gewonnen oder auf dem Podium gelandet. Aber wir kennen die Geschichte alle", so Hülkenberg über seinen bisherigen Karriereverlauf, der für ihn an seiner Daseinsberechtigung aber nicht das Geringste ändert: "Ich glaube, ich habe mich bewiesen und bin deshalb noch hier."

Mit Anfang 30 und noch mindestens einem Jahr bei Renault ist Hülkenberg zuversichtlich, dass für ihn in der F1 noch lange nicht Schluss ist. Wie viele Rennen es noch werden? "Schauen wir mal. So 75 bestimmt noch", flachst er. Der Podestbesuch soll auf jeden Fall noch drin sein: "Früher oder später werde ich auch mal so eine Flasche leer spritzen, aber dann bis zum letzten Tropfen."

Top Ten: F1-Fahrer mit meisten GP ohne Podium

FahrerGP ohne Podium
Nico Hülkenberg149
Adrian Sutil128
Pierluigi Martini119
Philippe Alliot109
Pedro Diniz98
Ukyo Katayama95
Jonathan Palmer 83
Marc Surer82
Vitantonio Liuzzi80
Piercarlo Ghinzani75

Das Podium hatte er in seinen bisher 149 Rennen nur vereinzelt vor Augen. Dass es in dieser langen Zeit noch nicht gereicht hat, gleicht einem Fluch. Oft fehlte es am Rennglück, manchmal war es aber auch Hülkenberg selbst, der es verpasste die Chance mit beiden Händen zu ergreifen. Motorsport-Magazin.com wirft einen Blick zurück auf seine verzweifelte Jagd nach Edelmetall.

Brasilien 2012 - Hülkenbergs unvollendete Meisterprüfung

Nico Hülkenberg ließ sich auf der großen Bühne der Formel 1 von Anfang an nicht lumpen. Im Debüt-Jahr mit Williams ließ er am vorletzten Rennwochenende der Saison in Brasilien mit einer überraschenden Pole Position aufhorchen. Der Rookie wurde seinem Ruf als zukünftiger Grand-Prix-Sieger in allen Belangen gerecht. Nach einem Jahr Auszeit kehrte er 2012 mit Force India in die Königsklasse zurück und machte dort weiter, wo er 2010 aufgehört hatte. In Interlagos führte er abermals eine Gala-Vorstellung auf. Der unter Mischbedingungen stets starke Hülkenberg zeigte in Brasilien über weite Strecken ein fahrerisch und taktisch erstklassiges Rennen.

In der 18. Runde seines 39. Grand Prix übernahm er dabei erstmals die Führung. Diese sollte er bis Runde 48 halten - bis ihn Hamilton überholte. Hülkenberg wäre an diesem Sonntag in Sao Paulo mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Podestplatz belohnt worden. Da es Hamilton jedoch nicht gelang den Force-India-Piloten abzuschütteln, setzte dieser in der 55. Runde zum Konter für den Sieg an - mit fatalen Folgen: Beim Angriff ins Senna-S verlor er das Heck und riss Hamilton aus dem Rennen. Er konnte zwar weiterfahren, doch mit Platz fünf wurde aus dem Podium nichts.

Italien & Korea 2013 - Hülkenbergs Sauber-Wunder

Zur Saison 2013 wechselte Hülkenberg von Force India zu Sauber. In der ersten Saisonhälfte machte es der C32 ihm schwer, sich in Szene zu setzen. Nach der Sommerpause kam das schweizerisch-deutsche Gespann dann doch richtig in Fahrt. In Monza qualifizierte Hülkenberg sich auf einem starken dritten Rang und fuhr im Rennen auf Platz fünf. Er überquerte die Ziellinie dabei lediglich zehn Sekunden hinter Sieger Sebastian Vettel. Auf den dritten Platz fehlten ihm gerade einmal vier Sekunden. Wenige Wochen später warf er in Korea wieder einmal seine Qualitäten als Regen-Fahrer in die Waagschale.

Unter schwierigsten Bedingungen kämpfte er sich auf Platz vier nach vorne und verteidigte diesen gegen Hamilton, Alonso und Rosberg. "Ich bin heute eines der besten Rennen meiner bisherigen Karriere gefahren. Ich hatte schon früher Autos im Spiegel, aber heute waren es einige und es war ziemlich anstrengend. Lewis hat am Ende richtig Druck gemacht", konstatierte Hülkenberg damals. Die Anerkennung der Gegner wurde ihm an diesem Tag zweifelsohne zuteil, doch für die Statistik stand letztendlich nur die Blechmedaille zubuche.

Mit einem der schwächsten Autos seiner Karriere zeigte Hülkenberg 2013 bei Sauber einige seiner besten Rennen, Foto: Sutton
Mit einem der schwächsten Autos seiner Karriere zeigte Hülkenberg 2013 bei Sauber einige seiner besten Rennen, Foto: Sutton

Bahrain 2014 - Perez schnappt das Podium weg

Nach einem einjährigen Sauber-Gastspiel kehrte Hülkenberg 2014 zurück zu Force India, wo er Podest-Garant Sergio Perez zur Seite gestellt bekam. Der Mexikaner hatte zu diesem Zeitpunkt in Diensten von Sauber bereits drei Podien eingefahren. Hülkenberg sollte bald herausfinden, warum. Beim dritten Saisonrennen in Bahrain kämpfte er mit Williams-Pilot Felipe Massa um die dritte Position, nachdem er sich vom zwölften Startplatz aus vorgearbeitet hatte. Perez befand sich in Lauerstellung nutzte ein Scharmützel der Beiden aus, um vorbeizugehen.

Gegen Rennende wurde das Force-India-Duo von Daniel Ricciardo im Red Bull eingeholt. Während der Australier Hülkenberg noch abfing, ging Perez als Dritter weniger als eine halbe Sekunde vor diesem über die Ziellinie. Hülkenberg hatte an diesem Sonntag klar die bessere Pace. Die schnellste Rennrunde des Deutschen war stramme sechs Zehntel schneller als die von Perez, obwohl beide ihre besten Rundenzeiten im 37. respektive 36. Umlauf mit gleichen Spritmengen hinlegten. Die Podiums-Ehren wurden dennoch dem kaltschnäuzigen Perez zuteil.

Monaco 2016 - Strategie-Pech raubt Podest

Mit einer exzellenten Qualifying-Performance hatte sich Hülkenberg 2016 in den Häuserschluchten von Monaco mit Platz fünf in eine ausgezeichnete Ausgangslage gebracht. Starker Regen am Sonntag brachte die übrigen Zutaten für eine mögliche Podest-Überraschung mit sich. Hülkenberg hielt zunächst seinen fünften Platz. Als die Strecke abtrocknete, lief er jedoch in eine Strategie-Sackgasse. Er wechselte in Runde 15 früh auf Intermediates. Sein Pech dabei: Er kam danach hinter langsameren Fahrzeugen auf die Strecke, die noch auf Regenreifen unterwegs waren.

Perez hatte bei der Strategie das bessere Händchen. Hülkenbergs Teamkollege blieb länger draußen, stoppte auf Platz drei liegend in Runde 21 und hatte danach freie Bahn. Hülkenberg kämpfte unermüdlich weiter, überholte beim Herausbeschleunigen aus der letzten Kurve heraus sogar noch Nico Rosberg im Mercedes und wurde Sechster. Trösten konnte ihn das aber nicht: "Alles in allem habe ich das Gefühl, dass ich eine große Chance verpasst habe."

Sergio Perez griff einige von Hülkenbergs potentiellen Podestplätzen ab, Foto: Force India
Sergio Perez griff einige von Hülkenbergs potentiellen Podestplätzen ab, Foto: Force India

Europa 2016 - Hülkenberg vergibt seine beste Chance

Hülkenberg war dank seiner Regen-Fähigkeiten in Brasilien 2012 schon richtig nah am Podium dran. 2016 hingegen beschenkte ihn die Formel-1-Premiere in Baku mit dem bisher wohl konkurrenzfähigsten Boliden seiner Karriere. Auf dem Power-Kurs in Aserbaidschan trumpfte Force India mit dem Mercedes-befeuerten VJM09 richtig auf. In den Trainings warteten Hülkenberg und Perez als zweite Kraft hinter den Silberpfeilen auf. Ein Podium aus eigener Kraft war in Reichweite.

Hülkenberg verschenkte diese Chance jedoch schon am Samstag. Im Q2 wollte der Emmericher offenbar etwas zu viel und warf seine schnellste Runde weg. Der Einzug ins Q3 blieb ihm verwehrt - Startplatz zwölf war das Resultat. Am Rennsonntag zeigte Perez abermals, wie das Podium geentert wird. Der Mexikaner qualifizierte sich zunächst als Zweiter, musste jedoch eine Strafversetzung von fünf Positionen aufgrund eines Getriebewechsels hinnehmen. Im Rennen erkämpfte er dennoch Platz drei. Hülkenberg wurde Neunter.