Max Verstappen enttäuscht auch beim Großen Preis von Italien nicht. Beim 14. Saisonrennen der Formel-1-Saison 2018 liefert der Red-Bull-Pilot einmal reichlich Diskussionsstoff. Erst auf der Strecke im Duell mit Mercedes-Fahrer Vallteri Bottas, kurz danach auch verbal. Direkt am Boxenfunk - und mit etwas Abstand in seinen Medienrunden.

"Für was denn?!", lederte Verstappen zunächst am Funk los als er von einer Zeitstrafe von fünf Sekunden erfährt. "Kümmer' dich nicht mehr drum. Kopf runter", gibt Red Bull zurück. "Mich nicht mehr darum kümmern? Es ist *langes Beeeep*! Ich habe ihm Platz gelassen. Sie machten einen tollen Job, das Racing zu töten, echt Mal!", rastet Verstappen daraufhin richtig aus.

Verstappen kassiert Strafe für Bottas-Unfall

Doch was war passiert? Laut Verstappen-Funk Folgendes: "Er hat mich am linken Rad berührt!" Er ist Valtteri Bottas. Im zweiten Stint des Italien GP hatte der Finne Verstappen abermals attackiert. Im ersten Stint war Bottas bei seinem ersten Versuch gescheitert. Da hatte Verstappen sich durch leichtes Abkürzen der ersten Schikane in Front gehalten. Dieses Mal aber wurde es noch enger. Red Bull und Mercedes waren Seite an Seite.

Links wollte Bottas vorbei an Verstappen, der innen zugemacht hatte. Doch dann zog Verstappen wieder nach Links, es knallte. Beide konnten zwar weiterfahren, doch musste Bottas in den Notausgang, bleib erneut hinter dem Niederländer. "Ich denke nicht, dass er mit den linken Rädern auf dem Gras war. Du hast ihm also Platz gelassen", funkte Verstappens Renningenieur.

Verstappen stur: Den lasse ich nicht vorbei

Mercedes sah es anders, meldete es den Stewards. Die untersuchten und verordneten Verstappen die fünf Strafsekunden samt zweier Strafpunkte. Genau darauf folgte dann Verstappens eingangs zitierter Verbal-Ausraster. Damit ließ es Verstappen der kuriosen Funksprüche nicht gut sein. Bottas vorbeilassen, um weniger Zeit im Zweikampf zu verlieren, sodass Vettel von hinten nicht näher als fünf Sekunden kommt? Wegen der Strafe vielleicht sinnvoll.

Nicht für Verstappen. Voller Trotz funkte der bereits auf entsprechenden Hinweis Red Bulls: "Ich weiß, dass ich Zeit auf Vettel verliere. Aber es ist mir echt egal!" Doch auch im Ergebnis hätte es am Ende tatsächlich wohl kaum einen Unterschied gemacht. Vettel war einfach zu schnell.

Verstappen verteidigt sich: Habe Auto Platz gelassen

Zudem meint Verstappen später im Interview: "Nachdem ich die Strafe bekommen hatte, wusste ich, dass ich ihn ganz sicher nicht vorbei lasse. Wenn du sowieso schon eine Strafe hast, dann weißt du, dass du sowieso Fünfter wirst. Also hatte ich nichts zu verlieren. Wenn Bottas dich überholt, verlierst du in den nächsten zwei Runden zwei oder drei Sekunden."

Formel 1 2018: Top-Themen nach dem Italien GP (10:53 Min.)

Doch wie beurteilt er die Szene mit Bottas mit etwas mehr Abstand, nicht mehr voller Adrenalin? Genauso wie im Eifer des Gefechts. "Ich kann mit der Strafe nicht gut leben. Das Rennen war viel besser als erwartet, Dritter auf der Strecke zu sein. Das Auto hat im Rennen sehr gut funktioniert. Deshalb ist es wegen der Strafe sehr schade und ich denke, dass ich ihm genug Platz gelassen habe und es okay war", sagt Verstappen.

Verstappen: Bottas ist doch mir reingefahren

Warum? Verstappen: "Du darfst auf der Bremse zurück nach Links, solang du dem anderen Auto genug Platz lässt. Und das habe ich. Wir haben uns dann leicht berührt. Er ist gegen mein Rad gefahren, da kann ich nichts machen. Warum ich eine Strafe dafür bekommen habe, weiß ich nicht. Als er zum ersten Mal versucht hat, mich zu überholen, bin ich etwas weit gegangen, vielleicht haben sie mir die Strafe deshalb gegeben. Aber selbst dann halte ich es nicht für fair, denn sie gaben sie sofort."

Verstappen hätte sich also gewünscht, seine Sicht der Dinge erst einmal bei einer Vorladung darzulegen. Doch die Zeitstrafe wurde noch während des Grand Prix verhängt. An Verstappens Vermutung eines Zusammenhangs mit seiner ersten Aktion, dem Corner-Cutting, ist jedoch nichts dran.

Rennleiter Whiting: Strafe nicht, weil Wiederholungstäter

"Nein, das hatte damit nichts zu tun", stellt FIA-Rennleiter Charlie Whiting am Abend in Monza klar. "Bei dem Joker (Red Bull hatte Verstappen gefunkt, sein Joker sei verbraucht, Anm. d. Red.) ging es um das Cutten der Schikane. Da geht es nicht einmal darum, einen Platz zu gewinnen, sondern auch, ihn zu halten, was auch ein Vorteil ist. Wir haben den Teams gesagt, dass hier jeder einen Schuss frei hat. Es sei denn, er gewinnt gleich fünf Sekunden beim ersten Mal und behält diese einfach. Aber er ist hier ja nur vorne geblieben."

Beim ersten Versuch rettete sich Verstappen gegen Bottas durch Abkürzen, Foto: Sutton
Beim ersten Versuch rettete sich Verstappen gegen Bottas durch Abkürzen, Foto: Sutton

Valtteri Bottas unterdessen beurteilt die Szene wenig überraschend genau anders. "Ich wollte hart gegen ihn fahren. Erst wollte ich innen rein, da war ich vielleicht etwas weit weg. Aber er hat sich verbremst und die Schikane geschnitten, um vor mir zu bleiben. Beim zweiten Mal - ja er ist einer der aggressiveren Fahrer was Verteidigen und Attackieren angeht - , aber ich muss trotzdem hart fahren und erwarten, dass er fair fährt", schildert er seinen aufregendsten Moment des Rennens.

Bottas: Verstappen nicht fair, Strafe gerecht

"Aber er hat innen abgedeckt, ich außen gebremst und wir waren ziemlich Seite an Seite als er begann, einfach nach links zu driften. Die Regeln sind doch ganz einfach. Wenn du innen verteidigst, kostet es doch nichts, wenn du nach Außen einen Autobreite Platz lässt, sodass es für den, der außen ist, gerecht ist. Aber das hat er nicht. Und das war nicht fair und deshalb ist die Strafe gerecht", so Bottas. Damit lag er auf einer Linie mit den Stewards. Schaut man sich die Bilder an, durchaus nachvollziehbar, wenngleich nicht eindeutig. Es ging um Zentimeter.

Bottas fuhr das Rennen daraufhin augenscheinlich einfach hinter Verstappen zu Ende. Durch dessen Strafe sollte er das Podium ja ohnehin erben. Doch tatsächlich wollte er es noch genauso wissen, wie Verstappen. "Ich wollte ihn definitiv überholen. Das gibt dir einen kleinen Boost", sagt Bottas. "Aber am Ende kam dann Sebastian schnell von hinten, also sagte das Team, ich soll keine Risiken mehr eingehen, weil er sowieso die Strafe hat."

Für Bottas bedeutet Platz drei bei dem gleichzeitigen Sieg Hamiltons und nur vierten Rangs Vettels jedoch, dass sich bei Mercedes die Prioritäten nur noch mehr auf Hamilton konzentrieren. Bei Red Bull dagegen liegt Verstappen jetzt zwölf Punkte vor Daniel Ricciardo. Der erlitt in Runde 25 augenscheinlich - stark rauchendes Heck - einen Motorschaden. Tatsächlich soll es sich jedoch eher um einen Kupplungsdefekt handeln, wie Renault und Red Bull verlauten lassen.

Sorgen bereitete die Szene jedoch einmal mehr Verstappen: "Klar war es ein neuer Motor. Aber ich war deshalb schon nervös. Am Ende hatte ich aber mal keine Probleme."